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MELDUNG/2064: Zwei Superstars auf Andockkurs (SB)



Revanche zwischen Manny Pacquiao und Floyd Mayweather in Sicht?

Kaum hatte Manny Pacquiao in Las Vegas Jessie Vargas als Weltmeister entthront und sich den WBO-Titel im Weltergewicht zurückgeholt, den er im Mai 2015 an seinen Erzrivalen Floyd Mayweather abtreten mußte, als plötzlich eine nicht mehr für möglich gehaltene Revanche der beiden in die Jahre gekommenen Superstars in aller Munde war. Der damalige Kampf generierte mit einem Gesamtumsatz von rund 600 Millionen Dollar eine kommerzielle Rekordmarke für die Ewigkeit, deren astronomisches Ausmaß sich im zweiten Anlauf sicher nicht wiederholen läßt. Dennoch könnten beide Akteure zweifellos Gelder einstreichen, wie sie andernfalls nicht entfernt zu erzielen wären. De facto wäre dies nach Lage der Dinge wohl die einzige Option, die Mayweather dazu veranlassen könnte, seine im September 2015 für beendet erklärte Karriere wieder aufzunehmen, um im Falle des 50. Sieges seiner makellosen Laufbahn auch in dieser Hinsicht ein historisches Alleinstellungsmerkmal einzuheimsen.

Pacquiaos Promoter Bob Arum, der noch vor wenigen Tagen einen zweiten Kampf seines einträglichen Zugpferds gegen Floyd Mayweather so gut wie ausgeschlossen hatte, räumt dieser Möglichkeit auf einmal eine Wahrscheinlichkeit von 75 Prozent ein. Manny werde definitiv im Frühjahr 2017 seinen nächsten Auftritt geben und habe gute Aussichten, dabei zum zweiten Mal auf Mayweather zu treffen. Was hat den überraschenden Sinneswandels des 84jährigen Veteranen der Branche herbeigeführt? Es war zunächst eine Anfrage Floyd Mayweathers nach Eintrittskarten für Pacquiaos Auftritt, den er dann tatsächlich in Begleitung seiner Tochter am Ring verfolgte. Da er ansonsten fast ausschließlich Kämpfen beiwohnt, die unter der Regie seiner eigenen Promotion über die Bühne gehen, war dies schon ein vielbeachtetes Zeichen seines Interesses.

Augenblicklich schossen Spekulationen um den mutmaßlichen Wunsch nach einer Revanche auf seiten Mayweathers ins Kraut, die weitere Nahrung erhielten, als die beiden ehemaligen Kontrahenten mehrfach freundschaftlich anmutende Gesten austauschten. Auch Arum hebt die augenfällig zugewandte Art Floyd Mayweathers an diesem Abend hervor, der sich lebhaft mit mehreren Repräsentanten von Top Rank unterhalten habe. Wenngleich man daraus natürlich nicht ableiten könne, daß der Kampf definitiv stattfinden werde, würde es diesmal jedenfalls keine fünf Jahre wie beim letzten Mal dauern, bis man sich endlich einig geworden sei. Von der damaligen Feindseligkeit zwischen den beiden Lagern sei jedenfalls nichts mehr zu spüren.

Wie man dazu wissen muß, stand Mayweather lange Jahre bei Bob Arum unter Vertrag, bis er seine Vermarktung weitgehend in die eigenen Hände nahm und sich mit dem einflußreichen Berater Al Haymon verbündete. Dies führte zum Bruch und wachsenden Animositäten, die in einer Klage Arums gegen Haymon gipfelte, deren Streitwert 100 Millionen Dollar betrug. Inzwischen ist die Kontroverse aber beigelegt, und wenn die beiden auch kaum beste Freunde geworden sein dürften, kommunizieren sie doch wieder recht fruchtbar miteinander, wenn dies den beiderseitigen Interessen an der Austragung bestimmter Kämpfe dient.

