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SCHACH-SPHINX/05453: In den Schlingen des Unbehagens (SB)


Es ist fast wie ein innerer Drang, diese Notwendigkeit, wie der Mensch gerne dazu sagt, den Gründen für ein Unbehagen immer wieder auszuweichen, bis die Kreise, die damit gezogen werden, nicht nur das Leben bestimmen, sondern zum Leben selbst geworden sind. Die Sorgen scheinen überschaubar zu sein, und so läßt sich zwischen der Vielzahl größerer und unwägbarer Schwierigkeiten die geringste wählen. Denn das ist die Richtschnur jeder Bewertung. Daß in der Geschichte der Menschheit und ihrer Geistesdisziplinen, denn um diese handelt es sich vornehmlich, der Wunsch nach Erkenntnis alle Zweige am Baum des Lebens durchströmt und so nur jene Früchte austrägt, die diesem Keim zur Triebkraft besitzen, ist also nicht weiter verwunderlich. Seit jeher gehörte es zum Urkonflikt des Menschen mit sich selbst und seiner Umwelt, daß er im Vorbehalt der erkannten Natur den "Geist" gewissermaßen zum spirituellen Außen umdeutete. Dieses Festhalten an den Umständen der eigenen Selbstfindung, also der Annexion vorgegebener Werte und Prioritäten, war für James Harvey Robinson eines der kardinalen Schwächen menschlichen Bewußtseins: "Lieber fahren wir fort, das zu glauben, was wir gewöhnt sind, für wahr zu halten. Der Widerwille, der sich regt, wenn die Richtigkeit irgendeiner unserer Überzeugungen in Zweifel gezogen wird, führt uns dahin, jede Art von Rechtfertigung dafür zu suchen, weiterhin an ihnen festhalten zu können." Dem einen oder anderen Schachspieler wird dies bekannt vorkommen. Das Grübeln über diesen unaufhörlich sich ausbreitenden Punkt war auch das Thema im heutigen Rätsel der Sphinx. Meister Alexej Schirow mußte sich in seiner Partie gegen die ungarische Großmeisterin Judit Polgar mit einer Eröffnungsneuerung herumgeschlagen, was ihm allerdings ganz und gar nicht gelang. Mit seinem letzten Zug 1.Sb3-a5 hatte er zu allem Überfluß auch noch einen taktischen Sturm gegen sich entfesselt. Wie nutzte Judit Polgar die Schwäche des letzten weißen Zuges aus, Wanderer?



SCHACH-SPHINX/05453: In den Schlingen des Unbehagens (SB)

Schirow - J. Polgar
Buenos Aires 1994

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Ahnungslos ging Meister Wisoschin in die Falle, als er 1...Dc7-d7? zog. Alexander Khalifman nutzte dies für sich aus, als er mit 2.Sf3- g5! zum Angriff blies. 2...g7-g6 brachte wegen 3.e5-e6! nichts ein, also mußte das Opfer angenommen werden. Aber dann ging alles wie von selbst: 2...h6xg5 3.Ta3-h3 f7-f5 - 3...g7-g6 4.Lc1xg5 - 4.De4xc4+ Dd7- f7 5.e5-e6! Df7-e8 - 5...Df7-e7 6.Lc1xg5! - 6.e6-e7+ Tf8-f7 7.Lc1xg5 Sc6-d4 - pure Verzweiflung - 8.Dc4xd4 c5xd4 9.Lb5xe8 La6xf1 10.Le8xf7+ Kg8xf7 11.Th3-h8 und Schwarz gab auf.


Erstveröffentlichung am 14. Mai 2002

23. April 2015


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