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FORSCHUNG/086: Wer kennt seine Nachbarn? (Unijournal Trier)


Unijournal Heft Nr. 1/2007 - Zeitschrift der Universität Trier

Forschungsdossier
Wer kennt seine Nachbarn?

Von Peter zur Nieden


Wahrnehmung von Nachbarschaft durch Bürger und lokale Medien am Beispiel des grenzüberschreitenden Städtenetzes QuattroPole. Das Ergebnis des Forschungspraktikums in der Geographie zeigt große Defizite in der Nachbarschafts-Wahrnehmung auf.


"Vielfalt ganz nah - tout pras, tout autre" - lautet das richtige und griffige Motto von QuattroPole - es muss aber noch viel mehr in die Köpfe der Menschen und auch mancher lokaler Entscheidungsträger hinein. Die vorliegende Studie soll - als Momentaufnahme - dazu ein Beitrag sein. Mit der Befragung Trierer Bürger ist damit ein Anfang getan.

Weitere Informationen zu den Ergebnissen der 235-seitigen Studie mit zahlreichen farbigen Abbildungen sind unter der E-Mail-Adresse:
zur-nieden@t-online.de erhältlich.


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Was und wie wird in den lokalen Medien über die Großregion und über die Partnerstädte im Städtenetz QuattroPole berichtet? Was wissen die Bürger über ihre Partnerstädte? Was interessiert sie? Wie nehmen sie die drei Nachbarstädte wahr? Welche Anstrengungen werden unternommen, um Bürger aus den Partnerstädten dauerhaft als Besucher zu gewinnen? Wie schätzen Experten die Chancen des grenzüberschreitenden Kulturaustauschs im Vorfeld des europäischen Kulturhauptstadtjahrs 2007 ein? Welche Anregungen können aus den Ergebnissen der Studie für die Kooperation im Städtenetz QuattroPole gegeben werden?

Diese Fragen standen am Anfang eines Forschungspraktikums im Fachbereich VI Geographie der Abteilung Raumentwicklung und Landesplanung mit 14 Studenten unter der Leitung von Dipl. Volkswirt Peter zur Nieden.

Aus der Überlegung, dass Großstädte als Motoren für regionale Entwicklung gelten, haben sich innerhalb der Großregion im Jahr 2000 die Städte Luxemburg, Metz, Saarbrücken und Trier zum grenzüberschreitenden Städtenetz QuattroPole zusammengeschlossen. Die Region SaarLorLux ist polyzentrisch entwickelt ohne dominierende Metropole. Daraus ist der Kerngedanke entstanden, durch Kooperationen auf der Ebene der Großstädte Synergien zu schaffen, die anderswo die Metropolen aus sich heraus alleine hervorbringen.

Sechs Jahre nach der Gründung ist zu fragen, wie sich die Bürger der vier Städte diesen Kooperationsbemühungen persönlich gegenüber verhalten. Aus individuellen Einzelbeobachtungen sollten empirisch abgesicherte Aussagen getroffen werden. Im Mittelpunkt stand dabei eine Bürgerumfrage in Trier auf der Grundlage einer nach Alter, Geschlecht und Stadtteil geschichteten Zufallsstichprobe unter dem Motto "Wer kennt seine Nachbarn?" Unter anderem wurden die Bürger nach der Kenntnis über die Nachbarstädte und nach ihrem aktionsräumlichen Verhalten befragt. Vorgeschaltet war eine Analyse der lokalen Medien in den vier Städten bezüglich der grenzüberschreitenden Berichterstattung. Der Schwerpunkt lag dabei auf den Printmedien. Ergänzend wurden Expertengespräche mit Vertretern von Kultureinrichtungen mit überregionalem Einzugsbereich sowie mit Vertretern aus dem Bereich der fremdsprachlichen Weiterbildung geführt.

