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GESELLSCHAFT/350: Migration - wie das Ankommen gelingt. Zur Inklusion und Exklusion geflüchteter Menschen (idw)


Fachhochschule St. Pölten - 16.07.2019

Migration: wie das Ankommen gelingt. Forschung zur Inklusion und Exklusion von geflüchteten Menschen


Ob geflüchtete Menschen gut in der neuen Gesellschaft ankommen und von dieser aufgenommen werden, hängt vor allem von den Umständen in der Zeit des Ankommens ab. Der Ankommensprozess kann mehrere Jahre dauern. Sozialwissenschaftlerin Katharina Auer-Voigtländer von der Fachhochschule St. Pölten untersucht in ihrer Dissertation, wie geflüchtete Menschen den Ankommensprozess wahrnehmen, welche Faktoren das Ankommen beeinflussen und wie es gut gelingen kann.

"Ein geregelter Aufenthaltsstatus wirkt sich auf die Zeit des Ankommens positiv aus, da sich die Menschen besser auf das Neue einlassen können. Ganz wichtig ist in der Zeit des Ankommens und des Neuorientierens der Kontakt zur einheimischen Bevölkerung", erklärt Katharina Auer-Voigtländer, Forscherin am Ilse Arlt Institut für Soziale Inklusionsforschung der FH St. Pölten.

In ihrer Dissertation "Inklusions- und Exklusionspraxen im Kontext von Fluchtmigration. Subjektpositionierungen im Ankommensprozess" untersucht Auer-Voigtländer dieses Ankommen. Die Zeit dafür ist laut Auer-Voigtländer ein sehr individuell geprägter Zeitraum und umfasst oft viele Monate oder auch Jahre.

Perspektiven von Migrantinnen, Migranten und Akteuren der Ankunftsgesellschaft

Für ihre Arbeit führt Auer-Voigtländer Interviews zum Ankommensprozess mit Migrantinnen und Migranten durch. Diese stammen vor allem aus Syrien, Afghanistan und dem Iran. Auer-Voigtländer untersucht zudem Perspektiven der Menschen in der Ankommensgesellschaft und hat dazu BürgerInnen, politische EntscheidungsträgerInnen, freiwillige HelferInnen und Menschen befragt, die hauptberuflich mit geflüchteten Menschen arbeiten.

"Die Themen Flucht und Migration sind von hohen bipolaren Emotionen geprägt. Wir sehen hier Befürworterinnen und Befürworter, Migrationskritikerinnen und -kritiker und eine breite nicht agierende zum Teil unschlüssige Mitte", sagt Auer-Voigtländer.

Geflüchtete Menschen als Kommunikationsmedium

In den Ortsgemeinschaften laufen Auer-Voigtländer zufolge teilweise Prozesse ab, die die Inklusion und Exklusion von Zuwanderinnen und Zuwanderern beeinflussen, ohne aber in direkter Interaktion mit den betreffenden Zuwanderinnen und Zuwanderern zu stehen.

So komme es etwa vor, dass geflüchtete Menschen von Personen im Ort als Kommunikationsmedium gesehen werden, um den eigenen Status im sozialen (gemeindespezifischen) Kontext auszuhandeln.

"Die Diskussionen im Jahr 2015 haben gezeigt, dass die geflüchteten Menschen an sich sowie deren Lebensbedingungen bei den Menschen im Ort kaum im Fokus des Interesses gestanden sind. Die eigene Position in der Gesellschaft sowie das Ringen um Positionsvorteile gegenüber anderen Akteurinnen und Akteuren stand bei vielen Menschen der Aufnahmegesellschaft im Zentrum des Erlebens und Handelns", so Auer-Voigtländer.

Anregungen ableiten

Am Ende ihrer Dissertation will Auer-Voigtländer Anregungen ableiten, wie mit Herausforderungen aktueller Migrationsbewegungen konstruktiv umgegangen werden kann. Ihre Dissertation schreibt Auer-Voigtländer im Rahmen eines Promotionskollegs zu "Soziale Arbeit: Devianz und Soziale Kohäsion" an der Hochschule Emden/Leer und der Universität Vechta. Die NÖ Forschungs- und Bildungsges.m.b.H. (NFB) unterstützt die Arbeit finanziell. Die Dissertation war unter den nominierten Arbeiten beim "Best of Science Call Dissertationen 2017" der NFB, die vor kurzem öffentlich präsentiert wurden.


NÖ Forschungsverbund zu Migration
Mit dem Thema Migration beschäftigt sich Auer-Voigtländer auch an der FH St. Pölten im Rahmen des "Forschungsnetzwerks Interdisziplinäre Regionalstudien" (FIRST). In diesem Verbund haben sich sechs niederösterreichische geistes-, sozial- und kulturwissenschaftliche Institute zusammengeschlossen.

Die Fachhochschule St. Pölten ist in zwei Forschungsverbünden zu den Themen Migration und Ernährung beteiligt. Der Forschungsverbund Migration untersucht im Rahmen des Netzwerks die Lage von geflüchteten und migrierten Menschen in niederösterreichischen Gemeinden und die Rolle des "Migrationsraums Niederösterreich" vom 16. Jahrhundert bis in die Gegenwart.

Dissertation "Inklusions- und Exklusionspraxen im Kontext von Fluchtmigration. Subjektpositionierungen im Ankommensprozess."


Die Dissertation von Katharina Auer-Voigtländer wird vom NÖ Forschungs- und Bildungsges.m.b.H. (NFB) gefördert.
https://research.fhstp.ac.at/projekte/inklusions-und-exklusionspraxen-im-kontext-von-fluchtmigration.-subjektpositionierungen-im-ankommensprozess

Buchbeitrag zum Thema
Auer-Voigtländer, Katharina (2019): Positionierungs- und Interaktionsperspektiven unterschiedlicher gesellschaftlicher Akteur*innen im Kontext Fluchtmigration - und die Bedeutung dieser für Inklusions- und Exklusionsprozesse von Zuwander*innen.
Eine Forschungsnotiz, in: Brachees-Chyrek, Rita / Kallenbach, Tilman / Müller, Christina / Stahl, Lena (Hrg.): Bildungs- und Teilhabechancen geflüchteter Menschen. Kritische Diskussion in der Sozialen Arbeit,
Verlag Barbara Budrich, S. 243-254.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution1888

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Fachhochschule St. Pölten, 16.07.2019
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Juli 2019

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