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LATEINAMERIKA/045: Ergebnisse des Bischofstreffens (Herder Korrespondenz)


Herder Korrespondenz
Monatshefte für Gesellschaft und Religion 7/2007

In die Offensive
Verlauf und Ergebnisse des lateinamerikanischen Bischofstreffens

Von Hans Czarkowski


Vom 13. bis zum 31. Mai fand im brasilianischen Wallfahrtsort Aparecida die fünfte Generalkonferenz der Bischöfe Lateinamerikas und der Karibik statt. Diese Versammlungen sind einmalig in der Weltkirche. In Aparecida beschlossen die Bischöfe, auf die massiven Veränderungen in Lateinamerika mit einer großangelegten missionarischen Offensive zur reagieren.


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Entspannt äußerte sich Kardinal Geraldo Majella Agnelo, einer der drei Präsidenten der V. Konferenz, im brasilianischen Fernsehen kurz nach dem Gespräch mit Benedikt XVI. am 11. Juni 2007 im Vatikan. Der Papst sei von Brasilien und Aparecida positiv beeindruckt gewesen. Die drei Präsidenten der V. Konferenz, die Kardinäle Francisco Javier Errázuriz Ossa, Erzbischof von Santiago de Chile und Präsident des Lateinamerikanischen Bischofsrats (CELAM), Giovanni Battista Re, Präfekt der Kongregation für die Bischöfe und Präsident der Päpstlichen Kommission für Lateinamerika (CAL), sowie Kardinal Agnelo, Erzbischof von Salvador de Bahia und Primas von Brasilien, hatten, wie langfristig vereinbart, das "Dokument von Aparecida" ("documento conclusivo") gemeinsam dem Papst in einer Privataudienz übergeben.

Während damit in Rom die Approbation des Textes offiziell in Gang gekommen ist, bereitet sich der Lateinamerikanische Bischofsrat auf seine nächste ordentliche Versammlung vor, die vom 10. bis 13. Juli 2007 in Kuba stattfinden wird. Außer den Neuwahlen für die Führungsspitze und die Kommissionen des CELAM ist wesentliches Ziel dieser Konferenz, die Umsetzung der Ergebnisse von Aparecida in Gang zu bringen, vor allem die von der Konferenz vorgesehene große missionarische Initiative in Lateinamerika und in der Karibik.


Diskussionen "ohne Zwangsjacke"

Die in Aparecida vom 13. bis 31. Mai versammelten 162 Kardinäle, Erzbischöfe und Bischöfe und die insgesamt 104 eingeladenen Repräsentanten, Experten und Beobachter erzielten in der ersten Phase der Versammlung nach der Eröffnung durch Benedikt XVI. bald einen klaren Konsens in der Zeitdiagnose. In den 15 Jahren seit der IV. Generalkonferenz im Oktober 1992 in Santo Domingo in der Dominikanischen Republik hat sich in Lateinamerika und in der Karibik nicht nur ein epochaler Wandel ereignet, die Kirche ist im Kontext der globalen Veränderungen der Menschheit und auf der Erde "in eine neue Epoche eingetaucht" (vgl. Mensaje a los Pueblos de América Latina y el Caribe, Nr. 1).

Von vornherein bezogen sich die Teilnehmer und Teilnehmerinnen in Aparecida auf das mehrjährig vorbereitete Thema "Jünger und Missionare Jesu Christi. Damit unsere Völker in ihm das Leben haben. Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben"' (vgl. Joh 14,6). Das galt nicht nur als theologischer Leitsatz, sondern stellte existenziell den Bezug zur Person Jesus Christus heraus. So war es bereits in der "Sintesis", dem Arbeitsdokument, deutlich geworden. Dieses war die Zusammenfassung der Reaktionen aus Gruppen, kleinen Gemeinschaften, Pfarreien, Bistümern und den 22 Bischofskonferenzen des Kontinents. Die "Sintesis" war Anfang des Jahres 2007 vom CELAM in Bogotá zusammengestellt worden und hatte wieder die Methode des "Ver" (Sehen), "Juzgar" (Urteilen)", Actuar" (Handeln) verwandt.

