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SCHACH-SPHINX/05659: Schulmeisterliche Selbstbestrafung (SB)


Die Badedirektion des spanischen Seebades in San Sebastian war 1911 so nobel, allen Turnierteilnehmern die Fahrt- und Aufenthaltskosten vollständig zu erstatten. Es war übrigens das erste Mal, daß man den Schachmeistern so freundlich entgegenkam. An den Start gehen durften jedoch nur solche Spieler, die in einem internationalen Meisterturnier bereits einen Sieg errungen oder zumindest zweimal den zweiten, dritten oder vierten Preis belegt hatten. Für José Capablanca wurde es die Kraftprobe seiner Karriere. Nur Akiba Rubinstein konnte ihn bezwingen. San Sebastian war für den Kubaner der erste internationale Durchbruch. In den folgenden 20 Jahren sollte er nicht vom Siegertreppchen wegzudenken sein. Ein anderer freilich erlebte dort eine herbe Enttäuschung, nämlich der deutsche Großmeister Siegbert Tarrasch. Er war mit großen Hoffnungen nach San Sebastian gekommen. Drei Jahre nach seiner Niederlage im Weltmeisterschaftskampf gegen Emanuel Lasker hatte er noch immer keinen aufsehenerregenden Sieg vorweisen können. So wurde er in San Sebastian nur Fünfter und erhielt nicht einmal ein Preisgeld. Nur die ersten vier Plätze wurden mit Geldpreisen bedacht. Der Turnierleiter Jacques Mieses, ein alter Schlachtenkamerad von Tarrasch, sagte nach dem Turnier zu ihm: "Sie werden sich sicher ein paar Tage Paris gönnen." Tarrasch war jedoch alles andere als in Stimmung und entgegnete knapp: "Wenn ich einen Preis gewonnen hätte, wäre ein Pariser Aufenthalt eine schöne Belohnung für die geleistete Arbeit gewesen. Nun aber fahre ich direkt nach Nürnberg. Ich muß mich bestrafen." Tarrasch konnte eben das Schulmeistern nicht lassen, nicht einmal sich selbst gegenüber. Das heutige Rätsel der Sphinx stammt aus Tarraschs bestem Mannesalter. In Leipzig hatte er 1894 die seiner Meinung nach stringenteste Partie seines Lebens gespielt. Also, Wanderer, von Scheve hatte zuletzt 1...Ta8-a7 gezogen - welche kleine Kombinationskonsequenz folgte darauf?



SCHACH-SPHINX/05659: Schulmeisterliche Selbstbestrafung (SB)

Tarrasch - von Scheve
Leipzig 1894

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Die Figur, die die schwarze Stellung am Leben hielt, war die Dame. Ihre Seile hielten alles fest. Also zog Meister Bagirow 1.Lb2-a3! und kappte die Halterungen. Nach 1...De7xa3 2.Dg3xg5 hätten drei schwarze Figuren gehangen und nach 1...f4xg3 2.La3xe7 g3xh2+ 3.Kg1-h1 ebenfalls. Also gab sein Kontrahent Eskola nach dem weißen Läuferzug sogleich auf.


Erstveröffentlichung am 03. Dezember 2002

15. November 2015


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