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MELDUNG/1479: Als Zwischenmahlzeit kleine Brötchen (SB)




Bob Arum träumt von einer Frühjahrsoffensive

Miguel Cotto wird bei seinem nächsten Auftritt, der am 13. Dezember im New Yorker Madison Square Garden über die Bühne geht, nicht mit Saul "Canelo" Alvarez in den Ring steigen. Cottos Promoter Bob Arum schließt eine Verteidigung des WBC-Titels im Mittelgewicht gegen den Mexikaner zu diesem Zeitpunkt definitiv aus, da er dieses lukrative Duell im Frühjahr 2015 veranstalten möchte. Arum schwebt offenbar vor, die frische Popularität des Puertoricaners ausgiebig zu nutzen und das beim zahlungskräftigen Publikum hoch im Kurs stehende Duell mit Alvarez zu vertagen. Cotto, der schon in der Vergangenheit sehr beliebt war, hat sich durch den Sieg über Sergio Martinez an die Spitze katapultiert. Daß der Argentinier nach mehreren Operationen und einer langen verletzungsbedingten Pause körperlich eingeschränkt war, tat der Wahrnehmung keinen Abbruch, daß Cotto nun der weltbeste Boxer im Mittelgewicht sei. Wenngleich das niemand von sich behaupten kann, der nicht mit Gennadi Golowkin im Ring gestanden hat, bemißt sich die Gunst der US-amerikanischen Zuschauerschaft nun einmal häufig an anderen Kriterien.

Halsbrecherisch mutet indessen an, daß Bob Arum das Duell zwischen Cotto und Alvarez augenscheinlich am 2. Mai veranstalten möchte und damit Floyd Mayweather den Kampf ansagt. Dieser pflegt seit geraumer Zeit in zeitlicher Nähe zum Feiertag Cinco de Mayo aufzutreten, der vor allem von den mexikanischen Einwanderern in den USA begangen wird. Da Mayweather regelmäßig Anfang Mai und Mitte September kämpft, um sich den Zuspruch des hispanischen Publikums zu sichern, gelten diese beiden Termine gewissermaßen als sein Terrain, das ihm niemand streitig macht. Ob Arum der Teufel seiner ewigen Feindschaft mit Mayweather reitet, sei dahingestellt. Erfolgversprechend wirkt es jedenfalls nicht, ausgerechnet mit dem herausragenden Quotenbringer des Bezahlfernsehens zu konkurrieren.

Der Promoter hat diesbezügliche Bedenken schon vor einiger Zeit mit der Bemerkung vom Tisch gewischt, die Fans könnten dank neuer technischer Möglichkeiten problemlos zwei Kämpfe am selben Abend buchen und nacheinander sehen. Diese Erwägung läßt jedoch völlig außer acht, daß es sich nur wenige Zuschauer leisten können, rund 140 Dollar für zwei übertragene Boxveranstaltungen zu entrichten. Folglich läuft die von Arum angekündigte Konfrontation darauf hinaus, daß beide Seiten mit erheblichen Einbußen zu rechnen hätten. Wählt Mayweather einen namhaften Gegner aus, was zu erwarten ist, gräbt er mit Sicherheit Arum das Wasser ab. Wenngleich sich auch Saul Alvarez mit der Absicht trägt, die beiden mexikanischen Feiertage im Mai und September für Auftritte zu nutzen, droht doch ein solcher Machtkampf in die finanzielle Katastrophe zu münden. [1]

Für Miguel Cottos Auftritt im Dezember ist Andy Lee im Gespräch, den der Verband WBO auf Platz acht seiner Rangliste führt. Während für den Puertoricaner 39 Siege und vier Niederlagen zu Buche stehen, hat der Ire 33 Kämpfe gewonnen und zwei verloren. Vielen Boxfans in den USA dürfte noch halbwegs in Erinnerung sein, daß Lee im Juni 2012 in El Paso gegen Julio Cesar Chavez jun. unterging. Wenngleich der Ire seit dieser Niederlage nicht gerade Bäume ausgerissen hat, brachte er sich doch im Juni wieder ins Gespräch. Er trat im Vorprogramm des vielbeachteten Kampfs zwischen Cotto und Martinez im Madison Square Garden gegen den Halbmittelgewichtler John Jackson an und lag nach Punkten im Rückstand, als er das Blatt durch K.o. in der fünften Runde wenden konnte.

Der 30 Jahre alte Andy Lee könnte zumindest in New York zahlreiche irische Fans mobilisieren, was Miguel Cotto freilich im Grunde nicht nötig hat, da er den Madison Square Garden notfalls auch allein füllen kann. Schaden würde es aber nicht, wenn der Puertoricaner mit einem Gegner im Ring stünde, der zumindest in dieser Stadt über eine beträchtliche Anhängerschaft verfügt. Wie Lees Promoter Lou DiBella im Gespräch mit Dan Rafael vom Sender ESPN erklärte, verkaufe sein Boxer jede Menge Eintrittskarten. Er gehe mit Sicherheit davon aus, daß HBO grünes Licht gibt und der Madison Square Garden begeistert ist. Andy Lee freue sich darauf, gegen eine Legende anzutreten, und so stehe ein außergewöhnlicher Kampf mit offenem Ausgang zu erwarten.

Daß Lou DiBella die Werbetrommel für sich und seinen Boxer nach Kräften rührt, ist ihm unbenommen. Die Mehrzahl der Fans dürfte jedoch seine Begeisterung nicht teilen, da die Konstellation überschaubar ist und der Ausgang des Kampfs absehbar anmutet. Für Miguel Cottos Zwischenetappe wird ein Gegner gesucht, der bekannt genug ist, um die Verkaufszahlen zu fördern, aber den großen Zahltag im Frühjahr nicht gefährden darf. Vom Restrisiko eines unvorhergesehenen Zwischenfalls abgesehen würde der Puertoricaner diesen Kampf sicher gewinnen. [2]

Der Sender HBO dürfte seine Zustimmung geben, da die Alternative ein noch schwächerer Gegner wäre. Theoretisch könnte HBO natürlich auch auf Gennadi Golowkin als Kontrahenten bestehen. Der würde Cotto jedoch höchstwahrscheinlich auf eine Weise demontieren, die dessen geplanten Kampf gegen Saul Alvarez erheblich abwertet oder gar obsolet macht.


Fußnoten:

[1] http://www.boxingnews24.com/2014/08/arum-saving-canelo-vs-cotto-for-may-2015/#more-179979

[2] http://www.boxingnews24.com/2014/08/dibella-miguel-cotto-vs-andy-lee-is-tremendous-fight/#more-179969

9. August 2014