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SCHACH-SPHINX/06625: Erwachen aus einem Traum (SB)


Mit viel Vorschußlorbeer war der Tatarensprößling Gata Kamsky 1995 bedacht worden. Schon träumte man, da er sowohl in der PCA von Garry Kasparow als auch im Weltschachverband FIDE die Kandidatenrunde erreicht hatte, von einem "Super-Weltmeister" beider Verbände. 20 Jahre war der schmalschultrige Greencard-Amerikaner seinerzeit gerade einmal gewesen, der hinter seiner Brille eher den Eindruck eines weltscheuen Bücherwurms denn den eines künftigen Champions machte. Auf seinem Kreuzzug zur Entthronung Kasparows hatte er einige Großmeister über die Klinge springen lassen, und als er schließlich in Las Palmas auf den Inder Viswanathan Anand stieß, wünschten sich nicht wenige ein Duell zwischen Kamsky und Kasparow. Die private Fehde zwischen den beiden, durch Wort und Tat unterstützt von Kamskys Vater Rustam, fieberte einer Explosion entgegen. Daß er durchaus das spielerische Format dazu hatte, war schon früh erkannt worden. Als der Zwölfjährige bei der Meisterschaft des Leningrader Schachclubs den Weltklassespieler Mark Taimanow schlug, war der sowjetische Großmeister Alexej Suetin voll des Lobes gewesen: "Gata Kamsky spielt besser, als Karpow und Kasparow im gleichen Alter gespielt haben." Die Träume zerplatzen freilich an Anand, der zwar in der ersten Wettkampfpartie wegen Zeitüberschreitung eine gewonnene Stellung verloren hatte, dann jedoch in der dritten, neunten und elften Partie überzeugen und Kamsky aus dem Rennen werfen konnte. Im heutigen Rätsel der Sphinx aus der neunten Runde hatte Anand mit den weißen Steinen eine positionell überlegene Stellung herausgespielt, die er nun leicht zu einem taktischen Sieg verdichten konnte, Wanderer.



SCHACH-SPHINX/06625: Erwachen aus einem Traum (SB)

Anand - Kamsky
Las Palmas 1995

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Komplikationen über Komplikationen ergaben sich nach 1.c4xd5 Lb7-a6?! 2.d5xe6!? La6xd3, und wie gesagt, wer alle Brücken hinter sich zerschlägt, muß seine Wertskala anders gewichten. So wäre nun nach dem Augenfälligen 3.e6xd7? Ld3-a6 4.d7xe8D+ Tc8xe8 5.Lh3-d7 Te8-d8 6.Ld7xc6 La6-b7 7.d4-d5 Td8xd5! vom weißen Angriffsgespenst nichts mehr übriggeblieben. Weiß hatte jedoch eine ungleich schärfere, echte Damenopferwendung im Auge gehabt, nämlich 3.e6xf7+! Kg8-f8! - bei 3...Kg8xf7 4.e5-e6+ Kf7-f8 5.e6xd7 Ld3-a6 6.Sf3-e5 wäre der weiße Plan allzu leicht aufgegangen - 4.f7xe8D+ Kf8xe8 5.Te1-e3 Ld3-a6 6.Sd2-e4 Tc8-d8 7.Lh3-f5! und nun verlor Schwarz den Kopf und nach 7...Sh7-g5? 8.Sf3xg5 h6xg5 9.Lf5-g6+ Ke8-f8 10.Te3-f3+ Kf8-g8 11.Lg6-f7+ Kg8-h7 12.g3-g4 g7-g6 13.e5-e6 Sd7-e5 14.d4xe5 Td7-d3 15.Se4-f6+ Kh7-g7 16.Tf3xd3 La6xd3 17.Tc1-c3 Da8-a6 18.Sf6-e8+ Kg7-h6 19.Se8-c7 Da6-b7 20.Tc3xd3 Db7xc7 21.Td3-d7 auch noch die Partie. Indes wäre die Lage für ihn nach 7...Sd7-f8 8.Se4-d6+ Le7xd6 9.e5xd6+ Ke8-f7 10.Te3-e7+ Kf7-f6 noch nicht verloren gewesen.


Erstveröffentlichung am 17. Juli 2005

14. Juli 2018


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