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KIRCHE/877: Auftakt zur Frühjahrsvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz (DBK)


Pressemitteilungen der Deutschen Bischofskonferenz vom 22.02.2010

Auftakt zur Frühjahrsvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz

Pressestatement von Erzbischof Dr. Robert Zollitsch
Montag, 22. Februar 2010, 15.00 Uhr


I. Aktuelle Fragen außerhalb der Tagesordnung

1. Internetauftritt dbk.de

• Wir sind heute alle auf fundierte Informationen angewiesen - ganz besonders Sie, die Sie in den unterschiedlichen Bereichen der Medien und damit der Informationsweitergabe tätig sind. Damit Sie auch von unserer Seite immer gut informiert sind, freue ich mich, dass ab heute der völlig überarbeitete Internetauftritt der Deutschen Bischofskonferenz online ist. Schauen Sie einmal unter www.dbk.de in die virtuelle Welt. Ich glaube, wir sind hier auf einem guten Weg.



2. Hartz-IV-Revision (BVerfG-Urteil)

• Das jüngste Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu Hartz-IV-Leistungen begrüße ich außerordentlich. Es ist ein wichtiger Schritt für ein menschenwürdiges Existenzminimum. Wir begrüßen mit Blick auf die Kinderregelleistungen vor allem, dass das Bundesverfassungsgericht eine Berücksichtigung des spezifischen Bedarfs eines Kindes je nach Alter in der Berechnung der Kinderregelsätze fordert. Ein bedarfsgerechtes Existenzminimum ist letztlich eine Nagelprobe des Sozialstaats. Ich mahne hier eine sachliche Debatte an - Polemik ist fehl am Platz.



3. Debatte um den Kurs der CDU

• In den vergangenen Wochen hat es viele Debatten um das "C" in der CDU gegeben. Ich habe in meinen Gesprächen mit der Frau Bundeskanzlerin dazu ermutigt, vor allem das christliche Wertefundament im Blick zu halten und zu stärken. Die fundamentalen Wertvorstellungen sind eine der wesentlichen Größen, die Wähler an diese Partei binden. Bei schwierigen Fragen - gerade im Bereich des Schutzes menschlichen Lebens - werden wir uns hörbar in die Debatte einschalten. Immer wieder bin ich gefragt worden, ob es einen "Arbeitskreis engagierter Katholiken in der Union" geben müsse. Ich nehme bei vielen Unionsmitgliedern und -wählern ein Bedürfnis dafür wahr. Allerdings ist das eine interne Angelegenheit der Partei (so ja auch jüngst der CSU, die einen eigenen Arbeitskreis für Katholiken gründen will). Der Bischofskonferenz ist es wichtig, in der ganzen Breite der Partei Katholiken zu wissen, die aus christlicher Verantwortung handeln.



II. Inhaltliche Schwerpunkte der Tagesordnung der
Frühjahrsvollversammlung

1. Sexueller Missbrauch Minderjähriger

• Über die bekannt gewordenen Missbrauchsfälle bin ich zutiefst erschüttert. Sofort nach Bekanntwerden haben wir darauf reagiert.

• In aller Deutlichkeit unterstreiche ich: Sexueller Missbrauch an Minderjährigen ist immer ein abscheuliches Verbrechen. Ich mache mir diese Formulierung von Papst Benedikt aus tiefer Überzeugung zu eigen und entschuldige mich bei allen, die Opfer eines solchen Verbrechens wurden. Im Raum der Kirche wiegt der Missbrauch besonders schwer, weil es ein besonderes Vertrauen von Kindern und Jugendlichen in den Priester gibt. Es darf keinen Missbrauch geben - schon gar nicht im Raum der Kirche.

• Wir haben vor acht Jahren einen guten und entscheidenden Schritt nach vorne getan und Leitlinien zum Vorgehen bei sexuellem Missbrauch Minderjähriger geschaffen. Wo immer nämlich ein Verdacht vorliegt, muss es eine lückenlose und absolut transparente Aufklärung geben. Ich begrüße, dass sich der Jesuitenorden seiner Verantwortung stellt und Konsequenzen aus den Verfehlungen einiger Patres zieht. Wir deutschen Bischöfe drängen darauf, dass die früheren und teils lange zurückliegenden wie natürlich alle neueren Fälle sexuellen Missbrauchs an Minderjährigen aufgeklärt werden. Wir halten die Leitlinien von 2002 für unverändert wichtig. Sie stellen die Grundlage unseres Handelns dar. Diese Leitlinien bringen vor allem - und das ist wichtig - die Sorge um die Opfer zur Geltung.

