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SCHACH-SPHINX/04476: Mit den Augen bürgerlicher Gelehrsamkeit (SB)


Es hängt sicherlich vom Standpunkt des Betrachters ab, wo und wann die Geschichte der feministischen Emanzipation in Deutschland begann. Mit den Augen bürgerlicher Gelehrsamkeit wird man den Fixpunkt wohl vor Beginn der Französischen Revolution setzen, als in Göttingen fünf gescheite und engagierte Damen zusammenkamen und eine Bewegung lostraten, die den Frauen in den deutschen Landen später eine verfassungsmäßige Gleichstellung in Familie und Gesellschaft garantierte. Seinerzeit, 1787, waren es die "Göttinger Universitäts- Mamsellen" Therese Forster, Caroline Boehmer-Schlegel-Schelling - offenbar eine heiratswütige Dame -, Philippine Gatterer, Meta Forkel und Dorethea Schlözer gewesen, die sich von keinem überkommenen Brauch in ihrem Selbstentfaltungsdrang abhalten lassen wollten. Zumindest Dorethea Schlözer verfolgte diesen Weg mit karrieristischer Brillanz, weil sie, gerade 17jährig, als erste weibliche Kandidatin das philosophische Doktorexamen meisterte. Auf die damalige Gelehrtenignoranz und Widerständelei sowie ihre eigenen Verstrickungen in die Allerweltsdünkeleien ihrer Zeit soll indes nicht weiter eingegangen werden. Erwähnt werden soll allerdings, daß die männerbeherrschte Festung des Königlichen Spiels nicht mit der Erstürmung der Bastille in Frankreich fiel. Bis eine Frau den schuldigen Respekt in den Turnierhallen einfordern konnte, sollten noch mehr als hundert Jahre vergehen. Erst mit Vera Menchik wurde der Damm gebrochen, der weitere fünfzig Jahre später und nach und nach bis heute den Frauen einen gleichberechtigten Platz neben der schachspielenden Männerfraktion einräumte. Im heutigen Rätsel der Sphinx besiegte die Moskauer Meisterin Bykowa ihre ukrainische Kontrahentin Kogan mit einer auch in der Männerwelt sehenswerten Schlußkombination. Also, Wanderer, mit welchem taktischen Gefährt wurde die schwarze Stellung überrollt?



SCHACH-SPHINX/04476: Mit den Augen bürgerlicher Gelehrsamkeit (SB)

Bykowa - Kogan
UdSSR 1954

Auflösung letztes Sphinx-Rätsel:
Der weiße Gewinnweg war vorgezeichnet durch die Wanderung des Königs nach b8. Schwarz zog 1...Kf6-g5 und gab sich nach 2.Kf2-e3 Ta1-a5 3.Ke3-d4 Kg5-f4 4.Th7-g7 Kf4-g5 5.Kd4-c4 Ta5-a2 6.Kc4-b5 g6-g5 7.Kb5- b6 g5-g4 8.h3xg4 f5xg4 9.Kb6-b7 Ta2-b2+ 10.Kb7-c8 Tb2-c2+ 11.Kc8-b8 geschlagen. Gegen den wanderwütigen weißen König halfen weder Gesundbeterei noch Racheschachs.


Erstveröffentlichung am 06. Dezember 2000

18. August 2012