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MELDUNG/1153: Ein Volltreffer bringt Chisora wieder ins Geschäft (SB)




Malik Scott verliert in Wembley umstritten durch K.o.

In der Londoner Wembley Arena hat sich der britische Schwergewichtler Dereck Chisora durch einen vorzeitigen Sieg über den bis dahin ungeschlagenen US-Amerikaner Malik Scott wieder ins Gespräch gebracht. Nachdem der 29 Jahre alte Brite vier seiner letzten sechs Kämpfe verloren hatte, wäre er im Falle einer weiteren Niederlage auf dem Abstellgleis gelandet. Mit einer seiner besten Leistungen seit langem sicherte er sich den vakanten internationalen Titel der WBO und verbesserte seine Bilanz auf 17 gewonnene sowie vier verlorene Auftritte. Für seinen US-amerikanischen Gegner stehen nun 35 Siege, eine Niederlage und ein Unentschieden zu Buche.

Die unterschiedlichen Kampfesweisen der Kontrahenten zeichneten sich frühzeitig ab. Während Chisora nach vorne marschierte und im Infight Druck zu machen versuchte, war sein größerer und technisch versierterer Gegner bestrebt, die Reichweite auszuspielen, mit dem Jab zu arbeiten und den bulligen Briten mit rechten Haken zu kontern. In der ersten Runde machte der Lokalmatador mit seiner Offensive die bessere Figur, in der zweiten und dritten etablierte der Amerikaner seine Stärken und punktete aus der Distanz. Chisora war klar, daß er Scott nicht die Initiative überlassen durfte, und so schlug er im vierten Durchgang häufig zum Körper seines Gegners, der damit schlecht zurechtkam. In der nächsten Runde war es dann wieder der US-Amerikaner, der seine technischen Fertigkeiten zum Einsatz brachte, den Briten des öfteren ins Leere laufen ließ und so das bessere Bild abgab.

In der sechsten Runde erhöhte Chisora den Druck, drängte den Gegner in die Seile und traf ihn mit einem rechten Schwinger gegen die Schläfe, der Scott zu Boden sinken ließ. Der US-Amerikaner wirkte zwar klar, doch ließ er sich beim Aufstehen so viel Zeit, daß ihn der Ringrichter aus dem Kampf nahm und den Briten damit zum K.o.-Sieger erklärte. Da Scott angezählt wurde, jedoch bei gefühlten neuneinhalb wieder auf den Beinen war, protestierten er und seine Betreuer gegen die Entscheidung, doch blieb es beim Sieg Chisoras.

Berücksichtigt man, daß Scott am Boden nicht desorientiert wirkte und sogar lächelte, als der Ringrichter ihn anzählte, dürfte in diesem Fall wohl zutreffen, daß er durchaus in der Lage gewesen wäre, den Kampf fortzusetzen. Möglichst lange auf den Knien zu warten, um sich zu erholen, war an und für sich durchaus zweckmäßig. Zudem teilten viele Beobachter die Auffassung, daß der US-Amerikaner bei neun wieder aufgestanden und die Entscheidung des Ringrichters voreilig gewesen sei. Sie zu revidieren, dürfte jedoch erfahrungsgemäß so gut wie unmöglich sein.

So endete ein spannender, aber nicht gerade hochklassiger und auch nur phasenweise zuschauerfreundlicher Kampf. Zwar blieb Scott in Bewegung und konnte präzise Treffer landen, doch fehlte es seinen Schlägen offensichtlich an Wirkung. Zudem rannten sich die Kontrahenten immer wieder im Clinch fest, so daß sie der Ringrichter ein ums andere Mal trennen mußte.

Malik Scott, der guten Grund gehabt hätte, nach seiner ersten Niederlage im 37. Profikampf heftig gegen den Abbruch zu Felde zu ziehen, zog eine sachliche Stellungnahme vor. Wie er im anschließenden Interview mit Boxnation erklärte, habe ihn Chisora mit einem wuchtigen Schlag erwischt, der sein Gleichgewicht beeinträchtigte. Als erfahrener Profi habe er sich bis acht Zeit gelassen und sei bei neun wieder auf den Beinen gestanden. In den USA werde bis zehn gezählt. "Aber was soll man machen?" Dereck habe eine gute Leistung geboten. Sollte ein Rückkampf möglich sein, würde er sich freuen. [1]

Dereck Chisora berichtete, ihm sei klar gewesen, daß Scott ihn abkontern würde. Daher habe er auf seinen Mundschutz gebissen und sei auf den Gegner losmarschiert. Er habe sich von Treffern nicht abhalten lassen und sei dem Amerikaner so nahe gerückt, daß dessen Schläge häufig ins Leere gingen. "Ich wußte, wenn ich ihn erwische, geht er runter", umriß Chisora seine schlichte, aber wirkungsvolle Taktik. Nun wolle er wieder in Deutschland auftreten und sich mit den Klitschkos messen, zumal er mit dem älteren Bruder noch eine Rechnung offen habe.

Sein Promoter Frank Warren war natürlich vom Auftritt seines Schützlings überaus angetan. Malik Scott sei ein guter Kämpfer und variantenreicher Boxer mit ausgezeichneten Qualitäten, dem die meisten Schwergewichtler lieber aus dem Weg gingen. Dereck Chisora sei jedoch so leicht gewesen, wie schon seit zwei Jahren nicht mehr. Wenn er in dieser Form antrete, sei er ein ganz anderer Boxer und werde sich von Kampf zu Kampf verbessern. Er könne jetzt wieder ganz oben mitmischen und werde am 21. September erneut im Ring stehen, um sich mit einem namhaften Gegner zu messen. Wenngleich der Abbruch des Kampfs umstritten war, soll es keine sofortige Revanche geben. Frank Warren schloß jedoch einen späteren Rückkampf nicht aus, da er kein Problem damit habe und Scott ein unterhaltsamer Boxer sei, der gut beim Publikum ankomme. [2]

Fußnoten:

[1] http://www.boxen.de/news/chisora-mit-kontroversem-abbruchsieg-gegen-scott-27833

[2] http://www.boxen.de/news/frank-warren-chisora-am-21-september-gegen-einen-grossen-namen-27845

22. Juli 2013