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MELDUNG/1869: Aufsteigender Stern des Weltergewichts (SB)



Errol Spence - talentiert und durchsetzungsfähig

Der in 19 Profikämpfen ungeschlagene Weltergewichtler Errol Spence ist von der Organisation "Premier Boxing Champions" zum "Rising Star of the Year" gekürt worden. In den Ranglisten der Verbände WBC, IBF und WBO jeweils an Nummer zehn und bei der WBA auf dem elften Platz geführt, hat sich der 25jährige längst einen Namen als ebenso ambitionierter wie talentierter Kandidat gemacht, dessen Siegeszug bis in die höchsten Ränge seiner Gewichtsklasse nur noch eine Frage der Zeit zu sein scheint. Mit vier beeindruckenden Erfolgen gegen Samuel Vargas, Phil lo Greco, Chris van Heerden und Alejandro Barrera im Jahr 2015 hatte Spence sich für eine Auszeichnung seiner Leistungen empfohlen.

Eine Würdigung als "Boxer des Jahres" bei PBC wurde in seinem Fall nicht in Betracht gezogen, weil man diese Ehre bereits Keith Thurman zuerkannt hatte, dem regulären Weltmeister der WBA im Weltergewicht. Dieser hatte sich im nun ausklingenden Jahr gegen Robert Guerrero und Luis Collazo durchgesetzt. Im Kampf mit dem 34jährigen Collazo im Juli entging Thurman nach einem Körpertreffer nur knapp einem Niederschlag, was einmal mehr die Frage aufwarf, wie es um seine Nehmerqualitäten bestellt ist.

Bei seinem letzten Auftritt behielt Errol Spence im November gegen den robusten Alejandro Barrera, der ihm einen verbissenen Kampf lieferte, dank seiner enormen Schlagwirkung in der fünften Runde die Oberhand, nachdem sein Gegner zum zweiten Mal in diesem Durchgang zu Boden gegangen war. Es handelte sich dabei um eine Vorentscheidung, der im kommenden Jahr eine endgültige Qualifikation gegen einen noch zu benennenden Kontrahenten folgen soll, deren Sieger neuer Pflichtherausforderer des amtierenden IBF-Weltmeister wird. Zur Wahl stehen derzeit Fredrick Lawson, Konstantin Ponomarew, Amir Khan, Rico Muller, Sadam Ali, Jeff Horn, Shawn Porter, Dimitri Michailenko und Frankie Gavin.

Wie Errol Spence, der als Amateur bei den Olympischen Spielen 2012 in London der US-amerikanischen Mannschaft angehört hatte, nun im Gespräch mit dem Sender NBC erklärte, würde er sich am liebsten mit hochklassigen Gegnern wie Keith Thurman, Shawn Porter, Kell Brook und Chris Algieri messen. Ihm ist daran gelegen, sich so zügig wie möglich an einen Titelkampf heranzuarbeiten, um Champion zu werden und in der Folge gegen die Weltmeister der anderen Verbände anzutreten. Sollte es ihm wie geplant gelingen, 2016 zum Pflichtherausforderer der IBF aufzusteigen, könnte es voraussichtlich 2017 zum langersehnten Duell mit Kell Brook kommen, sofern der Brite zu diesem Zeitpunkt noch Titelträger des Verbands ist. Für Spence spielt es im Grunde keine Rolle, wen er dann vor die Fäuste bekommt, zumal er überzeugt ist, jeden Rivalen in seiner Gewichtsklasse besiegen zu können. Gegen Brook hätte er vermutlich relativ leichtes Spiel, da der Brite frontal anzugreifen pflegt und ihm daher ein kaum zu verfehlendes Ziel für seine wuchtigen Schläge böte.