Daher gingen in Aparecida Analyse der Lage, spiritueller Erfahrungsaustausch, existenzielle Reflexion des Glaubens sowie induktive und biblisch-theologische Argumentation eine Verbindung ein. Diese ist kennzeichnend für einen lateinamerikanischen, pastoral ausgerichteten Arbeitsprozess, wie er mehr oder weniger komplex und unterschiedlich in Basisgemeinden, geistlichen Gemeinschaften, bei diözesanen Synoden, in den Bischofskonferenzen und selbst in den Gremien des CELAM eingesetzt wird. Er artikuliert sich in den genannten drei Schritten "Ver", "juzgar" und "Actuar", die allerdings nicht exklusiv in Lateinamerika gegangen werden, aber dort ein bewährtes Profil gewonnen haben.

Es war für den Ablauf der V. Konferenz maßgebend, dass dieser Dreischritt in Anknüpfung an die II. Konferenz 1968 in Medellin (Kolumbien) sowie an die III. Konferenz 1979 in Puebla (Mexiko) bereits in der "Sintesis", im Unterschied zum ersten Arbeitspapier für Aparecida ("Documento de Participación") und auch zur IV. Konferenz in Santo Domingo (1992) wieder aufgegriffen wurde.

Benedikt XVI. hatte in seiner Predigt zum Auftakt der Konferenz am Sonntagvormittag vor der Basilika von Aparecida zu dieser an der Erfahrung orientierten Vorgehensweise indirekt durchaus ermutigt, als er für die Methodik der Entscheidungsfindung in der Kirche auf das Apostelkonzil verwies und aufzeigte, wie der Heilige Geist in den Beratungen der Verantwortlichen der Kirche wirksam wird.

In der ersten Pressekonferenz am 14. Mai unterstrich der Anfang Mai 2007 in Itaaicí neu gewählte Vorsitzende der Brasilianischen Bischofskonferenz (CNBB) Geraldo Lyrio Rocha, zugleich stellvertretender Präsident des CELAM, dass es in Aparecida keine "camisa de força", das heißt keine Zwangsjacke geben werde. Anschließend beschrieb Kardinal Errázuriz den Horizont "einer freien Konferenz". Diese Erwartung wurde während des Konferenzverlaufs mehrfach bestätigt, unter anderem von Raymundo Damasceno Assis, dem Erzbischof von Aparecida, und auch von Erwin Kräutler, Bischof in der Amazonasregion von Xingú. In der Tat hätten sich die Repräsentanten aus Rom zurückgehalten.

Bereits Benedikt XVI. hatte sich in seiner programmatischen Rede zur Eröffnung auf die Lage der Kirche in Lateinamerika bezogen und insbesondere auf die erforderliche "harmonische Entwicklung der Gesellschaft und die katholische Identität seiner Völker" verwiesen, aber auch auf die innerkirchliche Lage im Kontext eines gewaltigen moralischen und kulturellen Umbruches. Beides verknüpft sich für die katholische Kirche Lateinamerikas durch die religiöse Mobilität.

Dagegen hatte der Papst mit seiner durchaus positiven Wertung der Geschichte der Evangelisierung in Lateinamerika (vgl. ds. Heft 357ff) eine intensive Diskussion in der lateinamerikanischen und europäischen Öffentlichkeit ausgelöst, so dass die Frage der historischen Schuld gegenüber den Indigenas und Afroamerikanern in Lateinamerika erneut, wie im Umkreis der IV. Konferenz in Santo Domingo, diskutiert wurde und Forderungen nach einem Schuldbekenntnis und nach einer Entschuldigung von kirchlicher Seite erhoben wurden.

Eine gewisse Klärung der Debatte brachten die Aussagen von Benedikt XVI. am 23. Mai bei seiner Mittwochskatechese in der Generalaudienz im Vatikan. Er verwies auf den "Dialog mit den reichen Traditionen der präkolumbianischen Kulturen", markierte, dass "Schatten" die Evangelisierung des Kontinents begleitet hätten, und identifizierte sich mit der Verurteilung der Verbrechen an den Indigenas in Lateinamerika durch Bartolomé de las Casas und durch Theologen wie Francesco da Vitoria von der Universität von Salamanca. Der Papst betonte zudem, dass in Lateinamerika eine "dynamische Synthese" stattgefunden habe, die sich in einer "gemeinsamen Identität der Völker Lateinamerikas" ausdrücke.


