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MELDUNG/217: Skandinavier Robert Helenius will EU-Meister werden (SB)



Schwergewichtler trifft auf den Franzosen Gregory Tony

Am 21. August trifft Robert Helenius im Kampf um den vakanten EU-Titel im Schwergewicht - nicht zu verwechseln mit dem höherwertigen Rang des Europameisters - in Erfurt auf den Franzosen Gregory Tony. Der 26 Jahre alte Skandinavier, der bei Sauerland Event unter Vertrag steht und von Ulli Wegner trainiert wird, hat in seinen zwölf Profikämpfen eine weiße Weste behalten und dabei sieben Gegner vorzeitig besiegt. Mit einer identischen Bilanz von zwölf gewonnenen Kämpfen kann aber auch Tony aufwarten, der sogar nur zweimal über die volle Distanz boxen mußte. Ein Kräftemessen auf Biegen und Brechen steht also zu erwarten, da keiner der beiden Akteure seinen erhofften Durchmarsch in die höheren Sphären der Königsklasse durch eine Niederlage ausbremsen lassen möchte.

Helenius, der einen schwedischen und einen finnischen Paß besitzt, gewann zu Amateurzeiten bei der Europameisterschaft 2006 die Silbermedaille und trat danach für Boxring Hertha BSC in der ersten Bundesliga an. Seine Präsenz in Berlin bahnte zweifellos den Weg ins Profilager unter der Regie Promoter Sauerlands, und so gab er im Mai 2008 sein Debüt als Berufsboxer. Als eines der vielversprechendsten europäischen Talente im Schwergewicht angekündigt, hielt der Skandinavier mit den in ihn gesetzten Erwartungen Schritt und arbeitete sich Gegner für Gegner ohne Rückschlag voran. Trainer Wegner bescheinigt seinem Schützling beste körperliche Voraussetzungen und enormen Trainingsfleiß, weshalb Helenius durchaus das Zeug habe, es eines Tages zum Champion zu bringen.

Ernst wurde es für Robert Helenius, als man ihm am 30. Januar 2010 im Jahnsportforum Neubrandenburg bereits in seinem elften Profikampf den erfahrenen Exweltmeister Lamon Brewster vorsetzte. Der US-Amerikaner hatte bekanntlich für einen Paukenschlag gesorgt, als er am 10. April 2004 in Las Vegas den amtierenden WBO-Weltmeister Wladimir Klitschko in der fünften Runde besiegte und damit dessen Nachfolger wurde. Brewster verteidigte den Titel erfolgreich gegen den Australier Kali Meehan, den gebürtigen Polen Andrew Golota und Luan Krasniqi aus dem Hamburger Universum-Boxstall. Im April 2006 mußte sich Lamon Brewster jedoch dem Weißrussen Sergej Liachowitsch geschlagen geben, womit seine Ära als Champion endete, an deren Leistungen er später nie mehr in vollem Umfang anknüpfen konnte. Dies zeigte sich auch bei der Revanche gegen Wladimir Klitschko, die der Ukrainer in Köln souverän gewann.

Obgleich Brewster zwischenzeitlich mit gravierenden gesundheitlichen Problemen zu kämpfen hatte und sein Augenlicht zu verlieren drohte, beendete er seine Karriere nicht und kehrte nach einer längeren Pause in den Ring zurück. Da sich der US-Amerikaner mit seinen Kämpfen gegen Klitschko und Krasniqi in Deutschland einen Namen gemacht hatte, nahm ihn Sauerland unter Vertrag. Dies erklärt, wie das Duell zwischen dem aufstrebenden Helenius und dem prominenten Routinier zustande kam. Wenngleich man natürlich mutmaßen kann, daß man beim Berliner Boxstall einen Sieg des zukunftsträchtigen Skandinaviers favorisierte und ihm mit diesem namhaften Kontrahenten einen Schub geben wollte, blieb das Wagnis riskant. Der erfahrene Exweltmeister mochte physisch nicht mehr der alte sein, konnte aber einem im Profilager noch jungen Heißsporn durchaus die Leviten lesen.

Helenius zeigte denn auch in der Anfangsphase großen Respekt vor dem US-Amerikaner, faßte sich aber bald ein Herz und setzte zunehmend seine eigene Linie durch. Er gab die Initiative nicht mehr ab, kam mit seinen Kombinationen immer besser zum Zuge und setzte seinem prominenten Gegner schließlich derart zu, daß er ihn durch technischen K.o. besiegen konnte.

Bei seinem letzten Auftritt bekam der Skandinavier Gelegenheit, sich am 26. März vor heimischem Publikum in Helsinki zu präsentieren. In der kleinen, aber mit 1.800 Zuschauern restlos ausverkauften Kisahalli ging sein Gegner Gbenga Oloukun über lange Strecken so aggressiv zu Werke, daß sich der Lokalmatador hinter seiner sicheren Deckung verschanzen mußte. Einschüchtern ließ sich Helenius freilich nicht und so setzte er mit einer stabilen Führhand wie auch der gefährlichen rechten Geraden Akzente, die ihm am Ende einen einstimmigen Punktsieg sicherten.

In Erfurt wolle er an seine Leistung gegen Brewster anknüpfen, bezieht sich Helenius lieber auf die Sternstunde in Neubrandenburg als das harte Stück Arbeit gegen den unbequemen Nigerianer Oloukun. Im Januar habe er einen guten Kampf geboten, doch sei er noch lange nicht am Ziel, kündigt er weitere boxerische Fortschritte an. Der Franzose Gregory Tony sei ein gefährlicher Widersacher, doch bringe ihm Ulli Wegner bei ihrem Training in Kienbaum jeden Tag etwas Neues bei. Den ersten Titelgewinn seiner Profilaufbahn werde er sich nicht nehmen lassen, übt sich der Skandinavier in der gebotenen Zuversicht.

Der Weltverband WBA notiert Helenius derzeit auf dem 15. Rang, so daß noch viele Hürden zu nehmen sind, bis das langfristige Ziel, den Weltmeister herauszufordern, in greifbare Nähe rückt. Nicht minder ambitioniert, wird Gregory Tony vermutlich nichts unversucht lassen, sich in Erfurt als Sieger feiern zu lassen. Verglichen mit dem Skandinavier hat er zwar bislang nur gegen namenloser Aufbaugegner geboxt, doch ist im Ring bekanntlich vieles möglich, was man zuvor auf dem Papier bereits ausgeschlossen zu haben glaubte.

12. August 2010