Wie jeder andere sei auch er auf Mutmaßungen angewiesen, was die Absichten Mayweathers betreffe. Dessen Anwesenheit bei Pacquiaos Auftritt halte er indessen für ein gutes Zeichen, zumal kein einziges böses Wort gefallen sei, gibt Arum den goldenen Aussichten Sporen. Vor dem Kampf gegen Vargas war sich Pacquiao offenbar nicht sicher gewesen, ob er danach überhaupt noch einmal in den Ring zurückkehren werde. Er wurde im Mai in den Senat seines Landes gewählt und wird seither von den damit verbundenen Pflichten in Anspruch genommen. Um das Trainingslager zu organisieren, bedurfte es eines ausgeklügelten Zeitplans, wobei das Ergebnis eine gelungene Vorbereitung bestätigte.

Der als Außenseiter gehandelte Jesse Vargas hielt sich bei seiner ersten Titelverteidigung nicht zurück und brachte etliche Schläge ins Ziel, mußte sich aber dem überlegenen Können des Philippiners beugen. Pacquiao, dem bereits in der zweiten Runde ein Niederschlag gelang, hätte sicher gern vorzeitig gewonnen, was ihm seit 2009 nicht mehr vergönnt war. Mit 37 Jahren ist er nach wie vor ein herausragender Boxer, kann jedoch nicht mehr unablässig Druck entfalten wie zu seinen allerbesten Zeiten. So überstand Vargas volle zwölf Runden, mußte sich aber klar nach Punkten geschlagen geben. Nach dem Erfolg gegen Timothy Bradley im April war dies eine weitere gelungene Vorstellung, die Pacquiao sicher ermutigt hat, die Boxhandschuhe noch nicht an den Nagel zu hängen.

Arum zufolge hat ihm Pacquiao von sich aus berichtet, daß der Senat ab Mitte März eine achtwöchige Pause einlegt. Damit dürfte klar sein, wann der Philippiner seinen nächsten Auftritt plant. Er könnte in diesem Fall sein Trainingslager komplett in den USA absolvieren und nicht erst zwei Wochen vor dem Kampf anreisen wie zuletzt gegen Vargas. Denkbar wäre natürlich auch ein anderer Gegner, den Bob Arum wie bei ihm üblich vorzugsweise unter seinen eigenen Kandidaten aussuchen würde. Da aber ein Kampf der Superlative gegen Mayweather winkt, wird sich der Promoter diese Option sicher nicht verbauen, indem er frühzeitig auf einen anderen Kontrahenten setzt. [1]

Der mit hochgespannten Erwartungen überfrachtete erste Kampf zwischen Mayweather und Pacquiao nahm einen enttäuschenden Verlauf, da der Philippiner relativ chancenlos war. Wie sich hinterher herausstellte, war er mit einer Schulterverletzung angetreten, die ihn erheblich einschränkte. Der ziemlich unattraktive Auftritt und seine unerfreulichen Begleitumstände sorgten für böses Blut, da sich viele Zuschauer getäuscht fühlten und verständlicherweise der Auffassung waren, sie seien lediglich abkassiert worden. Bislang sind Mayweather und Pacquiao die beiden einzigen Boxer, die mit 250 Millionen Dollar für den US-Amerikaner und 150 Millionen für den Philippiner in einer einzigen Nacht eine neunstellige Summe verdient haben. Pacquiao hat als Weltmeister in acht Gewichtsklassen Boxgeschichte geschrieben und wird im Dezember 38 Jahre alt. Der zwei Jahre ältere Mayweather ist eine Ausnahmeerscheinung und war bislang mit nur zwei Auftritten pro Jahr der bestverdienende Sportler weltweit. Die Perspektive, daß die beiden mit einem überzeugenden Duell die unerfreuliche Premiere vergessen machen und ihre Laufbahn zum Abschluß krönen könnten, ist schon für sich genommen so reizvoll, daß die Debatte darüber in den kommenden Wochen zum Dauerbrenner werden dürfte.


Fußnote:

[1] http://www.espn.com/boxing/story/_/id/17996728/manny-pacquiao-rematch-floyd-mayweather-likely-bob-arum-says

9. November 2016


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