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SCHULE/266: Lernen durch die Künste (idw)


Julius-Maximilians-Universität Würzburg - 31.03.2009

Pädagogik: Lernen durch die Künste


Organisiert von der Schulpädagogin Dr. Petra Weingart hat im März die erste internationale Konferenz zum Thema "Lernen durch die Künste" an der Universität Würzburg stattgefunden. Unter anderem nutzte eine Delegation dänischer Schuldirektoren, Lehrer und Musiker die Gelegenheit, um sich einen Eindruck von dem ursprünglich kanadischen Bildungsprogramm zu verschaffen. Die designierte Vizepräsidentin und Inhaberin des Lehrstuhls für Grundschulpädagogik und Grundschuldidaktik Margareta Götz hat die Konferenz eröffnet.

Man nehme: einen am Unterrichten interessierten Künstler, einen Neuem gegenüber aufgeschlossenen Lehrer und die dazugehörige Schulklasse. Fertig sind die Zutaten für das Programm "Lernen durch die Künste". Seinen Ursprung hat das Bildungsprogramm an Kanadas Royal Conservatory of Music in Toronto. Von dort machte es sich Mitte der 90er-Jahre auf den Weg, um weltweit unter dem Namen Learning Through The Arts (LTTA) eine neue Unterrichtsform an den Schulen zu etablieren.


Würzburg übernimmt die Vorreiterrolle in Deutschland

In Deutschland laufen die Fäden an der Universität Würzburg zusammen. Seit 2006 hat sich Dr. Petra Weingart, Dozentin der Schulpädagogik, der Aufgabe angenommen, das Programm auch an hiesigen Schulen in die Tat umzusetzen. Dafür bildet sie Künstler, Lehrer und Studierende entsprechend der LTTA-Gedanken aus. Gleichzeitig läuft am Lehrstuhl für Schulpädagogik die wissenschaftliche Untersuchung des Erfolgs der neuen Methode. Inzwischen beteiligen sich acht Schulen mit insgesamt 26 Klassen und 360 Schülern aus Unterfranken an dem Projekt.

Und wie sieht das konkret aus? Beispielsweise so: Deutschunterricht in der 10. Klasse eines Würzburger Gymnasiums; auf dem Stundenplan stehen Schillers "Räuber". "Wir haben die Handlungsorte untersucht und dann eine Landkarte mit dem Räuberwald und den angrenzenden Ländern Franken, Sachsen, Böhmen gezeichnet. Durch diese 'Wanderung' durch die Szenen haben die Schüler ein tieferes Textverständnis bekommen", sagt Ines Schwerd.

Schwerd ist Diplom-Lehrerin für Kunsterziehung und seit acht Jahren freischaffende Künstlerin mit eigenem Atelier in Würzburg. Im LTTA-Programm ist die Malerin Lead-Artistin, das heißt, sie besucht nicht nur selbst Schulklassen, sondern bildet auch andere Künstler aus. In der Deutschklasse hat sie nicht allein Landkarten zeichnen lassen; die Schüler sollten sich auch Gedanken über die Charaktere der handelnden Personen machen und dazu passende Porträts malen. "Von sehr fein differenzierten Darstellungen bis zu farbgewaltigen, expressiven Gemälden war alles vertreten", sagt Schwerd.


Andere Lernkanäle führen zu besseren Erfolgen

"LTTA ist die umfangreichste Schulinitiative der Welt. Ihr Ziel ist, es Kindern zu erleichtern, selbst Lehrstoffe zu erschließen, ihnen Zugang zu künstlerischen Techniken zu ermöglichen und damit Lernerfolge spannend und spielerisch zu erreichen", schildert Petra Weingart den Grundgedanken des künstlerischen Programms. Und warum das Ganze? "Aus wissenschaftlichen Studien ist bekannt, dass nur 18 Prozent der Schüler über Sprache lernen. Die anderen benötigen andere Kanäle wie das Hören, das Sehen oder die Bewegung", sagt die Pädagogin. Wenn Lehrer also dazu in die Lage versetzt werden, auch andere Lernkanäle zu berücksichtigen, könnten mehr Schüler besser erreicht werden.

Bei LTTA kommen deshalb besonders ausgebildete Künstler in die Schulen, entwickeln in enger Zusammenarbeit mit den Fachlehrern Unterrichtseinheiten und setzen dann die Anforderungen des Lehrplans mit den kreativen Möglichkeiten der Künste um. So wird zum Beispiel Mathematik durch Tanz zum Körpererlebnis, Geschichte durch Musik lebendig und durch die Bildende Kunst werden Naturwissenschaften auf neue Art veranschaulicht.

Als Dozentin an der Universität Würzburg kümmert sich Petra Weingart darum, auch angehende Lehrer bereits während ihres Studiums mit dem Konzept von LTTA vertraut zu machen. Mit durchwegs positiver Resonanz, wie Weingart berichtet: "Ein Mathematikstudent, der an einem Tanz-Workshop teilgenommen hat, hat mir hinterher gesagt, dass er als Schüler gerne solch einen Unterricht erlebt hätte." Umso wichtiger finde er es, bereits im Studium LTTA kennen lernen zu können - und nicht erst später in Form von Fortbildungen. Auch Dänemark hat Interesse an der Integration der Künste.


Das Konzept stößt auch in Dänemark auf Interesse

Aus diesem Grund war zur ersten internationalen LTTA-Konferenz eine Delegation dänischer Schuldirektoren, Lehrer und Musiker angereist und nahm an der Weiterbildungsveranstaltung teil. "Auch im dänischen Schulsystem gibt es den Wunsch nach einer nachhaltigen Integration der Künste im Unterricht", sagt Petra Weingart. Ähnlich dem deutschen System gebe es dort diverse Formen und Versuche, Kunst in die Schulen zu holen, die aber wegen des zeitlich begrenzten Projektcharakters keine langfristigen Lernerfolge sichern könnten.

"Learning Through The Arts" biete mit dem programmeigenen konzeptionellen Rahmen für eine fortlaufende Zusammenarbeit von Fachlehrern und Künstlern in den Schulklassen aller Schularten dafür die passende, neue Perspektive.

Mehr Informationen unter:
www.ltta.ca

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/pages/de/institution99


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Julius-Maximilians-Universität Würzburg, Robert Emmerich, 31.03.2009
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 2. April 2009