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SCHACH-SPHINX/05512: Drei Worte und nicht mehr (SB)


Mit Siegbert Tarrasch und Emanuel Lasker tauchte in der Geschichte der Schachkunst erstmals das Moment der Animosität auf. Natürlich hatte es auch zuvor Reibereien in vielen Detailfragen der Theorie und Praxis gegeben, doch nie ging das persönliche Zerwürfnis so weit, eine Front unnachgiebiger Verhärtung entstehen zu lassen. Doch 1908, beim einsamen Gipfelkampf zwischen den beiden führenden deutschen Schachmeistern wurde das Prinzip der Gegenseitigkeit zum Grundstock für die meisten der darauffolgenden Weltmeisterschaftskämpfe. Der Gegensatz von Laskers und Tarraschs Theoremen war gar nicht einmal so gewaltig, wie es später aufgebauscht wurde. Beide waren erbberechtigte Prinzen der Steinitzschen Schachstrategie, verschieden nur durch die pointierte Betonung gewisser Prinzipien vor anderen. Lasker schrieb über Tarrasch, "denn sein schachliches System ist aufgebaut auf dem bestimmten Artikel. Bei ihm heißt es oft: der korrekte Zug; selten: ein korrekter Zug; er sagt immer: der beste Zug, nie: ein bester Zug. Vielleicht war sein System für ihn als Pädagogen wertvoll, vielleicht hat er selbst dessen Einseitigkeit und Enge empfunden, es in der Praxis gemildert und nur zum Zwecke der Theorie dessen Geltung als eine Fiktion vorausgesetzt: jedenfalls liebt er, als Meister des praktischen Spiels, das Suchen und Versuchen, welches zur Lehre von der Eindeutigkeit nicht stimmt." Jedenfalls fand der Wettkampf in Düsseldorf und München statt. Unmerklich zunächst sickerte das Gift der Anfeindung in die Gedankenwelt beider für sich genommen tadelloser Schachmeister ein. In München brach der Konflikt trotz mehrerer Beschwichtigungsversuche Dritter offen aus. Tarrasch wandte sich an Lasker mit den Worten. "Mit ihnen spreche ich nur drei Worte - Schach und matt!" Nur daß Tarrasch mit dem Mattsagen nicht recht zum Zuge kam. Der Wettkampf endete recht souverän mit 8:3 bei fünf Remisen für den Titelverteidiger Lasker. Erst sehr viel später versöhnten sich beide Großmeister. Das heutige Rätsel der Sphinx stammt aus dem Wettkampf und hier konnte Tarrasch sehr wohl mit den schwarzen Steinen den Wert seiner Schachtheorie demonstrieren. Wie kam Tarrasch dem drohenden Matt 2.Dd6-f8# bzw. 2.Dd6-f6# zuvor, Wanderer?



SCHACH-SPHINX/05512: Drei Worte und nicht mehr (SB)

Lasker - Tarrasch
Düsseldorf 1908

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Aljechin war ein Meister des kapriziösen Gedankens und wußte auch die verborgenen Feinheiten einer Stellung ans Licht zu bringen. Gegen Pirc fand er, aus dem Schara-Henning-Gambit entwickelnd, die bestechende Gewinnfolge 1...Ld7-g4! 2.Sc3-d5 Td8xd5! 3.Dd2xd5 Lf8-a3! - die eigentliche Pointe, denn nun verbietet sich 4.b2xa3 wegen 4...Df6-c3+ 5.Kc1-b1 Th8-d8 6.Dd5xd8+ Sc6xd8 7.f2-f3 Lg4-e6 8.Lf1-d3 Dc3xa3. Also spielte Pirc defensiv 4.Dd5-b3, gab jedoch nach 4...Lg4xd1 5.Db3xa3 Df6xf2 6.Da3-d3 Ld1-g4! 7.Sg1-f3 Lg4xf3 8.Dd3-f5+ Kc8-b8 8.Df5xf3 Df2- e1+ 9.Kc1-c2 Th8-c8 10.Df3-g3+ Sc6-e5+! 11.Kc2-b3 De1-d1+ 12.Kb3-a3 Tc8-c5 kurz vor dem Matt auf: 13.b2-b4 Tc5-c3+ 14.Ka3-b2 Dd1-c1# oder 13.Ka3-b4 Dd1-d2+! 14.Kb4xc5 b7-b6+ 15.Kc5-b5 Dd2-a5#


Erstveröffentlichung am 12. Juli 2002

21. Juni 2015


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