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MELDUNG/124: Kein Tauwetter zwischen Mayweather und Pacquiao (SB)



Verhärtete Fronten verhindern nach wie vor das ultimative Duell

Wäre das spektakuläre Prestigeduell zwischen Manny Pacquiao und Floyd Mayweather jr. wie ursprünglich geplant am 13. März 2010 in Las Vegas über die Bühne gegangen, hätten Expertenschätzungen zufolge zwischen 1,3 und 1,7 Millionen Abnehmer im Pay-per-view-Fernsehen zugesehen. In der Rangfolge der kommerziell erfolgreichsten Kämpfe unterhalb des Schwergewichts wäre dies der zweite Platz hinter Mayweathers Duell mit Oscar de la Hoya gewesen. Die Golden Boy Promotions hatten bereits bei der Boxkommission des Bundesstaats Nevada die Austragung im MGM Grand beantragt. Andere Veranstaltungsstätten wie das Staples Center in Los Angeles und das Dallas Cowboys Stadium waren ebenfalls interessiert, doch hätte das MGM Grand mit Eintrittspreisen zwischen 500 und 2.500 Dollar sowie Closed-circuit-Übertragungen in Las Vegas die weitaus höchsten Umsätze generiert. Den beiden Boxern winkten Börsen von bis zu 40 Millionen Dollar, so daß kein nachvollziehbarer Grund dem derzeit bedeutendsten Kampf im Weltergewicht im Wege zu stehen schien.

Sowohl Pacquiao als auch Mayweather beanspruchen das Prädikat für sich, der weltbeste Boxer aller Gewichtsklassen der Gegenwart zu sein, was die Werbung für ihr Duell natürlich außerordentlich beflügelt. Ungeachtet bester sportlicher und ökonomischer Voraussetzungen wurde der Kampf jedoch auf Initiative Mayweathers verhindert, dessen Vater und zeitweiliger Trainer Floyd Mayweather sr. dem Philippiner schon früher die Einnahme verbotener Substanzen zur Leistungssteigerung vorgeworfen hatte, wofür es jedoch nicht den geringsten Beweis gibt. Mayweather verlangte die Zustimmung zu Bluttests nach Regeln der WADA, die wesentlich strenger als die sonst im Profiboxen angewandten Methoden sind. Pacquiao lehnt jedoch eine Blutabnahme unmittelbar vor dem Kampf ab, da er sich dadurch geschwächt fühlt.

Sein Lager kam Mayweather dennoch sehr weit entgegen und erklärte sich bereit, jederzeit eine Urinprobe sowie einen Bluttest vor der Pressekonferenz sowie unmittelbar nach dem Kampf zu gestatten. Wäre es dem US-Amerikaner tatsächlich nur um eine möglichst strenge Dopingkontrolle gegangen, hätte er zustimmen müssen, da die Blutprobe direkt nach dem Kampf de facto dem Status während desselben entspricht. Mayweather bestand jedoch auf einem Bluttest sogar beim offiziellen Wiegen, was Grund zur Annahme gibt, daß er den Philippiner entweder provozieren oder dessen Absage herbeiführen wollte.

Promoter Bob Arum und Trainer Freddie Roach zogen jedenfalls den naheliegenden Schluß, daß Mayweather einem Kampf gegen Pacquiao aus dem Weg gehen wolle, und warfen dem US-Amerikaner Feigheit vor. Dieser traue sich nicht, mit einem Gegner in den Ring zu steigen, der ihn besiegen könnte, wie das bei Manny Pacquiao allemal der Fall wäre. Mayweather hielt dagegen, daß der Philippiner offensichtlich etwas zu verbergen habe, wenn er sich nicht den strengsten Dopingtests stelle, und so eskalierte der Streit, bis die Fronten restlos verhärtet waren.