Als Floyd Mayweather das Angebot ins Gespräch brachte, einen seiner beiden Gürtel im Weltergewicht niederzulegen, sofern Keith Thurman gegen Errol Spence um den dann vakanten WBA-Titel kämpfen würde, wies Thurman dieses Ansinnen empört zurück. Wie er erklärte, lasse er sich nicht vorschreiben, gegen wen er zu kämpfen habe, wobei Spence ohnehin unter seinem Niveau sei. Mayweather ging offensichtlich davon aus, daß Spence diesen Kampf gewinnen und seine Nachfolge als Champion dieses Verbands antreten könnte. Die daraufhin einsetzende Diskussion über den mutmaßlichen Ausgang dieses Duells gefiel Thurman natürlich überhaupt nicht, zumal die Einschätzung vorzuherrschen schien, daß er den kürzeren ziehen würde.

Das letzte Wort hatte wie immer der einflußreiche Berater Al Haymon, bei dem beide Boxer unter Vertrag stehen. Er hält es offensichtlich für günstiger, Spence nicht gegen Thurman antreten zu lassen, sondern auf den Weg zum IBF-Titel zu steuern. Die Logik dieser Vorgehensweise liegt auf der Hand, da Haymon im Erfolgsfall Keith Thurman als regulären WBA-Weltmeister und Errol Spence als IBF-Champion unter seinen Fittichen hätte. Zudem nehmen Amir Khan, Danny Garcia und Shawn Porter, die ebenfalls bei Haymon unterschrieben haben, den vakanten WBC-Titel ins Visier.

Spence ist sich augenscheinlich im klaren darüber, daß überzeugende Leistungen im Ring mit verbaler Werbung in eigener Sache einhergehen müssen, will er seinen Aufstieg nach besten Kräften befeuern. Nach seinen Worten nähren sich viele Boxer vom flüchtigen Ruhm und dem, was andere über sie sagen. Das wirke wie eine Art Droge, sei aber seine Sache nicht. Ihm sei ausschließlich daran gelegen, in jedem einzelnen Kampf eine hervorragende Leistung abzuliefern. Wenngleich ihm natürlich nicht entgehe, was die Leute reden, nehme er sich das nicht zu Herzen. Er habe nach wie vor einen Job zu erledigen und sei der Überzeugung, dem Kreis der Titelaspiranten anzugehören.

Damit trifft Spence den Nagel auf den Kopf, da er zweifelsfrei ein aussichtsreicher Kandidat, womöglich sogar schon der beste Akteur dieser Gewichtsklasse ist. Floyd Mayweather hat seine Karriere beendet, Manny Pacquiao bestreitet im Frühjahr 2016 seinen Abschiedskampf. Kell Brook hält den Titel der IBF, Timothy Bradley den Gürtel der WBO. Diese beiden Weltmeister wie auch der Rest der Konkurrenten sind nicht stärker einzuschätzen als Errol Spence, dem ohnehin noch Zeit bleibt, Erfahrungen zu sammeln, Schwächen auszumerzen und sich zu verbessern.

Was seinen nächsten Auftritt betrifft, wäre ein namhafter Gegner attraktiv, der beim Promoter Top Rank unter Vertrag steht. Sehenswert verliefe sicher ein Kampf gegen Terence Crawford, den WBO-Champion im Halbweltergewicht, der zwar leichter als Spence, aber technisch versiert und sehr beweglich boxt. Auch mit Viktor Postol, Danny Garcia, Amir Khan, Shawn Porter oder Timothy Bradley sähe man Errol Spence wohl gerne im Ring, doch sind all diese Möglichkeiten derzeit schlichtweg unrealistisch. Der 25jährige aufsteigende Stern des Weltergewichts soll sich für einen Titelkampf beim Verband IBF qualifizieren, wofür man ihm ganz trivial den höchstplazierten Kandidaten der Rangliste vorsetzen wird, der bereit ist, gegen ihn anzutreten. [1]


Fußnote:

[1] http://www.boxingnews24.com/2015/12/errol-spence-picked-pbcs-top-rising-star-year/#more-203598

25. Dezember 2015


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