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MELDUNG/554: Atlantic City ist kein neutraler Boden für Carl Froch (SB)



Turnierfinale gegen Andre Ward wirft seinen Schatten voraus

Das Finale des Super-Six-Turniers wirft seinen Schatten voraus. Wenn am 29. Oktober in Atlantic City der britische WBC-Weltmeister Carl Froch auf den WBA-Superchampion Andre Ward aus den USA trifft, steht nicht nur die Vereinigung der beiden Titel, sondern darüber hinaus auch der inoffizielle Rang des derzeit weltbesten Boxers im hochkarätig besetzten Supermittelgewicht auf den Spiel. Die Bilanzen der beiden Akteure rechtfertigen den dabei zu vergebenden Status: Während der Brite bislang 28 Profikämpfe gewonnen und nur einen in Dänemark gegen Exweltmeister Mikkel Kessler nach Punkten verloren hat, mußte der Olympiasieger von Athen 2004 aus Oakland seit 1996 keinen Kampf mehr abgeben. Ward setzte auch im Profilager seine Siegesserie fort, wo er bislang 24 Gegnern das Nachsehen gab.

Der 34jährige Carl Froch hat zum Auftakt des Turniers den US-Amerikaner Andre Dirrell in Nordengland besiegt, dann gegen Mikkel Kessler in Dänemark verloren und schließlich Arthur Abraham auf neutralem Boden deklassiert. Im Halbfinale bekam es der Brite in Atlantic City mit dem seit Jahren in den USA lebenden Jamaikaner Glen Johnson zu tun, der ihm nach Punkten unterlag. Andre Ward nahm im November 2009 vor heimischem Publikum Mikkel Kessler Sieg und Gürtel der WBA ab, setzte sich dann gegen Allan Green und Sakio Bika durch und ließ schließlich im Halbfinale Arthur Abraham keine Chance.

Inzwischen hat Carl Froch das Training aufgenommen und liegt schon jetzt mit knapp 80 kg nicht weit über seinem regulären Kampfgewicht, so daß er sich das kräftezehrende Abkochen ersparen kann. In der Vergangenheit hatte sich der Brite als gefährlicher Knockouter einen Namen gemacht. Froch umreißt die aus seiner Sicht ideale Kampfführung mit den Worten, er boxe den Gegner in den ersten Runden aus, um ihn dann in der neunten bis elften Runde stärker unter Druck zu setzen und ein vorzeitiges Ende herbeizuführen. So gefalle es seinen Fans, weshalb er bedauere, im Turnier zwar ausgezeichnet geboxt, jedoch durchweg über die volle Zahl von zwölf Runden gegangen sei. Er sei jedoch zuversichtlich, Ward in der Nähe des Kinns treffen zu können und dabei beträchtlichen Schaden anzurichten.

Andre Ward ist zweifellos ein erstklassiger Boxer, der im Ruf eines versierten Technikers mit einer ausgefeilten Taktik steht. Allerdings schreckt er auch vor unsauberen Praktiken wie Kopfstößen nicht zurück, wie sie Mikkel Kessler in Oakland zu spüren bekam. Dabei profitiert Ward von einem ihm gewogenen Kampfgericht, da er Zeit seiner Profilaufbahn größtenteils an der Westküste geboxt hat und sich dabei eines mehr oder minder ausgeprägten Heimvorteils sicher sein konnte. Obgleich in den Regularien des Super-Six-Turniers eindeutig festgelegt war, daß kein Boxer durch einen Referee und Punktrichter aus seiner Heimatregion begünstigt werden dürfe, wollte Andre Ward gegen Mikkel Kessler vor einem kalifornisch besetzten Kampfgericht antreten.

Promoter Wilfried Sauerland, der neben Arthur Abraham auch den Dänen unter Vertrag hat, legte energisch Einspruch ein. Das Lager des Lokalmatadors gab jedoch nur insofern nach, als ein ausgewogeneres Gespann von Punktrichtern benannt wurde. Um das Turnier nicht schon zum Auftakt scheitern zu lassen, ließ sich Sauerland auf einen kalifornischen Ringrichter ein, der Wards wiederholte Kopfstöße schlichtweg übersah. Kessler lag zwar nach Punkten im Rückstand, als der Kampf abgebrochen wurde, doch resultierte seine Verletzung aus einem jener Kopfstöße, die ihn frühzeitig aus dem Konzept gebracht hatten.

Carl Froch ist also gewarnt, wenn er in Atlantic City zwar nicht gerade in der Heimatregion Andre Wards, aber doch in den USA antreten muß. Indessen hat der Brite im gesamten Turnier erst einmal vor heimischem Publikum geboxt und sich dreimal in Folge im Ausland durchgesetzt. Er weiß um die Gefahr, von seinem Finalgegner mit Mitteln am Rande des Reglements behindert und vom Kampfgericht benachteiligt zu werden. Sollte das am 29. Oktober tatsächlich der Fall sein, wäre dem Briten zu wünschen, daß er dem Kontrahenten mit unabweislichen Aktionen in die Parade fährt und dessen Nimbus auf das Maß regelkonformen boxerischen Könnens zurechtstutzt.

14. August 2011