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MELDUNG/037: Anteile nichtehelicher Geburten steigen europaweit an (idw)


Leibniz-Institut für Länderkunde - 25.08.2010

Anteile nichtehelicher Geburten steigen europaweit an

Aktuelle Karten und Grafiken des Leibniz-Instituts für Länderkunde zeigen beim europaweiten Vergleich der nichtehelichen Geburten große regionale Unterschiede


Der Anteil der unehelich geborenen Kinder an allen Geburten ist in den letzten Jahren fast überall in Europa gewachsen. Die Entwicklung verläuft indes alles andere als einheitlich: Während in Skandinavien und den Beneluxstaaten weniger als die Hälfte der Kinder in klassischen Familien geboren werden, liegen die Nichtehelichenquoten in Teilen Polens und in Griechenland trotz Zuwachs immer noch unter zehn Prozent. Das und mehr geht aus den Karten und Grafiken hervor, die das Leibniz-Institut für Länderkunde (IfL) jetzt in seinem Online-Nationalatlas ( http://aktuell.nationalatlas.de ) veröffentlicht hat.

Wie die Europakarte des IfL zeigt, sind die regionalen Unterschiede der Nichtehelichenquote bei Neugeborenen nirgendwo so groß wie in Deutschland: Im Osten ist der im europäischen Vergleich hohe Anteil von 1997 bis 2007 nochmals deutlich angestiegen; im Westen werden wesentlich weniger Kinder in Beziehungen ohne Trauschein geboren, die Nichtehelichenquote ist hier in den vergangenen Jahren sogar unterdurchschnittlich gewachsen.

Als Ursachen für den Anstieg der Nichtehelichenquote sieht der IfL-Wissenschaftler Tim Leibert den gesellschaftlichen Wertewandel, besonders in Fragen der Sexualmoral, die Individualisierung und Säkularisierung sowie die Emanzipation der Frau. In Deutschland sei die Akzeptanz unverheirateter Familien im Osten höher als im Westen. "Die Unterschiede sind aber nicht so ausgeprägt wie bei der Nichtehelichenquote", so Leibert. Nach seinen Erkenntnissen haben nichteheliche Lebensgemeinschaften mit Kind in Ost- und Südosteuropa das schlechteste Ansehen.

Leibert weist darauf hin, dass es ein Irrtum ist, wenn nichteheliche Geburten mit ungewollten Schwangerschaften und allein erziehenden Müttern in Verbindung gebracht würden. "Viele uneheliche Kinder sind heute gewollt und geplant", stellt der Geograph und Bevölkerungsexperte richtig. Anders als in früheren Zeiten sei für viele Paare eine Schwangerschaft zudem kein triftiger Heiratsgrund mehr.

Leibert hat bei seinen Untersuchungen außerdem herausgefunden, dass nichteheliche Geburten als traditionelles Merkmal von Urbanität mehr zu einer Erscheinung der ländlich-peripheren Räume geworden sind. Vor allem in Belgien, Frankreich und Skandinavien zeichneten sich die Hauptstadtregionen durch unterdurchschnittliche Nichtehelichenquoten und schwächere Zuwächse aus. In London geht der Anteil unehelich geborener Kinder sogar zurück. Leibert führt das überraschende Phänomen auf ethnische Faktoren zurück: In der Metropole leben überdurchschnittlich viele Muslime und Hindus, bei denen die Nichtehelichenquote aus religiösen und kulturellen Gründen besonders niedrig ist.

Der vollständige Artikel ist nachzulesen unter http://aktuell.nationalatlas.de . Alle Karten und Diagramme sind dort online verfügbar und stehen zusätzlich als PDF-Dokumente zum Herunterladen bereit.


In der Online-Zeitschrift Nationalatlas aktuell veröffentlicht das Leibniz-Institut für Länderkunde regelmäßig Beiträge zu Ereignissen aus Wirtschaft, Gesellschaft, Kultur, Politik und Umwelt. Im Mittelpunkt stehen eigene Karten und Grafiken sowie von Experten geschriebene Begleittexte. Jüngere Beiträge beschäftigen sich unter anderem mit dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt für Jugendliche und mit der steigenden Zahl ausländischer Gewerbeanmeldungen.

Weitere Informationen unter:
http://aktuell.nationalatlas.de
http://www.ifl-leipzig.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/pages/de/institution158


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Leibniz-Institut für Länderkunde, Dr. Peter Wittmann, 25.08.2010
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 27. August 2010