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MELDUNG/1788: Eine bessere zweite Wahl (SB)



Kell Brook verteidigt seinen Titel gegen Diego Chavez

Kell Brook verteidigt den IBF-Titel im Weltergewicht am 24. Oktober in seiner Heimatstadt Sheffield gegen Diego Chaves. Der 29jährige Brite war im August 2014 in Carson, Kalifornien, durch einen knappen Punktsieg gegen Shawn Porter Weltmeister geworden. Wenige Wochen später wurde er während eines Urlaubs mit seiner Familie von einem Angreifer durch einen Messerstich schwer am Bein verletzt. In Folge dieses Zwischenfalls mußte er eine für Dezember geplante Titelverteidigung verschieben und kehrte erst im März wieder in den Ring zurück, als er den überforderten Pflichtherausforderer Jo Jo Dan aus Kanada in der vierten Runde besiegte. Am 30. Mai setzte er sich in einem kaum minder einseitigen Kampf in der sechsten Runde gegen seinen Landsmann Frankie Gavin durch und blieb damit in 35 Profikämpfen ungeschlagen.

Der gleichaltrige Herausforderer aus Argentinien tritt mit einer Bilanz von 23 Siegen, zwei Niederlagen sowie einem Unentschieden an. Wenngleich er von seinen letzten vier Kämpfen nur einen gewonnen, jedoch zwei verloren und einen unentschieden abgeschlossen hat, konnte er seine Gegner dabei doch vor gehörige Probleme stellen. Im Juli 2013 gab er Keith Thurman im Kampf um den Interimstitel der WBA in San Antonio eine harte Nuß zu knacken, ehe er sich in der zehnten Runde geschlagen geben mußte. Es folgte ein leichter Sieg über den wenig bekannten Juan Alberto Godoy in Argentinien, worauf Chaves im August 2014 in Las Vegas auf Brandon Rios traf. In einem erbitterten und schmutzigen Kampf wurde der knapp führende Argentinier in der neunten Runde überraschend disqualifiziert. Während Chavez in diesem Fall benachteiligt wurde, verhielt es sich im Dezember 2014 eher umgekehrt, als sein Kampf gegen Timothy Bradley unentschieden ausging.

Wie Kell Brook erklärte, freue er sich darauf, wieder in Sheffield anzutreten. Sein letzter Kampf vor fast 20.000 Zuschauern in London sei zwar eine aufregende Erfahrung gewesen, doch vor heimischem Publikum in den Ring zu steigen, schätze er mehr als alles andere. Chavez sei ein robuster und zäher Kämpfer, den man keinesfalls unterschätzen dürfe. Er habe Thurman lange widerstanden, gegen Rios geführt und Bradley ein Unentschieden abgenötigt. Dies zeige, auf welchem Niveau er mitgemischt habe und wie gefährlich er sei.

Nach den Kämpfen gegen Dan im März und Gavin im Mai verteidige er seinen Titel innerhalb von nur sieben Monaten bereits zum dritten Mal. Mit dieser engen Taktfolge halte er sich in Schwung und sei als Champion sehr glücklich. Er habe von den Plänen des Argentiniers gehört, ihn unter Druck zu setzen und niederzukämpfen. Offenbar sei sich der Herausforderer nicht im klaren darüber, daß er gegen einen großen, formstarken und präzise schlagenden Weltmeister antrete. Sollte der Argentinier zu seinem Wort stehen, dürften sich die Zuschauer auf ein spektakuläres Feuerwerk gefaßt machen.

Diego Chavez würdigte den Titelverteidiger als widerstandsfähigen und technisch versierten Boxer. Der Brite kämpfe jedoch gradlinig, stehe frontal vor dem Gegner und sei nicht allzu schnell. Brook vertrage keine Körpertreffer und habe Probleme im Rückwärtsgang, die zuletzt gegen Shawn Porter deutlich geworden seien. Wie der Argentinier weiter ausführte, seien Schläge zum Körper seine Stärke, die der Champion zu spüren bekommen werde. Auch wolle er prüfen, wie es um die Schlagwirkung des Briten bestellt sei. Wenngleich er als Außenseiter in Sheffield antrete und ihr Duell die traditionelle Feindschaft zwischen England und Argentinier wieder aufleben lassen werde, sei er doch zuversichtlich, Geschichte schreiben zu können. [1]

Kell Brook und sein Promoter Eddie Hearn wollten ursprünglich den populäreren Brandon Rios als Herausforderer verpflichten, doch scheiterten die Verhandlungen an der Höhe der Börse und einer Rückkampfklausel. Mit Diego Chavez, der in der Rangliste der IBF an Nummer vier und bei der WBA an neunter Stelle geführt wird, haben sie jedoch einen noch besseren Gegner ins Boot geholt. Der Argentinier ist zweifellos der gefährlichste Widersacher seit dem Titelgewinn des Briten gegen Shawn Porter, da Jo Jo Dan und Frankie Gavin im Grunde Kanonenfutter waren. In seiner elf Jahre währenden Profikarriere hat Brook zwar schon 35 Gegner besiegt und nie verloren, dabei jedoch fast durchweg gegen nicht sonderlich starke Kontrahenten gekämpft.

Brook setzt vor allem auf seine beträchtliche Schlagwirkung, die allerdings nicht mit jener Keith Thurmans oder Marcos Maidanas mithalten kann. Ansonsten ist der Brite ein eher langsamer und mechanisch boxender Weltergewichtler, der sich gegen Shawn Porter nur durch ständiges Klammern zu helfen wußte, sobald dieser ihm zu nahe kam. Da der Ringrichter das zuließ, wurde die Offensive des US-Amerikaners weitgehend neutralisiert. Mußte Brook jedoch zurückweichen, wirkte er seltsam unbeholfen, als könne er mit solchen Situationen nicht umgehen. Vielleicht fehlt ihm schlichtweg eine entsprechende Erfahrung, da er jahrelang gegen schwächere Kontrahenten gekämpft hat, die er dominieren konnte.

Was die Schlagwirkung betrifft, dürfte Chavez dem Weltmeister mindestens ebenbürtig sein. Der Argentinier kommt gut mit Gegnern klar, die vor ihm stehenbleiben und nicht weglaufen, wie Brook das sicher tun wird. Der Brite bewegt sich wenig und kämpft ungern in der Nahdistanz. Daher ist ein attraktiver Kampf voller spektakulärer Szenen zu erwarten, sofern der Ringrichter seinen Job macht und den Lokalmatador nicht ungestraft klammern läßt, sobald ihm der Herausforderer zu Leibe rückt. [2]


Fußnoten:

[1] http://espn.go.com/boxing/story/_/id/13564289/kell-brook-diego-chaves-set-welterweight-bout-oct-24

[2] http://www.boxingnews24.com/2015/09/kell-brook-to-fight-diego-chaves-on-october-24th-in-sheffield/#more-198520

5. September 2015


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