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SCHACH-SPHINX/04238: Maimonides' Vorwurf (SB)


Das Gericht ist eine ehrbare Institution. Hier wird Recht gesprochen, weil Menschen offensichtlich unfähig sind, Streitigkeiten und Probleme untereinander zu lösen. Die Geschichte dieses Unvermögens ist lang, und keiner weiß die Ursachen zu ergründen. Und doch besitzt ein jedermann vor Gericht das verbriefte Recht, seine Sache vorzutragen. Jedermann? Nun, wenn man in den Schriften des jüdischen Gesetzgebers Maimonides hineinblickt, dann scheint eine Menschengattung besonders perfide zu sein, so daß man ihr dieses Recht versagen müßte: "Schachspieler dürfen nicht als Zeugen vor Gericht anerkannt werden, weil sie Stellungen erfinden." Unerhört, nicht wahr, von einem alten mittelalterlichen Graubart solches vorgesetzt zu bekommen! Allerdings, so ganz aus der lauen Luft gegriffen war der Vorwurf an die Adresse der Schachspielergilde nicht. Jahrhunderte später beispielsweise überführte man den großen Alexander Aljechin der Hochstapelei. Man fand nämlich heraus, daß er in seinen Büchern einige - nicht viele, aber immerhin - Partien mit glänzenden Kombinationen gegen Spieler gewann, die nie existiert hatten. Um seinen Namen mit Ruhm auszuschmücken, erfand er diese Partien schlichtweg. Freilich muß man zugeben, daß es sein Verdienst war, diese taktischen Wendungen überhaupt gefunden zu sein. Im heutigen Rätsel der Sphinx schlug der Ex-Weltmeister allerdings seinen holländischen Kontrahenten Max Euwe in einer realen Partie zu Amsterdam 1926 vor unbestechlichen Zeugen. Also, Wanderer, Aljechin, der kleine Trickser, war mit den weißen Steinen am Zuge.



SCHACH-SPHINX/04238: Maimonides' Vorwurf (SB)

Aljechin - Euwe
Amsterdam 1926

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Der Schreck brach in die weiße Stellung, als Lew Polugajewsky seinen Kontrahenten Nei mit 1...Tc5xd5! 2.Lf3xd5 Df7-c7! vor unlösbare Probleme stellte. Der weiße Turm durfte sich wegen 3...Sd6-f5+ nicht in Sicherheit bringen, und nach 3.De3-e6 Sd6-f5+ 4.Kh2-h1 Dc7xd8 5.De6- g8+ Kg7-h6 6.g2-g4 Sf5-g7 besaß Schwarz einfach eine Figur mehr.


Erstveröffentlichung am 23. September 2000

23. Dezember 2011