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MELDUNG/1225: Der Ringkampf in Moskau schlägt weiter hohe Wellen (SB)




Shannon Briggs und Lennox Lewis melden Comeback-Gelüste an

Die erfolgreiche und dennoch blamable Vorstellung Wladimir Klitschkos bei seinem Punktsieg gegen Alexander Powetkin in Moskau schlägt nach wie vor hohe Wellen in der Szene. Gefragt oder ungefragt melden sich diverse Zunftgenossen zu Wort, einige mit Ansätzen einer fundierten Kritik, andere eher als Selbstinszenierung. Man sollte nicht alles auf die Goldwaage legen, was dieser Tage an Einwänden und Vorschlägen zirkuliert, zumal die Behauptung, man habe ein Patentrezept, die Ära der Klitschkos zu beenden, seit vielen Jahren zum Standardrepertoire jedes Kandidaten gehört, der sich solange für einen Titelkampf empfiehlt, bis er dann im Ring auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt wird.

In den Chor der Kritiker hat sich nun auch Shannon Briggs eingereiht, der früher WBO-Weltmeister im Schwergewicht war. Seit er den Auftritt Wladimir "Clinchkos" verfolgt habe, sei in ihm der Gedanke gereift, selbst in den Ring zurückzukehren. Der Ukrainer sei Powetkin auf den Rücken gesprungen, habe ihn festgehalten und hinuntergedrückt. Dafür hätte man den Titelverteidiger disqualifizieren sollen. Man müsse sich einmal vor Augen führen, daß Klitschko für diese Ringereinlagen 17 Millionen Dollar kassiert hat. Der Champion hätte besser zum Wrestling wechseln und sehen sollen, ob er dort einen Vertrag bekommt.

Im Jahr 2006 stand ein Kampf zwischen Wladimir Klitschko und Shannon Briggs im Raum, doch zog das Management des Ukrainers damals Calvin Brock vor. Dieser verpaßten Gelegenheit trauert Briggs noch heute nach, da er glaubt, über ein wirksames Instrument gegen die Dominanz des Weltmeisters zu verfügen. Halte man dessen Schlägen stand, ohne zu Boden zu gehen, lasse der Ukrainer allmählich nach, so die recht schlichten taktischen Überlegungen des US-Amerikaners. Klitschko laufe heiß und baue ab, wenn sein Gegner Druck macht. Entscheidend sei, sich nicht einschüchtern zu lassen, sondern zurückzuschlagen.

Bei seinem letzten Kampf, der bereits drei Jahre zurückliegt, verletzte sich Briggs frühzeitig am Bizeps und mußte den überwiegenden Teil der zwölf Runden mit nur einem Arm gegen Vitali Klitschko durchhalten. Inzwischen sei er längst wieder gesund, ausgeruht und bereit, erneut in das Geschehen einzugreifen und sich einen Titel zu sichern. Er habe den Mut, die Disziplin und das Kinn. Man lebe nicht mehr in den 50er, 60er oder 70er Jahren, sondern schreibe das Jahr 2013, in dem Boxer immer länger aktiv bleiben können. Er fühle sich großartig und wolle das Talent, mit dem er geboren worden sei, wieder zum Einsatz bringen. Er schlage härter als ein verdammter Esel treten kann. Er habe das Herz, die Schnelligkeit, den Punch, die Wut und die Frustration. Manchmal müsse man sich einen Boxer nur anschauen, um zu wissen, daß man ihn besiegen kann, und er habe genug von Wladimir Klitschko gesehen, um ihn zu erledigen.[1]

Unterdessen hat sogar Ex-Weltmeister Lennox Lewis, der am 5. Oktober den Kampf zwischen Klitschko und Powetkin in Moskau vor Ort verfolgen konnte, ein Comeback gegen einen der Klitschkos in Aussicht gestellt. Allerdings hängt der 48jährige Brite mit einer Gagenforderung von 100 Millionen Dollar die Latte von vornherein so hoch, daß ihn niemand beim Wort nehmen kann. Wie der Brite wissen ließ, hätten ihm russische Investoren bereits 50 Millionen angeboten, er aber verlange das Doppelte. Das sei seine Forderung, und darüber werde diskutiert, verkündete Lewis. Er habe mit dem provisorischen Training begonnen und könne in sechs Monaten bereit für einen Kampf sein.

Der Brite würde ein Duell mit Wladimir Klitschko vorziehen, der drei der vier maßgeblichen Titel im Schwergewicht hält. Er habe damals Vitali besiegt und wolle nun gegen den jüngeren Bruder kämpfen, um dazu beizutragen, Boxen wieder in den Rang einer Kunstform zu erheben. Trotz seines Alters hält sich Lennox Lewis für den gefährlichsten Herausforderer des Ukrainers. Der Kampf in Moskau habe die Enttäuschung über die derzeitige Verfassung des Schwergewichts bestätigt. Der beste Herausforderer, den man finden konnte, sei ein junger Boxer gewesen, der physisch noch nicht voll entwickelt ist und die nötige Erfahrung vermissen ließ. Powetkin sei für den bedeutendsten Auftritt seiner Karriere unzureichend vorbereitet gewesen. Was Klitschko betreffe, hätte dieser nach den vier Niederschlägen einen Knockout herbeiführen müssen. Der Champion habe offenbar Emanuel Steward in seiner Ecke schmerzlich vermißt. Manny hätte ihn angespornt, den Gegner zur Strecke zu bringen, wie das seinerzeit in seinem eigenen Kampf gegen Vitali Klitschko der Fall gewesen sei.[2]

Im Lager der Klitschkos gab man postwendend zu verstehen, was von solchen Ankündigungen ehemaliger Weltmeister zu halten ist: "Das ist absurd, alles Käse. Über so etwas machen wir uns überhaupt keine Gedanken", erteilte Manager Bernd Bönte diesbezüglichen Spekulationen eine harsche Absage.


Fußnoten:

[1] http://www.boxen.de/news/ex-weltmeister-briggs-kuendigt-comeback-an-29410

[2] http://www.boxen.de/news/lewis-will-100-millionen-fuer-comeback-gegen-klitschko-29413

11. Oktober 2013