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MELDUNG/2179: Schwaches Bild auf beiden Seiten (SB)



Billy Joe Saunders nicht ganz so schlecht wie Willie Monroe

In einem niveauarmen und über weite Strecken langweiligen Kampf hat Billy Joe Saunders den WBO-Titel im Mittelgewicht erfolgreich verteidigt. Der 28jährige Brite setzte sich in der Londoner Copper Box Arena einstimmig nach Punkten gegen den zwei Jahre älteren Willie Monroe aus den USA durch. Während der Weltmeister damit in 25 Kämpfen ungeschlagen blieb, stehen für den bislang an Nummer fünf der WBO-Rangliste geführten Herausforderer jetzt 21 Siege und drei Niederlagen zu Buche. Beide Akteure blieben den Beweis schuldig, der Weltklasse anzugehören. Monroe, der bei seiner ersten Titelchance im Jahr 2015 vorzeitig gegen Gennadi Golowkin verloren hatte, erweckte nicht den Eindruck, als wolle er sich im zweiten Anlauf mit aller Macht doch noch einen Gürtel sichern. Nach seiner enttäuschenden Vorstellung in der Copper Box Arena dürfte er so schnell nicht wieder eine weitere Gelegenheit dazu bekommen.

Willie Monroe war als Ersatzmann verpflichtet worden, nachdem der ursprünglich vorgesehene David Lemieux aufgrund von Verletzungen, die er sich in seinem vorangegangenen Kampf zugezogen hatte, nicht zur Verfügung stand. Wäre der Kanadier bereits gesund und im Vollbesitz seiner Kräfte gewesen, hätte Saunders vermutlich keine fünf Runden mit ihm überstanden. In der Anfangsphase machte der Brite noch eine gute Figur und zwang Monroe den Kampf auf, der nur sporadisch zurückschlug. Daran sollte sich leider auch in der Folge nichts Wesentliches ändern. In den letzten Sekunden des dritten Durchgangs versetzte Saunders dem an den Seilen lehnenden Herausforderer einige heftige Treffer. Daraufhin schien der US-Amerikaner endlich aufzuwachen, denn er gewann in der folgenden Runde mit seinem Jab und einigen Treffern der linken Schlaghand vorübergehend die Oberhand. Das schien den Briten derart aufzubringen, daß er sich im fünften Durchgang mit einem Ellbogenstoß ins Gesicht des Gegners revanchierte, wovon Monroe glücklicherweise keine sichtbare Verletzung davontrug. Warum der Ringrichter Saunders trotz dieser groben Regelwidrigkeit ungeschoren davonkommen ließ, blieb sein Geheimnis.

Monroe ließ sich zunächst nicht einschüchtern und traktierte den Weltmeister, der offensichtlich eine Erholungspause einlegen mußte, in der sechsten Runde gelegentlich mit dem Jab. Ansonsten passierte so gut wie nichts, was über weite Strecken auch für die nächste Runde galt, bis sich Saunders kurz vor der Pause dann doch dazu durchrang, dem US-Amerikaner zunächst eine Linke zum Kopf zu versetzen, der er eine schulbuchmäßige Kombination aus vier weiteren Schlägen folgen ließ. Die Zuschauer waren nach der ereignisarmen Vorgeschichte aus dem Häuschen, doch ebbte die Begeisterung rasch wieder ab. Im Kampf gegen Golowkin hatte Monroe schwere Prügel bezogen, sobald er sich gegen die Seile lehnte. Offenbar hat er daraus nichts gelernt, da er sich auch im Duell mit Saunders immer wieder ohne Not selbst in diese Enge begab, wovon der Brite weidlich profitierte. Da der Herausforderer keine Ambitionen erkennen ließ, rückhaltlos zur Sache zu gehen, genügte dem Champion jeweils ein kurzer Ansturm vor Ende der achten und neunten Runde, um sich die Punkte zu sichern.

Nachdem der in der Rechtsauslage boxende Herausforderer zehn Runden lang kaum etwas unternommen hatte, um den Weltmeister in Schwierigkeiten zu bringen, versuchte er in der Schlußphase endlich, das Blatt zu wenden. Er arbeitete nun fleißig mit dem Jab und versetzte dem Briten einzelne wuchtige Schläge mit der Linken. Monroe wirkte in den letzten beiden Runden wie verwandelt, doch kam dieser Ansturm viel zu spät, um den Rückstand in der Punktwertung wettzumachen. Unter diesen Umständen hätte er Saunders schon auf die Bretter schicken müssen, wofür es ihm jedoch schlichtweg an Schlagwirkung mangelte. Am Ende behielt der Champion klar die Oberhand (117:111, 115:114, 117:112), was auch in der Höhe durchaus vertretbar war.