Aufmerksamkeit für die Indigenas und Afroamerikaner

Die Lage der Indigenas und der Afroamerikaner, mehrfach "Nachfahren der Afrikaner ("Afrodescendientes") genannt, wurde in den Situationsanalysen der 22 Vorsitzenden der lateinamerikanischen Bischofskonferenzen ebenso berücksichtigt wie die soziale, kulturelle und religiöse Lage der Bevölkerung des Kontinents insgesamt. In den Blick kamen damit für die Teilnehmer und Teilnehmerinnen der V. Konferenz auch die weiteren neuen Protagonisten in den lateinamerikanischen zivilgesellschaftlichen Gruppen, wie zum Beispiel aus den Reihen der Frauen, der Berufstätigen mit Hochschulausbildung, aus einer wachsenden Mittelschicht und aus den an den Rand gedrängten Gruppen, die alle aktiv auf eine stärkere politische Beteiligung zugehen und sich offenbar auch in der Kirche merkbarer artikulieren.

In seinem Bericht vor der Konferenz verwies der Vorsitzende der Brasilianischen Bischofskonferenz auf die Erwartungen und Hoffnungen der katholischen Kirche in Brasilien. Die Menschen in Brasilien seien durch das Zweite Vatikanische Konzil und durch die Konferenz von Medellin für die schmerzhafte Wirklichkeit der Armen sensibilisiert worden. Auch Puebla habe diese Sorge aufgegriffen. Inzwischen stelle sich die Aufgabe der menschlichen Entwicklung in einem größeren Zusammenhang dar und verlange vor allem nach einem Prozess der Demokratisierung, der von der Kirche stark gefördert wurde.

Die CNBB habe sich daher zu den Fragen der Menschenrechte, der Ökologie, der Landreform, zu den Bereichen Arbeit und menschliche Mobilität geäußert, damit eine gerechtere, geschwisterliche und solidarische Gesellschaft aufgebaut werden könne. Entsprechend sei auch eine Erneuerung der Kirche selbst in Gang gekommen. Gegenwärtig unterliege Brasilien, wie auch andere Länder Lateinamerikas einem beschleunigten Wandel, vor allem verlören traditionelle ethische und religiöse Werte an Gewicht und eine von den Medien verbreitete hedonistische und individualistische Mentalität führe zu einer ethischen Krise.

Die größten Herausforderungen stellten sich für Brasilien derzeit im Kontext der Globalisierung, in der Amazonasregion und für den Bereich der Familie. Notwendig sei daher gerade für Brasilien die Ausbildung von Laien, die in der Gesellschaft aktiv mitwirken, und die dringende Notwendigkeit, sich der urbanen Welt als pastoraler Priorität zu stellen.

Unter den weiteren Berichten wurde die Stellungnahme des Vorsitzenden der Argentinischen Bischofskonferenz mit großer Aufmerksamkeit wahrgenommen. Kardinal Jorge Mario Bergoglio gab für Argentinien eine programmatische Stellungnahme ab. Der epochale Wandel sei in Argentinien und ganz Lateinamerika weitreichend: "Wir lassen eine Epoche hinter uns und beginnen eine neue Epoche in der Geschichte der Menschheit". Dieser Wandel sei in den beschleunigten und kumulierten wissenschaftlichen und technischen Veränderungen begründet. Diese Vorgänge, beispielsweise im Bereich der Informatik, hätten erst die wirtschaftliche und politische Globalisierung ermöglicht. Das habe auch dazu geführt, "dass der Mächtige den Schwachen verschlingt" und die Masse der Bevölkerung sich ausgeschlossen und an den Rand gedrängt sehe: Die Ausgeschlossenen würden nicht "ausgebeutet", sie blieben einfach "übrig".

Religiös führe dieser Wandel auch zu einem Umbruch der Überzeugungen in der Kirche, so Kardinal Bergoglio. Doch das Ergebnis ist für ihn ambivalent. Auf der einen Seite finden sich tief verwurzelte Werte und wächst Solidarität, auf der anderen Seite zeigen sich Schwächen, wie Alkoholismus, Machismo, Aberglauben und Fatalismus bis zu Zauberkulten.