Die Ergebnisse wurden den Gremien des Städtenetzes QuattroPole vorgestellt und stießen auf sehr positive Resonanz: Die Schlussfolgerungen wurden zum Gegenstand der politischen Diskussion und haben weitere "Arbeiten im Städtenetz angeregt.

Die wesentlichen Schlussfolgerungen aus der Studie lassen sich in sechs Punkten zusammenfassen.


1. Die regionalen Zeitungen in den vier Städten müssen noch zu wichtigen Multiplikatoren für grenzüberschreitende Informationen werden.

Im Rahmen der Medienanalyse wurden vier regionale Zeitungen der Großregion untersucht, um herauszufinden, was über Lothringen, Luxemburg, die Region Trier und das Saarland sowie insbesondere über die vier QuattroPole Städte berichtet wurde. Dabei wurde für jede dieser Teilregionen oder Städte die auflagenstärkste regionale Tageszeitung analysiert: Für Lothringen der "Républicain Lorrain" (RL), für Luxemburg das "Luxemburger Wort" (LW), für die Region Trier der "Trierische Volksfreund" (TV) und für das Saarland die "Saarbrücker Zeitung" (SZ).

Ziel der Analyse war es, sowohl quantitativ als auch qualitativ zu ermitteln, was diese Zeitungen über die jeweils anderen Teilräume berichten, um festzustellen, was der Leser über die Großregion insgesamt erfährt. Der gesamte Analysezeitraum erstreckte sich über drei Monate auf der Grundlage einer täglichen Presserecherche. Inhaltlich wurden die Beiträge nach zwölf Themenfeldern geordnet, die sich an den sieben Daseinsgrundfunktionen orientieren.

Die Bilanz ist insgesamt gesehen nicht sehr positiv. Rein quantitativ liegt der TV mit fast 700 Beiträgen vorne, während die SZ obwohl aus gleichem Hause mit wenig mehr als 200 Beiträgen das Schlusslicht bildet. Die anderen beiden Zeitungen liegen dazwischen. Soweit die Bilanz auf den ersten Blick. Klammert man private und gewerbliche Anzeigen aus, auf die die Herausgeber keinen Einfluss haben, wird die Bilanz noch magerer. Denn der Umfang der Anzeigen an allen Meldungen über die Nachbarregionen macht bei den vier Zeitungen zwischen einem Drittel und der Hälfte aus, so dass im Durchschnitt nur noch etwas mehr als die Hälfte der erfassten Meldungen als redaktionelle Beiträge übrig bleiben.

So sieht dann die Endbilanz aus: Im Zeitraum von drei Monaten wurden für jede Zeitung etwa 75 Ausgaben untersucht. Ohne Berücksichtigung von Anzeigen sind dies im Durchschnitt pro Zeitungsausgabe nur vier grenzüberschreitende Meldungen im TV, drei entsprechende Beiträge im LW und RL und nur zwei entsprechende Beiträge in der SZ.

Was fällt bei den Regionalzeitungen besonders auf? Beim "Republicain Lorrain" tauchte gleich zu Beginn das Problem auf, dass er weder im Handel in Trier im Gegensatz zu den drei anderen Städten - noch an der Universität Trier täglich als Druckexemplar verfügbar war, so dass die Studenten weitgehend auf die allerdings fast vollständige Online-Version zurückgreifen mussten. Im Gegenzug erfährt der Leser relativ wenig über angrenzenden Regionen ohne Berücksichtigung der Beiträge zum Weihnachtsmarkt findet zum Beispiel die Stadt Trier und ihr Umland so gut wie keine Beachtung.