Alles in allem hatte Monroe das Bild eines schwachen Herausforderers abgegeben, da er es weitgehend bei seinem Jab beließ, den er überdies nicht allzu häufig und wirksam genug schlug. Er hatte sich in der Vergangenheit bei seinen Siegen über Gabriel Rosado und John Thompson, ja selbst bei der Niederlage gegen Gennadi Golowkin in wesentlich besserer Verfassung präsentiert. In allen drei Fällen ging er den direkten Schlagabtausch ein, was von jeher seine bevorzugte Kampfesweise war. Im Kampf mit Saunders verharrte er hingegen in der Distanz und boxte ausgesprochen passiv, obgleich ihm das keinerlei Vorteile bescherte. Warum es seine Ecke unterließ, die Taktik zu ändern oder ihn wenigstens energisch anzuspornen, als ihm die Felle wegschwammen, ist schleierhaft. Sein Trainer erweckte vielmehr den Eindruck, als laufe alles nach Plan.

Das Publikum verlieh des öfteren seinem Unmut Ausdruck und sparte dabei auch den Lokalmatador nicht aus. Wenn selbst die eigene Fangemeinde dem Geschehen im Ring so wenig abgewinnen konnte, spricht das Bände, was die enttäuschende Qualität dieses Titelkampfs betrifft. Saunders boxte, als habe er Angst vor seinem eigenen Schatten, und Monroe stellte noch weniger auf die Beine. Am Ende trug der Boxer den Sieg davon, der nicht ganz so schlecht wie sein Gegner gekämpft hatte. Trotz dieser schwachen Vorstellung verkündete Billy Joe Saunders im anschließenden Interview, er wünsche sich für seinen nächsten Auftritt im Dezember Gennadi Golowkin oder Saul "Canelo" Alvarez zum Gegner.

Das war nun wirklich ein starkes Stück, da sich Saunders weder für einen derart bedeutenden Kampf empfehlen konnte noch nennenswerte Aussichten hätte, dabei nicht sang- und klanglos unterzugehen. Wie schon so oft in der Vergangenheit bekam er auch diesmal nach nur fünf Runden gravierende Konditionsprobleme und konnte von Glück reden, daß Monroe nicht in der Lage war, daraus Kapital zu schlagen. Sollte es die Taktik des Herausforderers gewesen sein, auf die Ermüdung des Briten zu setzen, war davon erst in den letzten beiden Runden und damit viel zu spät etwas zu spüren. Saunders suchte mehr als einmal sein Heil in regelwidrigen Aktionen, da er neben dem bereits erwähnten Ellbogenstoß wiederholt in den Nacken Monroes schlug, nach einem Trennkommando weiterboxte oder den Gegner in den Schwitzkasten nahm. Mitunter stieß er Monroe zu Boden, wenn die beiden klammerten, und profitierte auch dabei von dem Freibrief, den ihm der Ringrichter offensichtlich erteilt hatte. [1]

Wie Billy Joe Saunders hinterher in einem Anflug von Selbstkritik einräumte, sei dies nicht gerade ein unterhaltsamer Kampf für die Zuschauer gewesen. Er habe nach einer langen Pause von neun Monaten sehr viel Gewicht loswerden müssen und sei froh, den Auftritt gut überstanden zu haben. Zu diesem Zeitpunkt wußte der Brite noch nicht, wie der am selben Abend in Las Vegas ausgetragene Kampf zwischen Gennadi Golowkin und Saul "Canelo" Alvarez ausgehen würde. Nachdem der Mexikaner dabei durch ein haarsträubendes Fehlurteil mit einem Unentschieden beschenkt worden ist, stehen die Zeichen auf eine hochdotiere Revanche Anfang Mai nächsten Jahres. Ob sich Golowkin dazu entschließt, zwischenzeitlich Saunders den WBO-Titel abzunehmen und damit seine Gürtelsammlung im Mittelgewicht abzurunden, wird sich zeigen.


Fußnote:

[1] http://www.boxingnews24.com/2017/09/billy-joe-saunders-vs-willie-monroe-jr-results/#more-243044

18. September 2017


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