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SCHACH-SPHINX/06368: Rauschen aus der Tiefe (SB)


Die langerwartete Versöhnung zwischen der FIDE und der PCA verlief lange Zeit im Sande. Keine Annäherung war in Sicht, und nachdem Anatoli Karpow im Januar 1998 seinen Titel erfolgreich gegen den Inder Viswanathan Anand verteidigen konnte, sah es auch nicht danach aus, als sollte sich in absehbarer Zeit eine Beilegung des Konfliktes ergeben. Eine Welt mit zwei Schachhäuptern, ein Umstand, der an die traurige Situation im Profi-Boxen erinnerte. Jeder Verband ging seine eigenen Wege, und im Schach noch strenger als im Boxsport, wo Wegkreuzungen durchaus zum Geschäft gehören. Im heutigen Rätsel der Sphinx aus der Weltmeisterschaft von 1990 in Lyon war die Schachwelt noch ein einmütiges Nest. Rivalitäten schliefen zwar unter einer dünnen Decke, doch kannte die FIDE seinerzeit nicht den befleckenden Makel eines Schismas. Nachdem Karpow seinen Titel 1985 in einem aufsehenerregenden Match an Kasparow verloren hatte, war es schließlich zu einem erneuten Waffengang der Erzrivalen gekommen, bei dem Kasparow in der 20. Partie mit einem glänzenden Sieg die Weichen stellte für seine 12,5:11,5-Titelverteidigung. Die Stellung im heutigen Rätsel der Sphinx ging damals um die Welt. Kasparow stand mit den weißen Steinen kurz vor dem Sieg. Es fehlte allerdings noch der zündende Funke, ein Zug, der still und brunnentief den entscheidenden Überfall der weißen Figuren vorbereitete. Also, Wanderer, hörst du das Rauschen aus der Tiefe?



SCHACH-SPHINX/06368: Rauschen aus der Tiefe (SB)

Kasparow - Karpow
Lyon 1990

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Der Franzose Kouatly hätte sich mit 1...Sf6xe4? lieber nicht auf einen Veitstanz mit Sleipnir einlassen sollen. Offenbar hatte er allerdings nur mit der Erwiderung 2.Sd4xe6 f7xe6 3.Td1xd8 Se4xg5 4.Td8xf8+ Le7xf8 gerechnet, wobei er für seine Dame mit drei Leichtfiguren in ausreichendem Maße entschädigt worden wäre. Allein, Ligterink kannte sich in der kaum erforschten Eröffnung besser aus und erzielte mit 2.Sd4-c6! Se4-c3!? 3.b2xc3 Sb8xc6 4.Td1xd8 Tf8xd8 5.Lg5xe7 Sc6xe7 einen deutlichen materiellen Vorteil, der nach 6.Lc4-d3 Se7-d5 7.De2- e4 Sd5-f6 8.De4-h4 h7-h6 - nötig wegen der Drohung 9.Ld3xh7+! - 9.f2- f4 h6-h5 10.Tf1-f3 Td8-d5 11.Tf3-g3 Kg8-f8 12.Tg3-g5 b7-b5 13.Dh4-g3 g7-g6 14.Tg5xd5 Sf6xd5 15.f4-f5! g6xf5 16.Dg3-d6+ Kf8-g7 17.Ld3xf5 Lc8- b7 18.Lf5-e4 Ta8-c8 19.Dd6-e5+ Kg7-f8 20.De5xh5 Kf8-e7 21.Dh5-g5+ Ke7- d6 22.h2-h4 f7-f5 23.Le4-f3 Kd6-e5? - Fehler in verlorener Stellung - 24.Dg5-g7+ zum Sieg führte.


Erstveröffentlichung am 4. November 2004

29. Oktober 2017


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