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MELDUNG/2150: Kreuzvergleich - Floyd Mayweather gegen Conor McGregor (SB)



Umstrittenes Spektakel geht Ende August über die Bühne

Floyd Mayweather und Conor McGregor treten am 26. August im MGM Grand in Las Vegas gegeneinander an, das auch 2015 Schauplatz des "Kampfs des Jahrhunderts" zwischen Mayweather und Manny Pacquiao war. Das damalige Spektakel enttäuschte zwar in sportlicher Hinsicht auf ganzer Linie, fuhr aber mit 4,6 Millionen Buchungen bei HBO/Showtime im Pay-TV einen sagenhaften finanziellen Rekord ein. Nun kursieren Spekulationen, der Crossover zwischen Boxen und Mixed Martial Arts könnte ungeachtet seiner fragwürdigen Qualität noch mehr Geld als beim sagenhaften Rekorderlös vor zwei Jahren in die Taschen der beteiligten Akteure schaufeln. Das ist zwar eher unwahrscheinlich, da sich so gut wie alle Experten in der Einschätzung einig sind, daß der Ire ungeachtet überragender Fähigkeiten in seinem Metier chancenlos in einem Duell nach Boxregeln ist. Andererseits sind beide Akteure nicht nur Meister ihrer Zunft, sondern zugleich Vermarktungstalente par excellence, die nüchternen Prognosen zum Trotz dem potentiellen Publikum verbalakrobatisch einheizen können.

Der 28 Jahre alte McGregor brachte die Meldung des fest vereinbarten Kräftemessens unters Volk, obgleich sich Mayweathers Berater Al Haymon und UFC-Boß Dana White noch nicht über die beiderseitigen Börsen und andere maßgebliche Details handelseinig geworden waren. Daß die Wahl auf das MGM Grand als Veranstaltungsort fiel, obgleich andere Sportstätten wie etwa die T-Mobile Arena erheblich mehr Zuschauern Platz bieten würden, ist darauf zurückzuführen, daß Mayweather auf diese Weise die volle Kontrolle über die Eintrittspreise behält. Es würde kaum überraschen, müßten die Schaulustigen ähnlich astronomische Summen auf den Tisch legen wie seinerzeit beim Kampf gegen Manny Pacquiao.

Beide Akteure haben bereits das Training aufgenommen, was insbesondere für den mittlerweile 40jährigen Mayweather unverzichtbar ist. Er hat seit dem Sieg über Andre Berto im September 2015 keinen Kampf mehr bestritten und die Boxhandschuhe eigentlich längst an den Nagel gehängt. Die beiden Lager haben sich auf das Halbmittelgewicht geeinigt und dem Vernehmen nach die Sportkommission von Nevada mit ins Boot geholt. Der ungeschlagene Mayweather will gegen den UFC-Champion in zwei Gewichtsklassen den 50. Sieg seiner Karriere einfahren und damit alleiniger Rekordhalter im professionellen Boxsport werden. Hingegen ist McGregor, der noch nie einen regulären Boxkampf bestritten hat, gewissermaßen ein Novize auf diesem Gebiet, wenn er mit dem nach wie als weltbestem Boxer gehandelten US-Amerikaner in den Ring steigt.

Viele Kritiker sprechen daher von einer Farce, die ausschließlich aus finanziellen Erwägungen inszeniert werde und im Falle eines allzu einseitigen Verlaufs dem Boxgeschäft schweren Schaden zufügen würde. Das Pay-TV hat sich gerade erst von dem Rückschlag infolge des enttäuschenden Kampfs zwischen Mayweather und dem verletzt angetretenen Philippiner erholt, für das die Fernsehkunden bis zu 100 Dollar bezahlen mußten. Bei den Buchmachern ist McGregor derzeit als krasser 25:1-Außenseiter notiert, so daß er noch gewaltigen Gebrauch von seinem Mundwerk machen muß, um der Kundschaft einzureden, er habe sich inzwischen boxerisch enorm verbessert und ausgezeichnete Chancen, Mayweather das Handwerk zu legen.

Vermutlich werden die MMA-Fans in hellen Scharen aufkreuzen oder die Übertragung buchen, um den populärsten UFC-Star zu sehen. Die große Frage bleibt jedoch, ob das auch für das boxinteressierte Publikum gilt, das für die erhofften Verkaufszahlen unabdingbar ist. Die Zuschauer wollten Mayweathers Auftritte gegen Saul "Canelo" Alvarez und Manny Pacquiao miterleben, da sie in beiden Fällen eine Niederlage des Superstars für möglich hielten. Das dürfte jedoch im Falle McGregors kaum funktionieren, da Mayweather schon von allen guten Geistern und seinem Talent verlassen sein müßte, um den kürzeren zu ziehen.

Der Termin am 26. August ist zugleich eine Kampfansage an Saul Alvarez und Gennadi Golowkin, die nur drei Wochen später ebenfalls in Las Vegas ihr unter Hochspannung erwartetes Duell um die Vorherrschaft in der Branche austragen werden. "Canelos" Promoter Oscar de la Hoya hatte extra das Wochenende des mexikanischen Feiertags Mitte September gewählt, um Mayweather auszubooten, der früher traditionell an diesem Termin aufgetreten ist. Dessen Konter, vorher mit McGregor in den Ring zu steigen, wird sich zweifellos negativ auf die Konkurrenten auswirken. Die wenigsten Fans werden willens und zahlungskräftig genug sein, um zwei teure Kämpfe binnen weniger Wochen zu buchen. Das dürfte auch Mayweathers Marge beeinträchtigen, doch sehr viel weniger als die der Rivalen, da er ihnen zuvorkommt und zuerst abgreifen kann. Wenngleich kaum jemand daran zweifelt, daß der Septemberkampf weitaus hochwertiger einzuschätzen ist, könnte gerade eine neuerliche Enttäuschung beim vorangehenden Spektakel abschreckend wirken. [1]