Der Kardinal forderte die Überwindung einer nur überkommenen kirchlichen Tradition und die Förderung einer aktiven christlichen Gläubigkeit. Auch dürfe Liturgie nicht überzogen intellektuell sein, und die Kirche müsse ihre bürokratischen Verhaltensweisen ändern. Er verwies eindringlich auf die verbreitete Volksfrömmigkeit in Argentinien, die Ausdruck kirchlichen Lebens und Anknüpfungspunkt für die Pastoral sei.


Weitgehende Übereinstimmung in der Gegenwartsanalyse

In der Grundtendenz gingen die Voten der Bischöfe aus den verschiedenen Ländern in ähnliche Richtungen. Hinzu kamen aber neue Bedrängnisse der Kirche im jeweiligen politischen Kontext, wie sie vor allem in Venezuela durch den politischen Populismus von Präsident Hugo Chávez wirksam werden. Besondere Akzente ergaben sich aus dem Bericht der kolumbianischen Bischofskonferenz zum Thema Gewalt und den Berichten aus Bolivien, Ecuador und Guatemala zur Indigenafrage. Die Stellungnahme von Benedikt XVI. vom 23. Mai erwies sich in der zweiten Woche der Konferenz als hilfreich, zumal der Papst die Frage der Schuldanerkennung bejahend beantwortete. Das hat die Konferenz spürbar ermutigt, die Probleme der Indigenas und Afroamerikaner voll in das Schlussdokument und in die "Mensaje de Aparecida" zu integrieren.

Durch die weitere Arbeitsweise der Konferenz wurde garantiert, dass die Positionen der insgesamt 266 Teilnehmer berücksichtigt werden konnten. Es gehörte sicher zur speziellen Dynamik der V. Konferenz, dass die Phasen des "Ver" sich immer wieder überlagerten mit den Schritten des "Juzgar" und "Actuar". Es war also kein Verfahren mit klar getrennten methodischen Phasen, sondern diese kamen als Perspektiven immer wieder zum Tragen, was sich dann später in den Ergebnissen in zahlreichen, leicht variierten Wiederholungen von Aussagen niederschlug.


Auf dem Weg zum Schlussdokument

Nachdem die Konferenz entschieden hatte, ein Dokument zu verabschieden, bestimmte dieser Beschluss alle weiteren Arbeitsschritte: Es wurden zunächst sieben thematische Kommissionen mit insgesamt 16 Unterkommissionen gebildet, die dann ihre Beiträge in das grobe thematische Schema einordneten. Joao Orani Tempesta, Erzbischof von Belém de Pará, (Brasilien) und Pressesprecher der V. Konferenz, veranlasste, dass die von den sieben Kommissionen und ihren Unterkommissionen erarbeiten Texte am Mittwoch, dem 23. Mai, von der Redaktionskommission in der Nacht in den ersten Rohentwurf des Schlussdokumentes eingearbeitet wurden.

Die sieben thematischen Kommissionen waren den beschlossenen sieben thematischen Einheiten des Textes zugeordnet, wie Bischof Tempesta in einer Pressekonferenz informierte. Die Kommissionen erörterten die folgenden inhaltlichen Bereiche: Das Heute von Lateinamerika und der Karibik; Die Freude, Jünger und Missionar Jesu Christi zu sein; Unsere Berufung als Jünger und Missionare Jesu Christi; Die Gemeinschaft der Jünger und Missionare von Jesus Christus; Der Weg der missionarischen Jünger; Die Sendung der missionarischen Jünger; Die pastorale Umsetzung und verschiedene Felder der Pastoral.

Jede dieser sieben Kommissionen bildete zwei bis drei Unterkommissionen, die den festgelegten Unterthemen entsprachen. Grundlage der Arbeit waren die eigenen eingebrachten Voten, ergänzt durch zusätzliche Quellen, wie Lehraussagen der Kirche und Beiträge der Bischofskonferenzen, wie sie in die "Sintesis" integriert worden waren, sowie weiteres Material.

Nach der "reia" (Portugiesisch "relha") genannten Methodik, also einem "Rechen" vergleichbar, wurden die Beiträge auch aus anderen Kommissionen in die entsprechenden thematischen Abschnitte quer verglichen und dann redaktionell zusammengefasst. Danach wurden die so angereicherten Texte noch einmal von der jeweiligen thematischen Kommission gesichtet und geprüft.

