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SCHULE/490: Kulturelle Bildung langfristig im Bildungssystem verorten (idw)


Philipps-Universität Marburg - 02.02.2017

Kulturelle Bildung langfristig im Bildungssystem verorten

Erster Jahrgang des Weiterbildungsmasters "Kulturelle Bildung an Schulen" verabschiedet


20 Lehrer/innen, Künstler/innen und Kulturvermittler/innen sind die ersten Absolvent/innen des berufsbegleitenden Masterstudiengangs "Kulturelle Bildung an Schulen" an der Philipps-Universität Marburg. Sie erhielten ihre Abschlusszeugnisse Ende Januar in der Aula der Alten Universität. "Es hat sich gezeigt, dass wir eine Qualifikation für diejenigen brauchen, die sich an der Schnittstelle von Schule und kultureller Bildung bewegen", sagte der Schulpädagoge, Mit-Initiator und Geschäftsführer des Studiengangs, Christian Kammler. "Wir wollen den Studiengang langfristig in der Bildungslandschaft verorten", betonte die Tanzpädagogin Brigitte Heusinger von Waldegge vom Fachbereich Erziehungswissenschaften. Der Weiterbildungsmaster wurde 2014 im Rahmen einer Kooperation zwischen der Marburger Universität und der ALTANA Kulturstiftung eingerichtet.

Die Vizepräsidentin für Studium und Lehre, Prof. Dr. Evelyn Korn, hob in ihrem Grußwort hervor: "Durch das Studienangebot und die Arbeit der Absolventinnen und Absolventen kommt ein neuer Aspekt in das Bildungssystem, das ansonsten sehr stark von Berufsorientierung geprägt ist." Korn dankte den anwesenden Unterstützern des Studiengangs sowie namentlich der Schirmherrin Susanne Klatten.


Eigene Ausdrucksmöglichkeiten entwickeln

Für Wulf-Michael Kuntze, Ministerialdirigent im Hessischen Kultusministerium, ist kulturelle Bildung eine Querschnittsdisziplin. "Kulturelle Bildung ist konstituierender Teil von allgemeiner Bildung", sagte er in seinem Grußwort. "Sie bietet Kindern und Jugendlichen die Chance, neue Perspektiven auf die Welt einzunehmen." Auch die Kunstschaffenden profitieren aus seiner Sicht davon. "Sie erhalten Einblick in die Lebenswelt der Schüler, was sie wiederum inspirieren kann." Kuntze betonte die positive Wirkung von kultureller Bildung auf die Persönlichkeitsentwicklung. "Eine Begrenzung auf kognitives Lernen wäre eine Verengung des Bildungsverständnisses." Das Kultusministerium vergibt im Rahmen des eigenen KulturSchul-Programms deshalb auch Teilstipendien an Lehrer/innen der hessischen "KulturSchulen" zur gezielten Professionalisierung durch den Master.

"Kulturelle Bildung erweitert die Wahrnehmungsfähigkeit, Handlungsmöglichkeiten und Gestaltungsfähigkeiten", sagte die Marburger Erziehungswissenschaftlerin Prof. Dr. Heike Ackermann. An die Absolvent/innen gerichtet betonte sie: "Sie sind Akteure und Innovatoren, die Distanz zum Notengeschäft der Schule haben. Sie sehen die Lernerfolge der Schüler in vielfältiger Perspektive. Sie sehen ihre Freude am Hervorbringen von Gestaltungsformen."


Kulturelle Bildung: Gesellschaftspolitische Verantwortung für Stiftungen

Die ALTANA Kulturstiftung hat nicht nur gemeinsam mit dem Fachbereich Erziehungswissenschaften den Masterstudiengang "Kuturelle Bildung an Schulen" ins Leben gerufen, sondern führt auch an vier Schulen das KulturTagJahr durch und trägt dort dazu bei, Lehrer/innen und Künstler/innen im Bereich kultureller Bildung zu schulen und den Austausch zwischen ihnen zu fördern, berichtete Dr. Andrea Firmenich. Daher ist für sie der Master ein zentraler Baustein, die Akteure in der Schnittstellenarbeit zu qualifizieren. Die Commerzbank-Stiftung vergibt vier Stipendien für den Weiterbildungsmaster Kulturelle Bildung an Künstler/innen und Kunstvermittler/innen und verleiht für ein besonders gelungenes Folgeprojekt einen Absolvent/innen-Preis. Astrid Kießling-Taşkin sagte, dass vor allem Künstler/innen gefördert werden, da sie oft nicht die Möglichkeit hätten, ein solches Studium zu finanzieren. Im Rahmen der vom Studiengang angestrebten bundesweiten Vernetzung unterstützt auch die PwC-Stiftung dessen Aktivitäten. Die Leiterin des Stiftungsteams der PwC-Stiftung, Prof. Dr. Susanne Hilger, berichtete, dass der Studiengang bundesweit mit 27 Schulen sowie kulturellen Institutionen des sogenannten Kultur.Forscher!- Netzwerks kooperiert und so nicht nur Hospitationsmöglichkeiten für die Studierenden schafft, sondern den beteiligten Institutionen auf regionalen und überregionalen Netzwerktreffen Impulse zur Weiterentwicklung gibt. Sie sicherte zu, dass "im Rahmen dieser Förderung in der nächsten Studiengangsdurchführung insgesamt sieben Studienplätze zur Verfügung gestellt werden."