Das "Luxemburger Wort" berichtet insgesamt auch nicht sehr umfangreich über die anderen Teilregionen, bei den ausführlicheren Beiträgen dominiert klar die Region Trier. Für die "Saarbrücker Zeitung" lassen sich keine regionalen Schwerpunkte feststellen. Die Bilanzierung für den "Trierischen Volksfreund" ergibt, dass überwiegend Beiträge (Berichte, Kurzmeldungen und private Anzeigen, insbesondere Stellenanzeigen) aus Luxemburg (430 Beiträge 64 Prozent) veröffentliche wurden. Hierbei fallen vor allem die redaktionellen Beiträge zum Thema "Arbeiten in Luxemburg" sowie die Stellenanzeigen ins Gewicht Ergebnis der großen Pendlerbewegungen von Trierer Bürgern zum Arbeitsplatz in Luxemburg. Im längerfristigen Vergleich fällt auf, dass sich die Zahl der Beiträge über kulturelle Veranstaltungen in Luxemburg sowohl Ankündigungen wie Rezensionen seit über einem Jahr signifikant erhöht hat. Dies schließt auch die Werbung privater Veranstalter mit ein, wo man von einer regelrechten Werbeoffensive sprechen kann. In Luxemburg scheint man genau erkannt zu haben, dass im Raum Trier viele potentielle Besucher wohnen, die auch zu einer Auslastung des großen Kulturangebotes in Luxemburg beitragen. Zur Region Lothringen oder zur Stadt Metz fand sich dagegen im Untersuchungszeitraum kein einziger Artikel im TV.

Es gibt auch vorbildhafte Beispiele: Wöchentlich berichtet der TV auf einer eigenen "Luxemburg-Seite" über alle Bereiche des öffentlichen Lebens in Luxemburg angereichert mit einem kleinen Sprachlexikon ausgewählter Begriffe auf luxemburgisch. Keine der drei anderen Zeitungen veröffentlicht eine vergleichbare Sonderseite über eine ihrer Nachbarregionen. Vorbildhaft sind ebenso die wöchentlichen Beilagen von SZ ("treffregion") und TV ("Rendezvous Regional"), in denen auch auf zahlreiche Veranstaltungen in den drei Partnerstädten und -regionen hingewiesen wird.

Insgesamt gilt aber für alle Zeitungen, dass der Umfang der redaktionellen Berichterstattung über Ereignisse jenseits der Grenzen zum Teil bescheiden und sehr ausbaufähig ist. Daraus abgeleitet wäre etwa zu überlegen, in den vier Zeitungen regelmäßig Raum zu lassen für Berichte aus den jeweils drei anderen Partnerstädten des Städtenetzes unter dem Stichwort QuattroPole. Die präzise Sammlung, aller Meldungen über drei Monate hat gezeigt, dass genügend Informationen vorhanden sind es fehlt offensichtlich nur daran, diese Informationen entsprechend sprachlich aufbereitet den anderen Redaktionen zur Verfügung zu stellen. Hier könnte und sollte QuattroPole entsprechende Denkanstöße geben.


2. Stadtmagazine sollten - gerade im Hinblick auf die Zielgruppe junger Menschen - interkulturellen Austausch über die Grenzen fördern.

Mit dem gleichen Untersuchungsansatz wie bei den Tageszeitungen wurden parallel Stadtmagazine untersucht. Ihr Potential zur Darstellung der kulturellen Vielfalt in der Großregion und der QuattroPole-Städte ist keinesfalls zu unterschätzen. Sie bieten ein großes Potential an Informationen über die Partnerstädte, da ein relativ großes jüngeres Publikum angesprochen wird und die Infos kostenfrei dem Bürger an vielen Orten zur Verfügung stehen. Zudem bieten die Magazine den Veranstaltungsorten die Chance, ein größeres Publikum anzusprechen und sich über die Grenzen der eigenen Region hinaus zu positionieren.

Das wichtigste Ergebnis ist, dass die "Stadtmagazine" sich in der Regel nicht auf Informationen aus der jeweiligen Stadt beschränken, sondern meist wesentlich mehr grenzüberschreitende Informationen enthalten als der Titel vermuten lässt. Die Leser erhalten zum Teil ein breit gefächertes Angebot über Ereignisse in den Nachbarstädten allerdings nicht überall: Im Gegensatz zu den deutschen und französischen Magazinen enthielten die Luxemburger Stadtmagazine ausschließlich Hinweise auf Veranstaltungen im eigenen Land. Umgekehrt berichten die deutschen Magazine besonders intensiv über einzelne Luxemburger Kultureinrichtungen wie "Philharmonie", "Grand Théâtre", "den Atelier" oder "Rockhal" und "Kulturfabrik" in Esch.