Daß beide außergewöhnlich gute Boxer sind und der Ausgang ihres Kampfs offen wäre, steht außer Frage. Der 33jährige Floyd Mayweather ist in 41 Kämpfen ungeschlagen, der zwei Jahre jüngere Manny Pacquiao hat 50 Siege, drei Niederlagen und zwei Unentschieden vorzuweisen. Beide haben die namhaftesten Gegner besiegt und waren Weltmeister in mehreren Gewichtsklassen, wobei der Philippiner mit Titeln in sieben verschiedenen Limits einsam an der Spitze steht. Mayweather gilt als der weltbeste Konterboxer, während Pacquiaos Offensive gefürchtet ist. Ihr Duell wäre mithin in sportlicher Hinsicht überaus reizvoll, zumal beide über enorme Nehmerqualitäten und Schlagwirkung verfügen.

Vor wenigen Tagen hat Floyd Mayweather mit seinem klaren Punktsieg gegen Shane Mosley ein weiteres Zeichen seines Könnens gesetzt und dabei härteste Treffer in der zweiten Runde verkraftet. Alle Wege führten zu ihm, verkündete der Sieger daraufhin großspurig wie immer, dessen boxerische Qualitäten noch von seiner Arroganz übertroffen werden. Manny Pacquiao hat im November Miguel Cotto und zuletzt Joshua Clottey demontiert. Nun kandidiert er in seiner Heimat um einen Sitz im Parlament und würde im Falle eines Erfolgs frühestens im November, andernfalls bereits im September oder Oktober wieder boxen.

Oscar de la Hoya und Mayweather, der bei ihm unter Vertrag steht, erklärten nach dem jüngsten Sieg, nun könne man die Bedingungen eines Kampfs gegen den Philippiner diktieren. Darauf erwiderte Bob Arum als Promoter Pacquiaos, dieser brauche Mayweather nicht. So etwas zu verlangen, sei schlichtweg dumm. Zugleich unterstrich er jedoch, daß dieses Duell einfach kommen müsse, was natürlich nur mit beiderseitiger Bereitschaft möglich sei. Auch der Sender HBO scheint nach wie vor diese Konstellation zu favorisieren, wobei sein Präsident Ross Greenburg dieser Tage einräumte, daß schon sehr viel Porzellan zerschlagen sei. Diesmal müsse man die Verhandlungen in aller Stille abwickeln und jede öffentliche Eskalation vermeiden.

Oscar de la Hoya, der vor dem Ende seiner Karriere gegen Mayweather, Pacquiao und Mosley gekämpft hat, bezeichnet Mayweather als den besten der drei überragenden Boxer. Dieser könne sich wie kein anderer in den Gegner hineinversetzen und dessen Schwächen im Ring gnadenlos offenlegen. Floyd sei der beste Boxer auf diesem Planeten, das stehe außer Frage: "Kämpfer kommen und gehen, doch über Boxer wie Mayweather werden wir immer sprechen. Er hat mir wahre Größe gezeigt." Wie diese Worte demonstrieren, versteht der "Golden Boy" sein Geschäft, dessen Vermarktungstalent Legende ist. Indessen ist Juan Manuel Marquez, der ebenfalls gegen Mayweather und Pacquiao gekämpft hat, derselben Meinung: Floyd Mayweather würde den Philippiner genauso besiegen wie die anderen 41 Gegner vor ihm.

Wie sich Mayweather dennoch beklagt, besiege er jeden, den man ihm vorsetze, ohne es dem Publikum jemals rechtmachen zu können. Ewig suche man nach einem Boxer, der stärker sei als er. Daß er mit seinem überheblichen und nicht selten unerträglichen Auftreten vor allem außerhalb des Rings selber dafür gesorgt hat, daß ihm nicht gerade die Sympathien zufliegen, scheint er zu vergessen. Den einzigen Gegner, der ihm tatsächlich gefährlich werden könnte, hält er sich mit seiner unsäglichen Dopingnummer vom Leib, die sich dem herrschenden Konsens auf diesem Gebiet in vorauseilendem Gehorsam andient.

8. Mai 2010