• Die Leitlinien haben sich bewährt. Sie weisen uns selbst den Weg, wie wir Mitverantwortung übernehmen können. Dabei wünschen wir, dass die staatlichen Behörden so schnell wie möglich eingeschaltet werden und die Staatsanwaltschaften alle möglichen Einblick erhalten. Ich betone das, weil es hierzu Falschmeldungen gab.

• Wir werden die Leitlinien überprüfen und über mögliche Änderungen sprechen.

• Wir werden auch über Fragen der Prävention sprechen. Unsere künftigen Priester müssen menschlich und damit auch in sexueller Hinsicht über die Eignung und nötige Reife für ihr Amt verfügen. Dasselbe gilt für alle pastoralen und pädagogischen Mitarbeiter. Außerdem wollen wir uns darüber unterhalten, wie wir in dieser schwierigen Lage den katholischen Schulen zur Wahrung des Ansehens verhelfen können.

• Wir brauchen in unserer Gesellschaft - und das gilt für uns selbst ganz besonders - eine Kultur des aufmerksamen Hinschauens. Wir müssen wachsam sein, für das, was im Verborgenen passiert. Und wir müssen den Mut haben, Unrecht sofort beim Namen zu nennen, da wo es passiert.

• Ich gehe davon aus, dass die Bischofskonferenz zu diesem Thema am Donnerstag eine Erklärung abgibt, über die ich Sie dann in der Abschlusspressekonferenz informiere.

• Mir ist das Thema so wichtig, dass ich unseren Papst Benedikt XVI. bei meinem Besuch im März von mir aus darauf ansprechen werde.


2. Studientag "Die alternde Gesellschaft als Herausforderung für die Kirche"

• Am Mittwoch beschäftigen wir uns mit Hilfe einiger Experten mit Fragen der demographischen Entwicklung. Sie hat erhebliche Auswirkungen auf unsere Gesellschaft und damit auch auf die Kirche. Wir wollen die Herausforderungen für die Sendung der Kirche besser verstehen, besonders auch im Bereich der Caritas und vor allem im Bereich der Pflege. Wir wollen uns über den spezifischen Beitrag der Kirche in dieser Situation vergewissern. Freiburg ist der Ort der Caritas. Deshalb wird ein Schwerpunkt des Studientages die Herausforderung für die Caritas in der alternden Gesellschaft sein.


3. Empfehlungen des Wissenschaftsrats zur Weiterentwicklung der Theologien

• Die jüngsten Empfehlungen des Wissenschaftsrats vom 29. Januar 2010 müssen wir ausführlich besprechen. Wir sehen viele gute Aspekte in den Empfehlungen, beispielsweise dass der Wissenschaftsrat die Theologie unverändert bejaht und eindeutig an den Hochschulen verortet. Positiv ist auch die Forderung des Rates nach einer Stärkung der theologischen Forschung insbesondere durch Beteiligung an fakultätsübergreifenden interdisziplinären Projekten. Der Empfehlung des Rates, dass sich die Kirche aus Habilitationsverfahren zurückziehen soll, können wir kaum folgen und werden das Problem besprechen.

• Wir begrüßen, dass die Theologien in ihrer konfessionellen Ausprägung der Religionsgemeinschaft gestärkt werden. Demnach ist der Islam als Studienfach an den Hochschulen zu begrüßen. Es müssen dabei aber die üblichen Standards eingehalten werden, die für die Theologie an den Hochschulen gelten, d.h. bei der Einführung neuer Studiengänge ist das Akkreditierungsverfahren ebenso einzuhalten wie bei der Ausbildung von Professoren. Die bewährte Kooperation zwischen Staat und Religionsgemeinschaft bietet weiterhin gültige Verfahrensmuster.


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Quelle:
Pressemitteilung Nr. 026 vom 22. Februar 2010
Herausgeber: P. Dr. Hans Langendörfer SJ,
Sekretär der Deutschen Bischofskonferenz
Deutsche Bischofskonferenz
Kaiserstraße 161, 53113 Bonn
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Internet: www.dbk.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Februar 2010