Das Beispiel der massiven Präsenz Luxemburger Veranstaltungsorte sowohl in Form von redaktionellen Beiträgen als auch von Anzeigen sollte entsprechende Einrichtungen in Trier, Saarbrücken und vor allem Metz zur Nachahmung animieren. Auch diese Städte haben ein reges kulturelles Angebot, worüber mehr in den Nachbarstädten berichtet werden könnte.


3. Die Informationsangebote der Städte über die Partnerstädte sind unbefriedigend und sollten erheblich ausgebaut werden.

Im Jahr 2004 fassten die Bürgermeister von QuattroPole einen zukunftsweisenden Beschluss, den Gedanken des Städtenetzes "Vielfalt ganz nah" dadurch umzusetzen, dass in jeder Stadt eine einheitlich in Größe und Aufmachung beleuchtete und sich drehende Säule ergänzt um einen Informationsständer mit einem breiten Angebot an Informationen über die drei anderen Städte aufgestellt werden sollte.

Das Ergebnis einer regelmäßigen Bestandsaufnahme der Studenten über mehrere Monate hinweg in den Rathäusern und anderen Info-Stellen fällt qualitativ und quantitativ sehr unterschiedlich aus. Technisch und optisch gut umgesetzt ist das Konzept nur im Trierer Rathaus, andererseits konnten die vorgefundenen Informationsangebote über die anderen Partnerstädte im Untersuchungszeitraum nur in Saarbrücken überzeugen. Erhebliche organisatorische Defizite wurden dagegen in Luxemburg und Metz registriert.

Leitidee gut, Umsetzung unbefriedigend. Ziel muss sein, dass sich jeweils alle Städte permanent mit interessanten und aktuellem Material in den Partnerstädten präsentieren und nicht nur sporadisch. Der Bürger sollte die Gewissheit haben, dass er im Rathaus immer die neuesten und vielseitigsten Informationen über die drei Partnerstädte erhalten kann.


4. Grenzüberschreitende Werbung für Kultur als Voraussetzung für mehr interkulturellen Austausch ist wesentlich auszubauen.

Grenzüberschreitendes Einkaufen ist schon lange zu einer Selbstverständlichkeit in der Großregion geworden. Der Einzelhandel hat das Potential an Kunden jenseits der Grenzen längst erkannt. Dies zeigen auch die zahlreichen Anzeigen in allen vier regionalen Zeitungen.

Dagegen ist das Kundenpotential für kulturelle Veranstaltungen jenseits der Grenzen noch weitgehend nicht erkannt. Befragt wurden in Trier das Theater, die Konstantin-Ausstellungsgesellschaft, das Rheinische Landesmuseum sowie das Städtische Museum; in Saarbrücken das Saarländische Staatstheater, die Congresshalle und Saarlandhalle sowie die Völklinger Hütte; in Luxemburg das Grand Théâtre und die Philharmonie. Fast alle Kultureinrichtungen sind nicht in der Lage, zur regionalen Herkunft ihrer Besucher konkrete Angaben zu machen. Ebenso ist Werbung, öffentlicher Kulturträger über die Grenze relativ wenig zu spüren. Positiv dagegen die Philharmonie Luxemburg, die als einzige Kultureinrichtung in allen vier Städten und darüber hinaus präsent ist: In allen Stadtmagazinen, mit zahlreichen Flyern und Plakaten zu Einzelveranstaltungen an zahlreichen kulturellen Orten und in Geschäften der Partnerstädte sowie ebenso mit gezielt verschickten Monats- und Jahresprogrammen. Gelegentlich sogar mit dem Angebot eines Bustransfers von Trier aus und zurück zu einzelnen Veranstaltungen. Dieses sollte Vorbild für andere öffentliche und private Kultureinrichtungen sein.

