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STANDPUNKT/087: Der Spanier Fernando Ocáriz Braña ist neuer Opus Dei-Chef (Gerhard Feldbauer)


Der Spanier Fernando Ocáriz Braña ist neuer Opus Dei-Chef

Unter ihm soll Papst Franziskus jetzt unterstützt werden

von Gerhard Feldbauer, 27. Januar 2017


Ein Wahlkongress des Opus Dei (Werk Gottes) hat am Montag den spanischen Geistlichen Fernando Ocáriz Braña zum neuen Leiter der Katholischen Gemeinschaft, die sich als Personalprälatur bezeichnet und kein Orden sein will, gewählt. Nach dem Tod von Javier Echevarria am 12. Dezember war der 72jährige Prälat mit der kommissarischen Leitung beauftragt worden. Ocáriz ist der dritte Nachfolger des 1928 von Josemaría Escrivá de Balaguer gegründeten Gotteswerkes, das dieser bis zu seinem Tod 1975 führte. Mit Ocáriz kommt wieder ein Leiter aus Spanien, das - seit mehrere seiner Mitglieder in der Regierung Francos an der blutigen Niederschlagung der Volksfront-Regierung 1936-39 teilnahmen - als eine Hochburg der klerikal-faschistischen Organisation gilt.

Der 1944 in Paris in einer spanischen Familie geborene Ocáriz wuchs in Madrid auf, studierte in Barcelona Physik und in Rom Theologie. 1971 promovierte er an der Opus-Dei-Universität von Pamplona in Navarra. Er gehörte zu den Mitbegründern der Päpstlichen Universität vom Heiligen Kreuz in Rom, an der er Fundamentaltheologie und Dogmatik lehrte. 1986 berief der deutsche Kardinal Josef Ratzinger, der spätere Papst Benedikt XVI., den Gotteswerker als Berater in die von ihm geleitete Glaubenskongregation. In dieser obersten Instanz neuzeitlicher Großinquisition wirkte Ocáriz an der Verurteilung, Amtsenthebung oder Maßregelung von 150 Theologen mit, die sich dem rechtsradikalen Kurs der Kurie, ihrem Vorgehen gegen die Befreiungstheologie, dem Zölibat und anderen Auswüchsen klerikaler Moral und Ethik widersetzten.

Der Spanier übernimmt Opus Dei zu einem Zeitpunkt, da die Organisation gefördert von dem polnischen Papst Johannes Paul II. und dessen Nachfolger Benedikt XVI. das entscheidende Machtzentrum im Vatikan und weltweit ist. Nach eigenen Angaben zählt es in über 90 Ländern 92.600 Mitglieder, darunter 2.083 Priester. 57 Prozent Mitglieder sind Frauen, 70 Prozent verheiratet, 30 Prozent leben als zölibatäre Laien.

Nach der Niederlage des Sozialismus 1989/90 in Europa startete Opus Dei eine "Osterweiterung", die der Gotteswerker Cervose Navarro, langjähriger Vizepräsident der Freien Universität (FU) Berlins und damals Institutsdirektor für Neuropathologie, leitete. Sein Wirken in der klerikal-faschistischen Organisation hinderte den (gerade verstorbenen und hochgejubelten) damaligen deutschen Bundespräsidenten Roman Herzog nicht, ihn auf Vorschlag von FU-Präsident Johann Gerlach mit dem Bundesverdienstkreuz zu dekorieren. In Potsdam erlaubte das Verwaltungsgericht der Organisation gegen den Einspruch der SPD-geführten Landesregierung 2011 die Errichtung eines Knabengymnasiums. 300 Jungen sollen dort, wie verlautet, vor den "verwerflichen Einflüssen" öffentlicher Bildungseinrichtungen bewahrt werden. Nach den heute noch gültigen Weisungen Balaguers auch mit Geißel und Stachelgürtel, denn "Gesegnet sei der Schmerz". In Polen zählte Opus Dei, wie die Zeitschrift Fakty i mity in ihrer Nr. 2/2006 schrieb, über 350 aktive Mitglieder und war eng mit der Rechtsaußen-Partei "Recht und Gerechtigkeit" (PIS) und deren damaligem Regierungschef, Jaroslaw Kacynski, liiert.

Als der im März 2013 zum Papst gewählte Franziskus Reformen ankündigte, mit denen er die katholische Kirche aus ihrer tiefen Krise herausführen will, machte Opus Dei wo es nur ging unverhohlen dagegen Front. Spektakulärste Operation war im vergangenen Jahr, dass zwei seiner Mitglieder in der von Franziskus eingesetzten Kommission zur Untersuchung der Korruption in der Vatikanbank IOR, in die das Gotteswerk selbst verwickelt ist, deren Arbeit vorerst zum Scheitern brachten. Nun will es, wie in Presseberichten, darunter von Radio Vatikan sichtbar wird, unter seinem neuen Chef wohl zurückrudern. Jedenfalls ließ es durch seinen Regionalvikar für Deutschland, Christoph Bockamp, verlauten, unter Ocáriz, einem "renommierten Theologen", werde Opus Dei Papst Franziskus "in der ganzen Welt unterstützen". Für den Wiener Kardinal Christoph Schönborn ist Ocáriz "ein klarer und differenzierter Denker, der sich für den Dialog einsetzt".

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Quelle:
© 2017 by Gerhard Feldbauer
Mit freundlicher Genehmigung des Autors


veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Januar 2017

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