Um die thematischen Kommissionen zu bilden, konnten Bischöfe, Berater, Experten und Beobachter sich in Listen eintragen, die dann auch, zumindest in ihrer Gesamtzusammensetzung, zur Kenntnisnahme im Pressesaal den Journalisten auf ihr Drängen hin zugänglich gemacht wurden, nicht jedoch in der detaillierten thematischen Zuordnung zu den Unterkommissionen. Bekannt wurde, und es wird hier exemplarisch erwähnt, dass der ersten Kommission, die sich mit der politischen und kirchlichen Lage Lateinamerikas befasste, unter anderem Kardinal Oscar Andrés Rodriguez Maradiaga aus Honduras, Bischof Alvaro Leonel Ramazzini Imeri aus San Marcos (Guatemala), Bischof Felipe Arizmendi aus Tuxtla Gutierrez (Mexiko), Bischof Erwin Kräutler aus Xingú (Brasilien) und Bischof Geraldo Lyrio Rocha aus Mariana (Brasilien) angehörten.

Vertreten waren auch die deutschen Hilfswerke durch Josef Sayer (Misereor) sowie Bernd Klaschka (Adveniat). Dazu kam als Experte aus Kolumbien Guillermo León Escobar Herrán. Diese und die weiteren sechs Kommissionen mit jeweils zwischen 26 bis 45 Mitgliedern, darunter insgesamt 20 Frauen, die sich in verschiedenen Kommissionen eingetragen hatten, erarbeiteten die Vorlagen für einen "primer borrador", einen ersten Entwurf für das Schlussdokument, und zogen dabei die Ansprache Benedikts XVI. zu Eröffnung der Konferenz, die "Sintesis" und die Voten der Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Konferenz sowie weiteres Material heran.

In verschiedenen Abstimmungsschritten wurden zwei weitere Versionen des Schlussdokumentes erarbeitet. Die am 31. Mai 2007 in Aparecida nahezu einstimmig verabschiedete Fassung war die vierte. Diese wurde dann am 11. Juni vom Präsidium der V. Konferenz Benedikt XVI. zur Prüfung und Verabschiedung übergeben. Es wird hochinteressant sein, wie die endgültig in Rom promulgierte Version mit den Vorgaben von Aparecida im Detail übereinstimmt.

Übergreifend gab es die Redaktionskommission und die Publizistische Kommission. Darin waren aber nur Mitglieder der V. Konferenz vertreten. Sie trugen Sorge für die inhaltliche Koordinierung der redaktionellen Arbeit der Gesamtkonferenz. Der Redaktionskommission gehörten an: Kardinal Jorge Mario Bergoglio, Präsident dieser Kommission, Kardinal Oscar Rodriguez Maradiaga, Kardinal Claudio Hummes, Präfekt der Kongregation für den Klerus, zuvor Erzbischof von Sao Paulo, sowie sechs weitere Bischöfe aus verschiedenen Regionen Lateinamerikas.

Die Publizistische Kommission besorgte die Kommunikation zwischen der V. Generalversammlung, den akkreditierten Journalistinnen und Journalisten und der Veröffentlichung des Pressematerials. Sie wurde von Kardinal Julí Terrazas Sandoval, Präsident dieser Kommission und Erzbischof von Santa Cruz de la Sierra, Bolivien, geleitet. Dazu kamen vier weitere Bischöfe.

Es gab täglich zwei Pressekonferenzen, in denen Mitglieder und Experten der V. Konferenz sich den Medien stellten. Sie gaben interessante Einblicke in den Verlauf der Beratungen und Kommentare zu aktuellen Themen, die für die V. Konferenz als relevant erachtet wurden. Regelmäßig waren zwischen 30 bis rund 100 brasilianische und ausländische Journalisten bei den Pressekonferenzen anwesend, darunter sechs bis zehn aus Deutschland und der Schweiz; andere holten sich tagsüber Informationen ab. Fast 8000 Abonnenten erhielten das Bulletin der V. Konferenz, und täglich wurden im Schnitt 99.884 Informationsabrufe über das Internet (www.celam.org) registriert. Elektronisch akkreditiert waren weltweit 1291 Journalistinnen und Journalisten.