Ein gelungenes Beispiel von Kooperation ist ein gemeinsamer Konzertspielplan des Rundfunkorchesters Saarbrücken, des Orchestre national de Lorraine in Metz und des Orchestre philharmonique du Luxembourg, der für jede der Städte die entsprechenden Aufführungen einer ganzen Konzertsaison enthält mit praktischen Hinweisen zum Kartenvorverkauf. Leider war die Stadt Trier dort nicht vertreten.

Aus einzelnen Expertengesprächen ist immerhin deutlich geworden, dass im Zusammenhang mit dem Großereignis "Luxemburg Kulturhauptstadt Europas 2007", wie etwa der Konstantin-Ausstellung in Trier, eine Bewusstseinsänderung erwartet wird. Es ist zu hoffen, dass dies ebenso für die anderen Kulturveranstaltungen gilt und nicht auf das Großereignis in 2007 beschränkt bleibt. Hier sollte das Städtenetz QuattroPole entsprechende Denkanstöße liefern.


5. Die Bürgerbefragung hat zum Teil erhebliche Defizite in der Wahrnehmung der unmittelbaren Nachbarstädte von Trier aufgedeckt, die dringend Handlungsbedarf erkennen lassen.

Aus dem umfangreichen Fragenkatalog werden exemplarisch nur einige Antworten dargestellt.

Die Frage "Wie gut kennen Sie persönlich die Nachbarstädte?" wurde für die drei Städte sehr unterschiedlich beantwortet: 45 Prozent der Befragten kennen die Stadt Metz überhaupt nicht, nur 13 Prozent kennen sie gut. Die nächstgelegene Stadt Luxemburg hingegen kennt fast jeder zweite Befragte sehr gut oder ganz gut. Die Antworten zu Saarbrücken liegen dazwischen: Mehr als ein Viertel kennt die Stadt sehr gut oder ganz gut, aber fast 40 Prozent antworten weniger gut und jeder Dritte kennt sie kaum oder gar nicht.

Auf die Frage "Was meinen Sie, wie lange braucht man etwa mit dem PKW von Trier nach Metz?" konnten neun von zehn eine Antwort geben, allerdings lagen davon nur etwa 44 Prozent richtig auch unter Berücksichtigung von unterschiedlichem Fahrstil und Verkehrslage. 56 Prozent hatten die Entfernung falsch eingeschätzt (Laut Michelin-Routenplaner ist die korrekte Antwort eine Stunde und neun Minuten). Ein Viertel der befragten Personen schätzten den Zeitaufwand mit mehr als 1,5 Stunden und zum Teil mit über zwei Stunden viel zu hoch ein.

Auf die Frage "Können Sie ungefähr die Entfernung von Trier zu den Nachbarstädten schätzen?" gaben die Befragten für Luxemburg und Saarbrücken mit großer Mehrheit richtige Antworten, bei Metz wiederum wurden mehrheitlich falsche oder gar keine Angaben gemacht: Fast jeder Fünfte konnte oder wollte keine Angaben machen, dies ist der höchste Anteil bei allen drei Städten. Die Antworten teilen sich wie folgt auf:

Im Michelin-Routenplaner ist die Entfernung von Trier nach Metz mit 112 Kilometer angegeben. Nur etwa 35 Prozent liegen richtig. Fast 40 Prozent der Befragten schätzten die Entfernung größer ein, als sie tatsächlich ist. Zum Teil verschätzten sich die Befragten um das Doppelte (über 200 Kilometer).

