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MELDUNG/998: Ein Wiedersehen mit dem "Celtic Warrior"? (SB)




Kehrt Steve Collins nach 16 Jahren in den Ring zurück?

Steve Collins machte sich einen Namen im Mittelgewicht, als dort mit Mike McCallum, Gerald McClellan, James Toney, Michael Watson, Chris Eubank und Nigel Benn ein wahres Pantheon herausragender Boxer um die Vorherrschaft stritt. Der Ire klopfte energisch an die Tür dieser versammelten Elite, als er 1990 in Boston Mike McCallum einen harten Kampf über volle zwölf Runden abnötigte. Nicht wenige Beobachter waren der Ansicht, daß Collins den Ring als neuer WBA-Weltmeister verlassen hätte, wäre er in den Anfangsrunden nicht so vorsichtig zu Werke gegangen.

Nachdem Steve Collins die Herausforderung USA gesucht und dabei seine Haut teuer verkauft hatte, kehrte er nach Europa zurück, und mit dieser Heimkehr sollte sich auch sein Kampfglück zum Guten wenden. Im Mai 1994 holte er sich den vakanten WBO-Titel im Mittelgewicht. Sein größter Triumpf folgte im März 1995, als er in Millstreet den Briten Chris Eubank sensationell entthronte. Collins wurde damit der erste irische Boxer, der gleichzeitig Weltmeister zweier Limits war (Mittel- und Supermittelgewicht). Er legte den Titel im Mittelgewicht nieder, besiegte Eubank auch im Rückkampf, der im September 1995 in Cork stattfand, und räumte mit zwei Siegen gegen Nigel Benn im Juli und November 1996 furchtbar unter den britischen Stars auf. Am Ende blieb der legendäre Roy Jones als einzige Herausforderung übrig, doch der zeigte keinerlei Interesse, den Weg des Kämpfers von der grünen Insel zu kreuzen.

So wurde der "Celtic Warrior" zu einer tragischen Figur: In seiner Heimat ungeheuer populär und zweifellos einer der Besten, die je auf Irlands Boden herangewachsen sind, hatte Steve Collins dank seines umbeugsamen Kampfesmuts in einer der am stärksten besetzten Gewichtsregionen der frühen 90er Jahre gnadenlos gewütet. Dennoch fand er international nie die gebührende Anerkennung, wofür es eine Reihe von Gründen gibt. Zu Anfang waren es natürlich die britischen Medien, die am liebsten totgeschwiegen hätten, was da auf die hochgelobten Zugpferde englischer Boxherrlichkeit zurollte. Hinzu kam, daß Collins während seiner Zeit in den USA die britisch dominierte WBO mehrfach verspottet hatte, deren Gürtel er nun selbst als Weltmeister trug.

Zudem war der Ire gewitzt in der Wahl seiner Mittel und vielen zu selbstbewußt, was das eigene Können betraf. Man denke nur an den ersten Kampf gegen Chris Eubank, der als hoher Favorit gehandelt wurde. Der Brite kam als Star und zog ein großes Publikum an, doch Collins ließ sich nicht einschüchtern und lieferte Eubank schon im Vorfeld ein Psychoduell, dem dieser offensichtlich nicht gewachsen war. Wie dünn das Nervenkostüm des Engländers schließlich war, zeigte sich, als Collins ihm vorwarf, er vergesse seine afrikanischen Wurzeln. Erbost ließ sich Eubank dazu hinreißen, dem Bürgermeister von Dublin "Fuck your city!" zuzurufen. Doch es sollte noch makabrer kommen. Chris Eubank hatte im Kampf zuvor seinen Landsmann Michael Watson beinahe umgebracht, der ins Koma gefallen war und nach seiner teilweisen Rehabilitation auf den Rollstuhl angewiesen war. Collins griff das Gerücht auf, Watson habe diesen Kampf unter Hypnose bestritten, und erklärte nun, er selbst habe sich auf die gleiche Weise schmerzunempfindlich gemacht. Eubank, der eine Wiederholung der tragischen Ereignisse befürchtete, wollte den Kampf absagen und mußte die halbe Nacht von seinen Betreuern bearbeitet werden, die ihn schließlich doch umstimmen konnten.

Wenige Stunden später war Chris Eubank den Titel los und ein triumphierender Steve Collins rief seinen Fans zu: "Ich habe nicht an meinem Sieg gezweifelt. Glaubt das mit der Hypnose bloß nicht. Glaubt an Steve Collins! Ich bin nicht nur der beste irische Boxer aller Zeiten, ich bin der beste der Welt. Roy Jones ist als nächster dran!"

Wie sehr hätte man Steve Collins gegönnt, den vermeintlich übermächtigen Roy Jones zu prüfen. Wie immer dieser Kampf ausgegangen wäre, Irlands herausragender Champion hätte den runden Abschluß einer erfolgreichen Karriere oder den Start in eine neue Epoche vollziehen können. Seit seinem ersten Profisieg im Oktober 1986 hatte Collins 39 Kämpfe bestritten und davon nur drei verloren, bis er schließlich zu gut war, um von namhaften Konkurrenten herausgefordert zu werden, und zugleich finanziell zu unattraktiv, um das Risiko mit Blick auf die Börse dennoch einzugehen. So fand sich zwangsläufig niemand mehr, der sich von dem irischen Dickschädel für wenig Geld das Leben schwer machen lassen wollte. Am Ende trat Collins mangels boxerischer Perspektive im Herbst 1997 zurück.

Die letzte unerfüllte Herausforderung seiner Karriere läßt Steve Collins offenbar noch immer nicht ruhen. Der "Celtic Warrior" will allen Ernstes 16 Jahre nach dem Ende seiner Laufbahn für einen Kampf gegen den noch immer aktiven Roy Jones in den Ring zurückkehren. Wie der mittlerweile 48jährige Ire hervorhebt, habe er kein regelrechtes Comeback im Sinn, für das er zu alt sei. Es gehe ihm jedoch darum, eine 15 Jahre währende Fehde zum Abschluß zu bringen. Der Amerikaner habe damals stets behauptet, der beste Boxer überhaupt zu sein. Dennoch sei er ihm aus dem Weg gegangen. Er selbst sei mit seiner Karriere zufrieden, so Collins, doch das Ausbleiben dieses einen Kampfs gegen Jones, den er sich sehnlichst gewünscht hatte, habe zu seinem Rücktritt geführt.

Er halte Roy Jones nicht für einen Feigling, doch damals sei er einer gewesen und habe Angst vor Steve Collins gehabt. Nun habe er mit Roy gesprochen, der einverstanden sei, diesen Kampf als letzten seiner Karriere zu bestreiten. Sofern ein gutes Angebot vorliege, werde man es genau in der Mitte teilen und die Sache angehen. Der Ire würde nach eigener Einschätzung etwa zehn bis zwölf Wochen für die Vorbereitung benötigen. Allerdings will er seine Gesundheit keinesfalls aufs Spiel setzen und nur dann antreten, wenn die Ärzte dem uneingeschränkt zustimmten. Sollte nicht alles in Ordnung sein, sei das Vorhaben endgültig gestorben.

19. Januar 2013