Schattenblick → INFOPOOL → SCHACH UND SPIELE → SCHACH


SCHACH-SPHINX/06011: Das ewige Lauern (SB)


Sich im Brennpunkt taktischer Kalküle zurechtzufinden, bedarf es oftmals nur der Vorkenntnis gewisser Pointen und Mattbilder. Schult man das Auge entsprechend, gewöhnt es also an eine bestimmte Optik, so fallen einem die Opfer- und Siegeszüge später fast von selbst in den Schoß. Schwieriger wird die Sache jedoch beim Aufbau einer kombinationsgetränkten Stellung. Das Hoffen auf den gegnerischen Kardinalfehler erweist sich als wenig hilfreicher Rat. Man kommt nicht umhin, selbst wenn man wie besessen der Strategie des lauernden Mattangriffs folgt, seine Position zumindest bis dahin solide und weitgehend unanfechtbar zu entwickeln. Das Ziel ist immer taktischer Natur. Nur die wenigsten Positionskünstler sind in der Lage, eine Partie mit solcher Brillanz und Ausgewogenheit zu gestalten, daß der Kontrahent sich quasi selbst durch schwache oder stellungswidrige Züge den Strick um den eigenen Hals legt. Stellungen, die bei nahezu vollem Brett ohne zwingenden Figurengewinn allein durch die überlegene Position den Ausgang der Partie entscheiden, gehören zu den Juwelen der Schachkunst. Ansonsten, in Ermangelung dieses Könnens, muß sich der Laie mit einem Ausspruch des russischen Theoretikers Alexander Kotow, der übrigens auch ein hervorragender Spieler war, behelfen: "Im Labyrinth der unbegrenzten Möglichkeiten gleicht das Positionsgefühl einem Leitfaden." Wer auf diesem Feld gelernt hat, nicht in die Irre zu gehen, meistert wohl auch den Kombinationsschlagabtausch im heutigen Rätsel der Sphinx, wo Meister Rabar Positionsgefühl und taktische Virulenz in die Waagschale warf, um der weißen Stellung beizukommen. Also, Wanderer, wo liegt der Hund begraben?



SCHACH-SPHINX/06011: Das ewige Lauern (SB)

Castaldi - Rabar
München 1954

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Wer sich gegen die Grundlehrsätze der Schachkunst so versündigt wie Meister Renault mit 1...Dd6xe6?, zahlt auch gegen das Blackmar-Diemer- Gambit die Zeche allein: 2.d4-d5 De6-g4 3.d5xc6+ Kd8-c8 4.Dg6xg7 Le7- d6 5.Td1xd6 Dg4-f4+ 6.Td6-d2 Tf8-d8 7.Sc3-d5 Td8xd5 8.Dg7-g8+ Td5-d8 9.Dg8xd8#


Erstveröffentlichung am 15. November 2003

06. November 2016


Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang