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SCHACH-SPHINX/05349: Zum Kriegsspiel korrumpiert (SB)


Es ist schon ausführlich darauf eingegangen worden, welchen Wandlungscharakter die indische Figur des Elefanten in der europäischen Schachgeschichte unterworfen war. Wir erinnern uns, daß die Engländer im Mittelalter aus jener Figur den Bischof kreiert hatten. Auch die Franzosen hatten diesem Stein zumindest in der Anfangszeit den Namen Priester gegeben. Später übernahm der 'Narr' diese Rolle, aber nur aus einem bedauerlichen Mißverständnis heraus. Im Orientalischen sagt man zu unserem Läufer 'Fil'. Die Franzosen hatten nun Probleme mit dem Hören. Für sie klang dieses 'Fil' so ähnlich wie ihr 'Fol', was einen Narren meint, und da sie in ihrem eigenen Hofleben den Späße treibenden Narren besaßen, glaubten sie, dies auch bei den Orientalen voraussetzen zu können und bürgerten so den Namen 'Fol' für den Läufer bis auf den heutigen Tag ein. Im Lateinischen zu Zeiten Karl des Großen trug der Läufer den Namen Sagittifer, von 'sagitta' - der Pfeil. Das Lateinische kannte ihn also als Schützen. Im Russischen wiederum wurde die orientalische Geistesnähe länger bewahrt als in den anderen Kulturen. Hier gab man dem Läufer den Namen 'Slônie', was Elefant bedeutet. Die Polen nannten ihn 'Pôp', also der Pope - Priester -, ähnlich wie die Dänen, die ihn als 'Biscop' oder 'Bisp', der Bischof, bezeichneten. Man darf sich über die Namensleihgabe aus dem religiösen Bereich nicht wundern, auch wenn im Schach oftmals die Verwandtschaft zum Krieg beschworen wird. Freilich sollte man dabei nicht vergessen, daß zu Zeiten der Kreuzzüge - und erst zu dieser Periode des Mittelalters begann man den orientalischen 'Fil' in Bischof umzutaufen - gespornte Pfaffen auf dem Schlachtfeld nicht viel seltener waren als rustikale Rittersleute. Daher ist die Bezeichnung für eine Figur im zum Kriegsspiel korrumpierten Schach dieser Zeit im Grunde nur allzu naheliegend. Aber betrachten wir nun ein anderes Schlachtfeld. Meister Valdes hatte mit den weißen Steinen den Bogen überspannt, als er 1.Dd2xd6? zog, worauf Meister Cruz geistreich mit 1...Db7xe4! konterte. Langes Grübeln setzte darauf bei Meister Valdes ein. Wohl sah er, daß er nach 2.f3xe4 Sf6xe4+ nebst 3...Se4xd6 ans Aufgeben denken müßte. Also hoffte er, sich mit 2.Sf1-e3 eine kleine Ausrede erschwindeln zu können. Sollte er Recht behalten, Wanderer, im heutigen Rätsel der Sphinx?



SCHACH-SPHINX/05349: Zum Kriegsspiel korrumpiert (SB)

Valdes - Cruz
Kuba 1965

Auflösung letztes Sphinx-Rätsel:
Auch im Blitzschach verlor Bronstein nichts von seinem messerscharfen Blick und konnte so seinen Großmeisterkollegen Boris Spassky mit 1.Tf1- f5+! Sd4xf5 2.c2-c4# einfach und brillant zugleich mattsetzen.


Erstveröffentlichung am 04. Februar 2002

09. Januar 2015





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