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SCHACH-SPHINX/05874: Wandelbare Werte (SB)


Das Prinzip vom Wandel der Werte hat auch im Schachspiel seinen festen Platz. Jeder Zug stellt im Grunde ein kalkulatorisches Moment dar. Und obwohl in der Schachsprache von Tempogewinnen und -differenzen, Figurenwert, Qualitätsverlusten, Stellungsnachteilen, Initiative oder Raumvorteilen gesprochen wird, so geht man doch vom Kontrast zweier Bilanzen aus. Eine Figur, die mehrere Tempi kostete, tauscht man nicht wahllos gegen eine ab, die beispielsweise erst mit einem Tempo "beladen" wurde. Auch der Wert der Figuren ist ein beweglicher, nie ein statischer. So verbirgt sich im Materialvergleich auch stets die Rechnung dynamischer Faktoren. Man opfert also nicht einen Läufer gegen einen Turm, was in der trivialen Schachumgangssprache als Qualitätsopfer betitelt wird, sondern rechnet mit kaufmännischem Kalkül Aufwände gegeneinander. In einer Stellung kommt so jene Seite in Vorteil, die einen Gewinn an beweglichen Werten verbuchen konnte. In erster Linie besteht die Kunst des Opferns also daran, statische Massen in kinetische, also wertsteigende Kräfte umzuwandeln. Ohne ein gewisses Wagnis kommt man natürlich dabei nicht aus. Die Bilanz kann unterm Strich negativ ausfallen, wenn zum Beispiel die Kinetik der eingesetzten Figuren an der Widerstandskraft der gegnerischen Statik gebrochen wird. Im heutigen Rätsel der Sphinx verfügen beide Seiten über dasselbe Material, aber im Beweglichkeitshaushalt besitzt Weiß deutliche Defizite. Der Springer ist totgestellt, die Türme greifen nirgends ins Geschehen ein, und auch der Dame steht eine geringe Wirkreichweite zur Verfügung. Geballte Wertoptimierung dagegen bei Schwarz. Der Wert seiner Stellung muß jedoch erst durch ein Opfer oder anders gesagt durch einen Wandel optimiert werden. Also, Wanderer, Material gegen Wert: Wie bewerkstelligte Meister Szilagyi dies?



SCHACH-SPHINX/05874: Wandelbare Werte (SB)

Fuchs - Szilagyi
Sofin 1957

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Spielmann in bester Geberlaune, aber das Matt ließ er sich nicht nehmen. Nach 1.Dd2-h6! Dc3xe1+ 2.Ld3-f1 hätte Tartakower tatenlos zusehen müssen, wie es seinem König ans Leben geht. Da gab er lieber gleich auf.


Erstveröffentlichung am 04. Juli 2003

21. Juni 2016


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