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MELDUNG/1549: Bernard Hopkins glaubt nicht an das Glück (SB)




Als Künstler in Boxhandschuhen will er Kowaljow entzaubern

Bernard Hopkins, der in zwei Monaten 50 Jahre alt wird, ist der älteste Weltmeister in der Geschichte des Boxsports. Er war einst Champion aller vier maßgeblichen Verbände im Mittelgewicht und will nun zum Ausklang seiner erstaunlichen Karriere dasselbe Kunststück unter ungleich schwierigeren Bedingungen im Halbschwergewicht wiederholen. Als amtierender Superchampion der WBA und Weltmeister der IBF trifft er am 8. November in der Boardwalk Hall von Atlantic City auf Sergei Kowaljow, der den Gürtel der WBO in dieses Duell einbringt. Während für Hopkins 55 Siege, sechs Niederlagen und zwei Unentschieden zu Buche stehen, tritt der ungeschlagene Russe mit 25 gewonnenen Kämpfen und einem unentschieden gewerteten Auftritt an, wobei er nicht weniger als 23 Gegner vorzeitig besiegt hat.

Wie Hopkins wenige Tage vor diesem mit Spannung erwarteten Kampf noch einmal hervorgehoben hat, lasse er sich auf die Auseinandersetzung mit dem wegen seiner enormen Schlagwirkung gefürchteten Russen ein, weil er sich mit den allerbesten Kontrahenten messen wolle. Marvin Hagler und Ray Leonard hätten gegen die Besten gekämpft, die Alis dieser Welt seien nicht anders verfahren, so der 49jährige Champion. In seiner Ära als Weltmeister im Mittelgewicht sei er keinem Gegner aus dem Weg gegangen und diese Maxime halte er noch immer hoch.

Was häufig als bloßes Lippenbekenntnis von Boxern dahergeredet wird, trifft in diesem konkreten Fall zu, da Kowaljow derzeit als kaum zu bewältigende Aufgabe gilt. Hopkins weiß natürlich nur zu gut, vor welche Probleme ihn dieser Kontrahent stellen kann, doch verweist er darauf, daß er inzwischen fast drei Jahrzehnte im Geschäft ist. Ihn interessiere am meisten, was ein Widersacher außer Kugeln noch zum Revolverduell mitbringe. Zur Boxkunst gehöre mehr als nur eine einzige Fertigkeit, die man besonders gut beherrscht. Am 8. November dürfe man einem Künstler bei der Arbeit zusehen, gewissermaßen einem Miles Davis oder Louis Armstrong in Boxhandschuhen.

Viele Experten schätzen Kowaljow, der fast alle seine Gegner vorzeitig besiegt hat, als zu stark für den wesentlich älteren Bernard Hopkins ein. Dieser gibt unumwunden zu, daß es ihm angesichts des Russen wie den meisten Leuten gehe: Dieser Boxer könne einen mit seinen gewaltigen Schlägen derart zermalmen, daß man hinterher nicht mehr derselbe ist. Kowaljow sei eine Bedrohung für jeden Kontrahenten und somit ein außerordentlich schwerer Gegner. Er glaube jedoch nicht an Glück, so Hopkins. Seines Erachtens werde diesen Kampf gewinnen, wer das Beste aus sich herausholt.

Im übrigen glaube er nicht, daß es je wieder einem Boxer gelingen werde, der Zeit und dem Älterwerden auf dieselbe Weise die Stirn zu bieten, wie ihm das gelungen sei. Deshalb könne er den Fans nur raten, dieses außergewöhnliche Phänomen nicht gering zu schätzen und seine Auftritte zu genießen, solange das noch möglich sei.

Der 31 Jahre alte Sergej Kowaljow ist im vergangenen Jahr durch einen Sieg über den Waliser Nathan Cleverly in Cardiff WBO-Weltmeister geworden und will Hopkins auf dieselbe Weise zerlegen. Während der Amerikaner kämpfe und rede, beschränke er sich aufs Boxen, so der Russe. Er brauche keine besondere Strategie, sondern steige in den Ring und gewinne um jeden Preis. Komme es zur Prügelei, sei ihm das nur recht, und werde geboxt, so boxe er eben mit. Er werde Hopkins in den Hintern treten, weil der nun einmal sein Gegner sei. Wenn dieser glaube, einen Kontrahenten mit überschaubaren Fähigkeiten vor die Fäuste zu bekommen, täusche er sich gewaltig. [1]

Damit sind die Fronten abgesteckt, da keiner von beiden mehr verraten kann und will, womit er den Gegner zu überraschen und neutralisieren gedenkt. Kowaljow möchte den Widersacher kurz und klein schlagen, wie er das in seinen Kämpfen stets gehalten hat. Davon abgesehen gilt er jedoch als limitiert in seinen Möglichkeiten, da er vergleichsweise langsam mit den Fäusten und recht unbeweglich auf den Füßen ist. Vor allem aber kann er es an Erfahrung nicht mit Hopkins aufnehmen. Sollte es diesem gelingen, die Angriffe des Russen einige Runden lang zu neutralisieren und geschickt zu kontern, könnte ihm die wachsende Ratlosigkeit und Frustration des Gegners in die Hände spielen.

Als sich Kowaljow in seinem letzten Kampf eine Unaufmerksamkeit leistete und prompt auf den Brettern landete, saß Hopkins als aufmerksamer Beobachter am Ring. Der Russe kam wieder auf die Beine und drehte bald darauf den Spieß um, doch hatte sein kommender Gegner sicher einiges gesehen, was ihm nützlich sein kann. Bernard Hopkins hätte sich nicht für diesen Kampf entschieden, wenn er keine Anhaltspunkte dafür hätte, daß er ihn durchaus gewinnen kann. [2]


Fußnoten:

[1] http://www.boxingnews24.com/2014/11/old-school-hopkins-insists-he-only-wants-to-take-the-best/#more-183656

[2] http://www.boxingnews24.com/2014/11/hopkins-will-pick-kovalev-apart/#more-183895

6. November 2014