Peter Swidler, der Großmeister aus St. Petersburg, gehört unbestritten zu den Besten der Welt. Seinen Stil zeichnet eine erstaunliche Pragmatik aus. Schnörkel oder das Liebäugeln mit dem Zufall sind ihm fremd. In seinen Partien wählt er stets den geraden Pfad, krumme, risikovolle Wendungen läßt er links liegen. Das unterscheidet ihn von vielen Angriffsspielern wie beispielsweise Michael Adams oder Wassili Iwantschuk, die hin und wieder sich gerne ins Getümmel stürzen. Mal sehen, was dabei herauskommt, könnte deren Devise lauten. Nicht so Swidler, der kühle Rationalist mit seiner messerscharfen Logik. Lieber läßt er eine Partie Remis ausgehen, als daß er den Sieg mit Gewalt erzwingen wollte. Seine Strategie ist durchaus erfolgreich. So belegte er im Sommer 1998 bei den Dortmunder Schachtagen gemeinsam mit Adams den geteilten 2. und 3. Platz. Mit vier Siegen übertrumpfte er nicht nur Adams, sondern auch den Turniersieger Wladimir Kramnik, gegen den er jedoch in der zweiten Runde eine Niederlage erlitt. Im heutigen Rätsel der Sphinx aus dem Turnier in Linares bezwang er den Herausforderer von Garry Kasparow, Alexej Schirow, in einer für ihn geradezu symptomatischen Partie - keinen Fingerbreit an der logischen Strenge vorbei. Sein nächster Zug mit den weißen Steinen leitete das Finale ein, Wanderer.
Swidler - Schirow
Linares 1998
Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Hort traute seinen Augen kaum, als der Schotte nach 1...Dd8-c7? mit
2.Ld3xg6! die schwarze Königsburg im Sturm überrannte. 2...h7xg6 war
wegen 3.Dg4-h4 völlig indiskutapel, aber auch 2...f7xg6 konnte die
Partie nicht mehr retten: 3.Dg4xe6+ Kg8-h8 4.Tf1-f7! Dc7-c8 -
4...Tf8xf7 5.Sg5xf7+ Kh8-g8 6.Sf7-d8+ - 5.Tf7xf8+ Lg7xf8 6.De6-f7 Lf8-
g7 7.Sg5-e6 Dc8-g8 8.Df7xb7 Sc6-a5 und hier wählte der Schotte den
langen Umweg zum Sieg mit 9.Db7xg7+?!. Rascher gewonnen hätte dagegen
9.Db7-d7 mit der Turmwanderung Ta1-f1-f7.
Erstveröffentlichung am 29. Januar 2006
28. Januar 2019
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