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ERWACHSEN/053: Mit mehr Medienkompetenz zu besseren Berufschancen für Benachteiligte (idw)


Universität Leipzig - 18.10.2013

Mit mehr Medienkompetenz zu besseren Berufschancen für Benachteiligte

von Sven Eichstädt



Medienpädagogen der Universität Leipzig wollen die Berufschancen von Auszubildenden verbessern, indem sie deren Medienkompetenz fordern und fördern. "Mit dem Medienwandel verbunden ist die zunehmende Durchdringung des Alltags mit Medien, die Mediatisierung und Digitalisierung unserer Lebens- und Arbeitswelten", sagt Dr. Guido Bröckling, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bereich Medienpädagogik und Weiterbildung am Institut für Kommunikations- und Medienwissenschaft der Universität Leipzig.

Er begleitet in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Thomas Hofsäss (Lernbehindertenpädagogik) das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und dem Europäischen Sozialfonds finanzierte Projekt "Gadime - Ganzheitliche digitale Medienkompetenz" wissenschaftlich. Es steht unter der Leitung von Prof. Dr. Bernd Schorb vom Institut für Kommunikations- und Medienwissenschaft.

"In und mit Medien zu handeln, kann damit als grundlegende kommunikative Teilhabe der Menschen einer Mediengesellschaft gelten", ergänzt Bröckling. "Bildung und Arbeit sind heute ebenso wenig von den digitalen Medien zu lösen wie die Freizeit." Bei dem Projekt wird unter anderem erforscht, ob und wie im Kontext von sozialen Netzwerken oder digitalen Plattformen wie Youtube Kooperations-, Orientierungs- und Produktionskompetenzen von Auszubildenden weiterentwickelt werden können. "Damit soll einer drohenden digitalen Spaltung der Gesellschaft, die durch unterschiedliche Ressourcen im Zugang zu digitalen Medien entsteht, möglichst entgegengewirkt werden", erläutert Bröckling, der zusammen mit Julia Glade und Prof. Schorb die wissenschaftliche Auswertung des Projektes übernommen hat.

Mit digitaler Spaltung ist die gesellschaftliche Ungleichheit im Zugang und in der Aneignung digitaler Medien gemeint. An dem im Oktober 2012 begonnenen Projekt, das bis August 2015 andauern wird, sind außerdem der Verein Minor - Projektkontor für Bildung und Forschung aus Berlin als Praxispartner und Projektkoordinator und das Kompetenzzentrum für Nachhaltiges Bauen in Cottbus als überbetriebliche Ausbildungsstätte des Bauindustrieverbandes Berlin-Brandenburg beteiligt.

Die Medienpädagogen von Minor erproben im Kompetenzzentrum Lernprojekte mit Auszubildenden und Ausbildern zur Förderung von Medienkompetenz und Medienhandeln in der beruflichen Qualifizierung. Im Kompetenzzentrum verbringen Auszubildende des Bauhandwerks neben der Berufsschule und ihrem Betrieb einen Teil ihrer Ausbildung. "Wir wollen den Jugendlichen bei ihrem Qualifizierungsprozess helfen und ihnen zugleich einen kritisch-reflexiven Umgang mit Medien vermitteln", berichtet Bröckling. "Benachteiligungen, die sie möglicherweise haben, wollen wir ausgleichen, indem wir durch die Förderung eines reflexiv-praktischen Umgangs mit digitalen Medien ihre Kompetenzen stärken."

Nach dem ersten Jahr des Projektes haben die beteiligten Medienpädagogen den Eindruck gewonnen, dass Jugendliche anders als erwartet das Internet sehr gezielt nutzen. "Das Gerücht, dass sie über Facebook die ganze Zeit nur Bilder austauschen, stimmt offenbar nicht", berichtet der Wissenschaftler. "Die Jugendlichen, mit denen wir in diesem Projekt arbeiten, nutzen digitale Medien ganz gezielt und wissen durchaus mit ihnen umzugehen." Zu den Vorschlägen, welche die Medienpädagogen den Jugendlichen und ihren Ausbildern unterbreiten, gehört zum Beispiel, dass diese ihre Arbeitsschritte im Kompetenzzentrum filmen und dann über die Plattform Youtube auch anderen Auszubildenden zugänglich machen.

Bisher ist es in der Ausbildung üblich, dass die künftigen Facharbeiter ihre neu gelernten Ausbildungsabschnitte in Arbeitsheften schriftlich dokumentieren. "Wir fragen, ob es nicht besser ist, digitale Medien dafür zu nutzen", erläutert Bröckling. Nach dem ersten Schritt, bei dem das selbständige gegenseitige Lernen der Jugendlichen im Vordergrund steht, sollen die Ausbilder geschult werden, wie sie digitale Medien für ihre Ausbildung nutzen und einsetzen können.

Um die Entwicklung der Medienkompetenz von Jugendlichen noch besser einschätzen und vergleichen zu können, planen die Mitarbeiter des Projektes, weitere Ausbildungszentren und außerdem Berufsschulen in das Projekt einzubeziehen, die sich außerhalb Brandenburgs befinden. Dann werden Vergleiche nicht nur zwischen verschiedenen Auszubildenden, sondern auch zwischen unterschiedlichen Bundesländern möglich sein. Für Mitte des kommenden Jahres ist vorgesehen, erste Forschungsergebnisse des Projektes "Gadime" zu publizieren.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution232

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Universität Leipzig, Susann Huster, 18.10.2013
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Oktober 2013