Conor McGregor hat am 5. März 2016 in der zweiten Runde gegen Nate Diaz verloren, an dem er am 20. August umstritten nach Punkten Revanche nahm. Wesentlich überzeugender fiel dann sein rascher Sieg über Eddie Alvarez aus, dem er bei seinem bislang letzten Auftritt am 12. November den Titel im Leichtgewicht abnahm. Mayweather hat im Laufe der Jahre mit Oscar de la Hoya, Miguel Cotto, Jose Luis Castillo, Diego Corrales, Marcos Maidana, Saul "Canelo" Alvarez und Manny Pacquiao eine ganze Reihe hochklassiger Gegner besiegt. Er war Weltmeister in fünf verschiedenen Gewichtsklassen und jahrelang die unumstrittene Nummer eins der Branche. Dabei verstand er es immer wieder, allseits geforderte Duelle solange reifen zu lassen, bis sie sich bestmöglich vermarkten ließen, so daß er schließlich zur Geldmaschine des Boxgeschäfts und zum bestverdienenden Sportler weltweit aufstieg, obgleich er nur zwei Kämpfe pro Jahr bestritt.

McGregor hatte bereits vor zwei Jahren einen Kampf gegen Mayweather ins Gespräch gebracht, was dieser zunächst als lächerliche Vorstellung zurückwies. Da der Ire nie geboxt und der US-Amerikaner seine Karriere offiziell beendet hatte, mochte man das anschließende Hin und Her für eine fadenscheinige Imagekampagne ohne ernsthafte Konsequenzen halten. Dana White war ursprünglich dagegen, machte aber schließlich eine Kehrtwende, weil einfach zuviel Geld im Spiel ist, um es liegenzulassen. Er einigte sich UFC-intern mit McGregor, was zwar noch nicht die halbe Miete, aber schon ein gewaltiger Schritt voran war. Von dem einflußreichen Berater Al Haymon, die nie persönlich, sondern stets über Mittelsmänner mit den Medien kommuniziert, war wie üblich kein einziges Wort zu hören, doch dafür um so mehr von Floyd Mayweather, der im Duett mit McGregor Zug um Zug eine Fehde aufzog, die Experten, Gazetten und Publikum zunehmend in ihren Bann schlug. Wenngleich sich die abfälligen Kommentare häuften und Oscar de la Hoya gar in einem offenen Brief zum Boykott aufrief, blieb das sich anbahnende Spektakel um so mehr in aller Munde.

Kein Außenstehender wird je erfahren, was von langer Hand geplant, einvernehmlich abgesprochen oder im Gegenteil im Prozeßverlauf frei improvisiert war. Man denke nur an Ronda Rousey, der zeitweise populärsten MMA-Kämpferin, die Floyd Mayweather ebenfalls herausgefordert hatte. Auch dabei bahnte sich eine Art Fehde an, die über Monate immer wieder neue Nahrung erhielt, bis Rousey zwei herbe Niederlagen in Folge bezog und aus dem Rennen war. Wenngleich die Realisierung dieses Kampfs wohl nie ernsthaft zur Debatte stand, mutet diese Inszenierung im Rückblick doch wie ein Mosaikstein zur Verwirklichung des Duells mit McGregor an, für dessen Akzeptanz die Öffentlichkeit erst beharrlich weichgeklopft werden mußte.

Floyd Mayweather, der im Kampf gegen Manny Pacquiao alles in allem rund 250 Millionen Dollar eingestrichen haben soll, war in seiner aktiven Laufbahn zwangsläufig der absolute Magnet, da nichts so lukrativ wie eine Niederlage gegen ihn war, wenn man ihn schon nicht bezwingen konnte. Wenngleich von seinen Gegnern lediglich der Philippiner eine dreistellige Millionensumme abgreifen konnte, erhielten seine Kontrahenten doch in aller Regel die weitaus höchsten Börsen ihrer gesamten Karriere. Als Mayweather schließlich verkündete, er würde einzig und allein für diesen Kampf noch einmal aus dem sportlichen Ruhestand zurückkehren, wurde das fast schon als grünes Licht wahrgenommen.

Conor McGregor, der bislang erst dreimal über eine Million Dollar und nie mehr als drei Millionen für einen Kampf bekommen hat, ist als sportlicher Großverdiener verglichen mit Mayweather doch nur ein kleines Licht. Das hielt ihn jedoch nie von der vollmundigen Forderung ab, er werde nur für garantierte 100 Millionen antreten. Er hat die Rolle übernommen, als aggressiv in Erscheinung tretender Widerpart die Stimmung anzuheizen und den Medien etwas zu beißen zu geben. So lieferte er sich beispielsweise beim Profidebüt seines Kumpels Michael Conlan ein kurzes, aber lautstarkes Wortgefecht mit den anwesenden Pressevertretern, denen er ankündigte, er werde in den Ring steigen und die ganze gottverdammte Welt schockieren, indem er Floyd auf die Bretter schicke: "Ich werde euch allen das Maul stopfen!" [2]


Fußnoten:

[1] http://www.boxingnews24.com/2017/06/floyd-mayweather-vs-conor-mcgregor/#more-236783

[2] http://www.espn.com/boxing/story/_/id/19637155/floyd-mayweather-conor-mcgregor-megafight-finalized-aug-26

23. Juni 2017


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