"Wo sehen Sie kulturelle Bildung in zehn Jahren?", fragte die HR-Kulturredakteurin Rosemarie Tuchelt die Expert/innen aus der Universität und den Stiftungen. "Kulturelle Bildung wird genauso selbstverständlich wie Mathe oder andere Pflichtfächer", formulierte Dr. Andrea Firmenich von der ALTANA Kulturstiftung ihre Vision. Der Marburger Erziehungswissenschaftler Prof. Dr. Wolfgang Seitter sieht kulturelle Bildung auch als ein Element von Hochschulbildung: "Sie ist eine Möglichkeit der Selbstexploration für die Studierenden jenseits von Leistungspunkten." Astrid Kießling-Taşkin von der Commerzbank-Stiftung erwartet, dass kulturelle Bildung in die Wirtschaft und Gesellschaft hineingetragen werde.


"Raum für kulturelle Bildung muss in kleinen Schritten erkämpft werden"

Schulpädagoge Christian Kammler hob bei der Zeugnisverleihung hervor, dass das professionelle Miteinander sowohl die Studierenden als auch die Lehrenden geprägt habe. Jede/r war auf seinem Gebiet Expert/in und somit Impulsgeber/in für die anderen. Für die Absolvent/innen sprach Jeanette Biba. Sie betonte, dass die Teilnehmer/innen grundverschieden gewesen seien, und doch eine Gemeinschaft bildeten. "Im Studium sind besondere Räume entstanden, auch durch die intensive, feinfühlige Begleitung der Dozenten. Mit Expertise und Wertschätzung wurde jeder in dieser heterogenen Gruppe gefördert." Im Hinblick auf die berufliche Zukunft der Absolvent/innen zeichnete sie ein gemischtes Bild: Für einige hätten sich Türen geöffnet, andere erfahren noch wenig Wertschätzung. "Der Raum für kulturelle Bildung muss in kleinen Schritten erkämpft werden", so ihr Ausblick.

Die Absolvent/innen kommen aus den unterschiedlichsten Berufen - darunter Lehrer/innen, freiberufliche Künstler/innen, Museumspädagog/innen, Schauspieler/innen oder Tänzer/innen. Eine von ihnen ist Maike Häusling. Die Künstlerin arbeitet seit Kurzem als Referentin für kulturelle Bildung bei der ALTANA Kulturstiftung. Über ihr Studium sagt sie in einem Film über den Studiengang: "Ich weiß jetzt viel besser, in welchen Feldern ich gerne arbeiten möchte. Durch die Art der Zusammenarbeit hat sich meine Wahrnehmung verändert und ich weiß besser, welche Rahmenbedingungen es braucht, um kulturelle Bildung vermitteln zu können."

Marcus Kauer war vor Beginn des Weiterbildungsmasters Direktor einer Kulturschule, der Richtsbergschule in Marburg. Jetzt ist er im Hessischen Kultusministerium für kulturelle Bildung an Schulen zuständig. Der Austausch mit anderen Akteuren in der kulturellen Bildung war sein wichtigstes Motiv für das Studium. Er bringt den Sinn von kultureller Bildung folgendermaßen auf den Punkt: "Letztlich suchen wir nach Zugängen, nach Möglichkeiten für Kinder und Jugendliche, sich zu entdecken und herauszufinden, was sie selbst gut können."


Weitere Informationen:

Weiterbildungsmaster "Kulturelle Bildung an Schulen"
http://www.uni-marburg.de/fb21/studium/studiengaenge/wb-kubis/index_html

ALTANA Kulturstiftung:
http://www.altana-kulturstiftung.de/bildung-kunst-natur/master-studiengang/

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution376

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Philipps-Universität Marburg, Andrea Ruppel, 02.02.2017
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Februar 2017

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