Das am 31. Mai von den Mitgliedern, das heißt den Kardinälen, Erzbischöfen und Bischöfen, nahezu einstimmig beschlossene Schlussdokument war die vierte Fassung mit dem Titel "V. Conferencia General del Episcopado Latinoamericano - Documento Conclusivo". Es wurde nicht veröffentlicht, sondern nur den Teilnehmerinnen und Teilnehmern in einer "nicht offiziellen Version" von 118 Seiten in spanischer Sprache vertraulich übergeben.


Eine Botschaft an die Völker Lateinamerikas

Veröffentlicht wurden am 31. Mai 2007 vor Ort in Aparecida zwei Texte: Ein "Resumen del Documento Final", die Zusammenfassung des Schlussdokuments, und die "Mensaje a los Pueblos de América Latina y del Caribe", die Botschaft an die Völker Lateinamerikas und der Karibik.

Im sehr allgemein gehaltenen Resümee - es kann der von Rom zu verabschiedenden Endfassung nicht vorgreifen - werden die drei Hauptkapitel des Schlussdokumentes beschrieben, insgesamt werden die spirituellen und existenziellen Inhalte hervorgehoben. Der erste Teil trägt die Überschrift "Das Leben unserer Völker" und verweist auf den Wandel in Lateinamerika, der eine besondere Herausforderung an die Evangelisierung darstelle. Der Text nennt Globalisierung und strukturelle Ungerechtigkeit als umfassende ethische und gesellschaftliche Problematik. Der zweite Teil trägt die Überschrift "Das Leben von Jesus Christus in missionarischen Jüngern" und erschließt, wie ein tiefgreifender Christusbezug zu missionarischem Handeln befähigt.

Der dritte Teil beschreibt schließlich den Horizont "Das Leben von Jesus Christus für unsere Völker" und fordert, dass die Kirche sich in eine missionarische Gemeinschaft verwandeln müsste. Daher sei ein umfassender pastoraler Umbau der Kirche - "Conversión" - erforderlich. Betont wird die Rolle der kirchlichen Gemeinschaften. Es soll ein kontinentaler missionarischer Prozess für Lateinamerika und die Karibik ins Leben gerufen werden: "Im Reich Gottes und in der Förderung der menschlichen Würde bestätige sich die bevorzugte Option für die Armen." (vgl. ds. Heft, 325ff.) Dabei wird einerseits auf Medellin verwiesen, aber auch auf die Tatsache, "dass in Christus Gott Mensch wurde, um uns mit seiner Armut zu bereichern und dass wir so neuer Gesichter der Armut ansichtig würden" (vgl 2 Kor 80,9 und die Eröffnungsansprache von Benedikt XVI. zur V. Konferenz mit ihrer christologischen Begründung der Option für die Armen).

Die "Botschaft an die Völker Lateinamerikas und der Karibik" wurde in der Schlusssitzung der Konferenz am 31. Mai morgens in der Aula von Kardinal Julio Terrazas als einmütiger Beschluss der V. Konferenz verlesen. Sie ruft in einer appellativen Sprache zum missionarischen Zeugnis für Jesus Christus auf und fordert, dass die Gläubigen ihre Stimme in den sozialen Räumen erheben, insbesondere für die aus der Gesellschaft Ausgeschlossenen. Die Botschaft verlangt einen Einsatz für die Ausbildung christlicher Politiker und Gesetzgeber, sie sollten sich für den Aufbau einer gerechten Gesellschaft nach den Prinzipien der christlichen Soziallehre einsetzen.

Die Botschaft gibt den Beschluss bekannt, dass die katholische Kirche Lateinamerikas und der Karibik eine "große kontinentale Mission" in Gang bringen wird. Die Bischöfe vertrauen schließlich der "Mutter Gottes und der Menschen", die angerufen wird unter "Nossa Senhora de Aparecida" und "Nuestra Señora de Guadalupe", diesen Neuaufbruch der Kirche an. Er soll von der V. Konferenz in Aparecida ausgehen.


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Hans Czarkowski (geb. 1941), Dr. phil., nach Tätigkeit bei Missio und im Generalsekretariat des ZdK von 1987 bis 2003 Leiter der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit und Pressesprecher von Adveniat; seit 2003 freiberuflich als Journalist in Lateinamerika tätig.


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Quelle:
Herder Korrespondenz - Monatshefte für Gesellschaft und Religion,
61. Jahrgang, Heft 7, Juli 2007, S. 343-348
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veröffentlicht im Schattenblick zum 30. August 2007