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SCHACH-SPHINX/02818: Keine Akte Wagnerischer Dramatik (SB)


Wassily Smyslow war der siebte Weltmeister in der Schachgeschichte, und doch wird sein Name nicht regelmäßig genannt bei der Aufzählung der schöpferischen Geister. Der Grund für dieses Versäumnis liegt darin, daß Smyslow mit einem sehr pragmatischen, fast schon trockenen Stil zu Werke ging. Ihn in ein wildes Handgemenge auf dem Brett zu verwickeln, war nahezu unmöglich. Mit dem Gespür einer Katze witterte er Komplikationen und ging ihnen aus dem Wege. Seine Kontrahenten stießen ins Leere und diese Unsicherheit nutzte er, um seine zwar einfachen, aber nichtsdestotrotz ungemein gradlinigen Pläne zu verwirklichen. Seine Siege waren selten Akte Wagnerischer Dramatik, er bevorzugte das sanfte, sich einschlängelnde Flötenspiel. Milde Töne für einen milden Charakter. Auch im Alter pflegte er mit diesem Stil zu gewinnen: wenig Geranke, dafür jedoch mehr Gefühl für kleine Feinheiten. Im heutigen Rätsel der Sphinx verzweifelte der Este Lembit Oll an Smyslows Sparsamkeit beim Bondarewski-Memorial in Rostow am Don. Daß er, wo nötig, auch auf taktischem Gebiet Schlußpointen setzen konnte, steht außer Zweifel. Der Este hatte zuletzt 1...Ke6-f5 gezogen, Wanderer.



SCHACH-SPHINX/02818: Keine Akte Wagnerischer Dramatik (SB)

Smyslow - Oll
Rostow 1993

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Vielleicht hatte der sonst so taktisch ausgebuffte Bent Larsen das Matt nach 1...Sf6xe4 in der Tat übersehen. Charmanterweise opferte nun eine Dame ihre Dame, um den schwarzen König ins Mattnetz zu binden: 2.Dh3xh6+! g7xh6 3.Se5-f7+ Kh8-g8 4.Sf7xh6#


Erstveröffentlichung am 24. Juni 1999

12. April 2010