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MELDUNG/1261: Umstrittener Abbruch rettet Carl Frochs Titel (SB)




Herausforderer George Groves lag nach Punkten in Führung

Wäre Carl Froch nicht der hochgeschätzte Champion und sein junger Landsmann George Groves mehr als ein frecher Herausforderer, hätte dieser Kampf anders ausgehen können. In Manchester kam der 25jährige britische Aufsteiger seinem Ziel sehr nahe, dem zehn Jahre älteren Weltmeister der WBA und IBF im Supermittelgewicht die beiden Gürtel abzujagen. Im Vorfeld ihres Duells hatte der Titelverteidiger nicht mit seiner Auffassung hinter dem Berg gehalten, daß sein in 19 Kämpfen ungeschlagener Gegner noch nicht bereit für ihn sei. Prüfe man das Niveau der bislang ausgetragenen Kämpfe, werde deutlich, daß es Groves an Erfahrung mit erstklassigen Gegnern mangle. Der Herausforderer ließ sich jedoch von solchen Anwürfen nicht einschüchtern und erklärte selbstbewußt, die Unterstellung, er habe noch nie gegen gute Leute geboxt, entbehre jeder Grundlage. Schließlich sei er die Nummer eins bei den Verbänden WBC und WBO sowie der Zweitplazierte der WBA. Carl Froch habe folglich ein Riesenproblem zu bewältigen.

Mit dieser Ankündigung sollte der Herausforderer recht behalten. Er dominierte zum Auftakt mit seinem Jab und fand bereits in der ersten Runde eine Deckungslücke bei Froch, worauf er den Champion mit einer Rechten zu Boden schickte. Froch kam zwar umgehend wieder auf die Beine, doch wirkte er derart verunsichert und angeschlagen, daß er vor dem Pausengong weitere schwere Treffer einstecken mußte. Obgleich sich der Weltmeister im zweiten Durchgang wieder gefangen hatte, agierte er im Schlagabtausch deutlich langsamer als der Herausforderer. In der dritten Runde schien Froch die Verhältnisse endlich geradezurücken und das Heft in die Hand zu nehmen, da er Groves des öfteren traf, unter dessen linkem Auge nun eine Schwellung wuchs.

Der Titelverteidiger versäumte es jedoch, weiter den Ton anzugeben, und boxte in der vierten Runde so zurückhaltend, daß sein Gegner mit der Rechten fleißig punkten konnte. Nachdem Froch im fünften Durchgang eine etwas bessere Figur gemacht hatte, mußte er in der sechsten Runde im Schlagabtausch wieder zahlreiche schwere Treffer einstecken. Auch in der nächsten Runde bestimmte Groves mit seinem schnellen Jab und der rechten Geraden das Geschehen im Ring. Der Champion wußte natürlich, daß ihm die Felle wegzuschwimmen drohten, und ergriff im achten Durchgang endlich wieder die Initiative, worauf der Herausforderer erstmals in diesem Kampf in Schwierigkeiten geriet.

Noch immer lag die Sensation in der Luft, da der Herausforderer in der neunten Runde nach Punkten führte. Als er jedoch nach einer Kombination sichtlich angeschlagen war, schritt Ringrichter Howard Foster sofort ein und stellte sich schützend vor ihn. Anstatt ihm die Chance zu geben, die kritische Situation zu überstehen, brach der Referee damit den Kampf ungeachtet lautstarken Protests des Herausforderers und aufbrandenden Unmuts des Publikums ab. Diese als vorschnell empfundene und daher heftig umstrittene Entscheidung rettete Froch den Sieg, so daß er weiter Weltmeister blieb und seine Bilanz auf 32 Siege sowie zwei Niederlagen verbessern konnte.

Wie der zutiefst enttäuschte Herausforderer einräumte, habe ihn Froch mit einem guten Treffer erwischt. Dennoch sei der Abbruch eine falsche Entscheidung gewesen, die sich offenbar dem Klischee verdanke, daß er ein Glaskinn habe, während der Champion ein großer Krieger sei. Beim Einmarsch hätten ihn die Zuschauer ausgebuht, nun jubelten sie ihm zu, so Groves. Er sei sehr stolz, die Schwächen des Weltmeisters offengelegt zu haben, und werde noch stärker zurückkommen. Angesichts dieses umstrittenen Ausgangs des Kampfs müsse Eddie Hearn eine Revanche in die Wege leiten.

Promoter Eddie Hearn zollte beiden Boxern Respekt und hob dabei insbesondere den sensationell anmutenden Auftritt des Herausforderers hervor, der den Titelverteidiger und dessen Fans geradezu schockiert habe. Carl Froch habe lange wie der Verlierer ausgesehen, weshalb ein Rückkampf auf jeden Fall Sinn mache und unbedingt kommen müsse.

Carl Froch erklärte im Interview mit dem Sender Sky Sports, der Abbruch sei absolut gerechtfertigt gewesen. Groves habe orientierungslos gewirkt und zu Boden geblickt. Der Ringrichter schaue dem Boxer prüfend in die Augen und müsse augenblicklich eine Entscheidung treffen. Howard Foster habe richtig gehandelt, da eine Fortführung des Kampfs noch größeren Schaden bei dem Herausforderer angerichtet hätte. Er habe Groves stets als Boxer respektiert und schätze ihn diesbezüglich nach diesem Auftritt um so mehr. Als Mensch sei der 25jährige jedoch sehr kindisch und respektlos. Das Publikum habe jedenfalls etwas für sein Geld bekommen, und er schließe sich der Auffassung an, daß nur eine Revanche für klare Verhältnisse sorgen könne.[1]


Fußnote:

[1] http://www.boxen.de/news/froch-dreht-kampf-gegen-groves-mit-umstrittenem-abbruch-30203

26. November 2013