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KIRCHE/2025: Flüchtlingsbeauftragter beendet viertägige Reise nach Sizilien (DBK)


Pressemitteilungen der Deutschen Bischofskonferenz vom 08.09.2017

"Flüchtlinge geraten nach der Erstaufnahme regelmäßig in prekäre Verhältnisse"

Flüchtlingsbeauftragter der Deutschen Bischofskonferenz beendet viertägige Reise nach Sizilien


Der Vorsitzende der Migrationskommission und Sonderbeauftragte für Flüchtlingsfragen der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Dr. Stefan Heße (Hamburg), hat am Freitag (8. September 2017) seine viertägige Reise nach Sizilien beendet. Im Mittelpunkt standen die Situation der Flüchtlinge an der EU-Außengrenze und die Arbeit kirchlicher Organisationen.

Erzbischof Heße hat mit seiner Delegation den Hotspot in Pozallo besucht - eines von vier Registrierungs- und Aufnahmezentren für Flüchtlinge in Sizilien. Dort ist er mit Vertretern des italienischen Staates und von EU-Organisationen - wie Europol und der EU-Grenzschutzagentur Frontex - zusammengetroffen, die in Kooperation für die Hotspots verantwortlich sind. Derzeit ist die Situation aufgrund der sinkenden Zahl ankommender Flüchtlinge seit Juli 2017 verhältnismäßig entspannt. In Gesprächen mit Kirchenvertretern und zivilgesellschaftlichen Organisationen wurde jedoch deutlich, dass die Frage der anschließenden Unterbringung und Versorgung weiterhin ungelöst ist. "Flüchtlinge geraten nach der Erstaufnahme regelmäßig in prekäre Verhältnisse, das betrifft die Unterbringung und vielfach auch die Arbeitsbedingungen bis hin zu regelrechter, auch sexueller Ausbeutung", betont Erzbischof Heße. Die italienische Caritas setzt sich mit unterschiedlichen Projekten - von der Rechtsberatung über medizinische Versorgung bis zur Unterbringung - für die Betroffenen ein.

Eine besondere Gruppe stellen die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge dar, der zwischen 15 und 20 Prozent der ankommenden Flüchtlinge angehören. Diese werden nicht über die verschiedenen Regionen Italiens verteilt, sondern sollen in der Nähe ihrer Ankunftsorte verbleiben. Bei einem Besuch einer Aufnahmeeinrichtung für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge der Salesianer Don Boscos in San Gregorio hat sich Erzbischof Heße beeindruckt von dem Engagement der Ordensmänner, Erzieher und Psychologen gezeigt: "Hier wird Großartiges geleistet, ich bin aber auch berührt vom Lebensmut der jungen Flüchtlinge, mit denen ich gesprochen habe. Trotz ihrer schlimmen Erfahrungen und Traumata suchen sie einen neuen Weg in die Zukunft. Dabei darf man nicht vergessen, dass die hohe Jugendarbeitslosigkeit in Süditalien ein großes Hindernis für die berufliche Integration junger Flüchtlinge ist", so Erzbischof Heße.

Die Krise der privaten Seenotrettung war Thema intensiver Gespräche mit dem Vertreter der Europäischen Kommission und EU-Agenturen, mit dem bischöflichen Verantwortlichen für die italienische Caritas, Kardinal Francesco Montenegro (Agrigent), dem Präsidenten der Sizilianischen Bischofskonferenz, Erzbischof Salvatore Gristina (Catania), und weiteren sizilianischen Bischöfen sowie der Seenotrettungsinitiative MOAS (Migrant Offshore Aid Station). Mehrere Rettungsinitiativen haben in jüngster Zeit ihre Aktivitäten ausgesetzt, da sie angesichts verstärkter Zusammenarbeit zwischen Italien bzw. der EU mit Libyen ihre Handlungsmöglichkeiten für erheblich und unzulässig eingeschränkt halten. "Libyen ist ein Land ohne funktionierende staatliche Strukturen. Es gibt zahllose Berichte über schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen - gerade gegenüber Flüchtlingen. Milizen sollen sowohl in das Schlepperwesen als auch in die Abwehr von Flüchtlingen verwickelt sein. In seiner derzeitigen Verfassung ist Libyen deshalb kein Partner für die EU-Flüchtlingspolitik", erklärt Erzbischof Heße.

Zum Abschluss seiner Reise mahnt Erzbischof Heße auch eine verstärkte Solidarität der europäischen Staaten an. "Die Länder an der EU-Außengrenze haben große ökonomische Probleme, sie müssen deshalb bei der Aufnahme von Flüchtlingen dringend entlastet werden. Wir brauchen hier mehr Fairness: Fairness zwischen den europäischen Staaten. Und vor allem: Fairness gegenüber den Flüchtlingen. Dafür sollte auch die Kirche in Europa ihre gemeinsame Stimme erheben."

Alle Informationen zur Reise sind unter www.fluechtlingshilfe-katholische-kirche.de unter "Reise nach Sizilien" verfügbar.

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Quelle:
Pressemitteilung Nr. 143 vom 8. September 2017
Herausgeber: P. Dr. Hans Langendörfer SJ,
Sekretär der Deutschen Bischofskonferenz
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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. September 2017

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