Die Frage "Haben Sie im vergangenen Jahr Saarbrücken, Luxemburg oder Metz privat besucht und wenn ja, wie oft", bejahten nur 22 Prozent für die Stadt Metz - ein Ergebnis, das nach den Antworten auf die vorherigen Fragen nicht überrascht. Mehr als jeder zweite gab an, im vergangenen Jahr Saarbrücken mindestens einmal besucht zu haben. Bei Luxemburg gaben mehr als zwei Drittel an, die Stadt besucht zu haben - 13 Prozent sogar mehr als zehn mal im Jahr.

Die Fragen nach beruflichen Kontakten sowie nach Verwandten und Freunden in den Nachbarstädten brachten überraschende Ergebnisse: Die höchste Zustimmung gab es nicht bei beruflichen und verwandtschaftlichen Kontakten, sondern auf die Frage, ob die Befragten Freunde in den drei Städten haben. 26 Prozent gaben an, dass sie Freunde in Saarbrücken haben, dicht gefolgt von Luxemburg mit 24 Prozent. Immerhin fünf Prozent der Trierer Bürger unterhalten Freundschaften mit Metzer Bürgern.

Zusammenfassend ist zu vermerken, dass 20 Jahre nach dem Abkommen von Schengen die Beziehungen der Trierer zu Luxemburg offensichtlich recht eng geworden sind etwa im gleichen Ausmaß wie zur saarländischen Metropole. Negativ fallen allerdings Informationsdefizite und Defizite in der Wahrnehmung gegenüber der lothringischen Metropole Metz auf, so gibt allein schon eine weit verbreitete Fehleinschätzung der Distanzen nach Metz zu denken. Ist hier vielleicht doch noch die Grenze im Kopf vorhanden? Hier wird dringend Handlungsbedarf im Bezug auf Triers älteste Partnerstadt gesehen. Denn damit schließt sich der Kreis: Weniger Wissen, keine Informationen über Metz in der Zeitung und wenig Informationen vor Ort lassen auch kein spontanes Interesse oder Neugierde auf die andere Stadt wach werden.


6. Defizite in der französischen Sprache sind erkennbar und sollten abgebaut werden

Jeder 3. Befragte sagt von sich, er spricht entweder gut französisch oder es reicht zur alltäglichen Verständigung. Umgekehrt heißt dies, dass zwei Drittel aller Trierer nur geringe oder gar keine Französischsprachkenntnisse haben. Das Ergebnis überrascht nur dann, wenn die aktuelle Diskussion um Förderung der französischen Sprache schon im Kindergarten und in der Grundschule den Blick auf das Sprachvermögen der erwachsenen Trierer verstellt. Allerdings berichten die Sprachinstitute, gleichgültig ob öffentlich oder privat, von einem klaren Vorsprung in der aktuellen Nachfrage nach französisch gegenüber englisch; nach Aussage der Experten werden die Sprachkurse mehrheitlich aus beruflichen Gründen besucht, das heißt, die Bürger haben sich auf die neuen Herausforderungen auf dem Arbeitsmarkt Luxemburg eingestellt. Insofern sollten die Versuche zum Erlernen der französischen Sprache in Vorschule und Schule in noch größerer Intensität fortgeführt werden.


Fazit

Es bleibt zum jetzigen Zeitpunkt offen, wie stark das Meinungsbild der Bürger in den drei Partnerstädten von den Trierern abweicht. Die Ergebnisse einer weiteren Bürgerbefragung in Saarbrücken im Wintersemester 2006/07 im Rahmen einer Projektstudie unter der Leitung von Peter zur Nieden werden Aufschluss darüber bringen.

Besonders erfreulich ist, dass das an der Universität Trier konzipierte und erarbeitete Ergebnis bei den politisch Verantwortlichen und bei den Mitarbeitern in den Verwaltungen im Städtenetz QuattroPole sowie auch bei den Journalisten breites Interesse gefunden hat.


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Quelle:
Unijournal 1/2007 - Zeitschrift der Universität Trier, S. 46-49
Jahrgang 33/2007
Herausgeber: Der Präsident
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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Dezember 2007