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MELDUNG/1116: Debakel in Montreal - Chad Dawson am Boden (SB)




Adonis Stevenson neuer WBC-Weltmeister im Halbschwergewicht

Der mit Spannung erwartete Kampf zwischen dem Kanadier Adonis Stevenson und Chad Dawson aus den USA in Montreal war zu Ende, noch ehe er so recht begonnen hatte. Nachdem die Kontrahenten aneinander Maß genommen hatten, schickte der Lokalmatador seinen Gegner auch schon mit einer über die Deckung geschlagenen Linken schwer zu Boden. Dawson kam zwar wieder auf die Beine, doch wirkte er derart unsicher, daß das Gefecht zur Überraschung der Zuschauer im Bell Centre bereits in der ersten Runde abgebrochen wurde. Damit wurde der aus dem Supermittelgewicht aufgestiegene Stevenson auf Anhieb neuer WBC-Weltmeister im Halbschwergewicht, während Chad Dawson nach zwei vorzeitigen Niederlagen in Folge auf dem Tiefpunkt angelangt ist. Der US-Amerikaner hat nunmehr 31 Kämpfe gewonnen und drei verloren, Adonis Stevenson verbesserte seine Bilanz auf 21 Siege und eine Niederlage, wobei er bereits 18 Gegner vorzeitig bezwungen hat.

Eine beachtliche Schlagwirkung war die einzige Qualität, die man dem Kanadier im Vorfeld des Kampfs attestiert hatte, doch rechnete wohl niemand damit, daß Stevenson damit so schnell zum Zuge kommen würde. Wenngleich der Titelverteidiger vor gegnerischem Publikum antreten mußte, galt er doch als Favorit. Man schrieb ihm überlegene technische Fertigkeiten zu und ging davon aus, daß er das Duell mit seinem Jab dominieren würde. Zudem hatte er noch vor wenigen Tagen unterstrichen, wie wohl er sich fühle, diesmal wieder in seiner angestammten Gewichtsklasse anzutreten. Im Trainingslager habe sich gezeigt, daß seine Kondition und Durchsetzungsfähigkeit nichts zu wünschen übrigließen.

Tief enttäuscht räumte Dawson im anschließenden Interview mit dem Sender HBO ein, Stevenson habe ihn einfach mit einem guten Schlag erwischt. Dabei habe er sich doch körperlich in bester Verfassung gefühlt. Auch der Kanadier sprach von einem Treffer nach Maß, wobei er zunächst die Absicht gehabt habe, zum Körper des Gegners zu gehen, um dessen Deckung herunterzuziehen. Die Strategie, Druck zu machen und die Linke über die Deckung zu schlagen, sei sofort aufgegangen. Der im vergangenen Jahr verstorbene Trainer Emanuel Steward habe ihm einst geraten, einen Kampf gegen Dawson sofort anzunehmen, da er ihn locker auf die Bretter schicken könne. Diese Vorhersage habe sich voll und ganz bestätigt. [1]

Wie Stevenson erklärte, würde er nun am liebsten einen Vereinigungskampf mit IBF-Weltmeister Bernard Hopkins bestreiten oder sich mit Andre Ward im Supermittelgewicht messen. Damit nannte der frischgebackene Champion zwei Namen, deren Träger zuletzt für Chad Dawson von ausschlaggebender Bedeutung gewesen waren. Dieser hatte Hopkins am 28. April 2012 bei der Revanche besiegt und war damit neuer WBC-Weltmeister im Halbschwergewicht geworden. Der damals 29jährige triumphierte in Atlantic City über den 18 Jahre älteren Titelverteidiger, weil es ihm gelang, den Gegner auf Distanz zu halten oder abzukontern. Zugleich spielte er seine konditionelle Stärke aus, um Hopkins zu zermürben.

Am 8. September 2012 kam es dann zu einem der bedeutendsten Kämpfe des vergangenen Jahres, als Chad Dawson in Oakland auf Andre Ward traf. Der ungeschlagene Kalifornier war Weltmeister der Verbände WBA und WBC im Supermittelgewicht und galt als bester Boxer seines Limits, was man damals auch Dawson für das Halbschwergewicht nachsagte. Ward hatte sich mit der Forderung durchgesetzt, vor heimischem Publikum und in seiner angestammten Gewichtsklasse anzutreten. Er paarte diese Vorteile mit einer herausragenden Leistung, schickte seinen Gegner mehrmals zu Boden und gewann nach überlegen geführtem Kampf durch Abbruch in der zehnten Runde.

Hatte Dawson nach dieser klaren Niederlage noch geltend gemacht, die Gewichtsreduzierung habe ihn doch zu sehr beeinträchtigt, so steht er nun vor einem Scherbenhaufen. Im Kampf gegen Ward, dem man zwar eine außergewöhnliche Technik, doch keine beeindruckende Schlagwirkung attestiert, vorzeitig zu verlieren, und nun Stevenson bereits in der ersten Runde zu unterliegen, kommt einer Demontage gleich. Chad Dawson hatte einst Floyd Mayweather jun. als sein großes Vorbild bezeichnet und diesem zumindest in Gestalt eines aufwendigen Lebensstils nachgeeifert. Wurde er zeitweise bereits als dessen Nachfolger im Ring gehandelt, so kann davon inzwischen keine Rede mehr sein.

Fußnote:

[1] http://www.boxen.de/news/stevenson-schockt-dawson-mit-erstrunden-k-o-26984

12. Juni 2013