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GENTECHNIK/022: Vom Schaf zum Affen - genetische Kopien durch Klonen (tierrechte)


Magazin tierrechte - Ausgabe 2/2018
Menschen für Tierrechte - Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V

Vom Schaf zum Affen - genetische Kopien durch Klonen

von Carolin Spicher


Im Sommer 1996 erblickte das Bergschaf Dolly das Licht der Welt, das erste Säugetier, welches mittels somatischem Zellkerntransfer geklont wurde. Anfang dieses Jahres machte China Schlagzeilen mit den ersten lebensfähigen geklonten Primaten. Diese Entwicklungen öffnen die Tür für die "Produktion" von mehr und mehr genetisch veränderten Tieren unterschiedlicher Arten als sogenannte Krankheitsmodelle für den Menschen.


Bis zu Dollys Geburt galt es als unmöglich, ein bereits ausgewachsenes Tier zu klonen und somit genetisch zu kopieren. Seitdem sind viel Zeit und Geld in die Weiterentwicklung von Klontechniken geflossen und mittlerweile ist das Klonen von "Labormäusen" zum Standard geworden. Denn: da die Weiterzucht von gentechnisch veränderten Tieren oft schwierig ist, werden Klontechniken für die Massenproduktion von Tieren verwendet.


Viele Motive befeuern die Klon-Maschinerie

Neben dem Forscherdrang, Neues auszuprobieren, sollen geklonte "Hochleistungstiere" mehr Milch und Fleisch, also letztlich mehr Profit liefern. In der medizinischen Forschung sollen als "Organspender" vorgesehene genmanipulierte Schweine durch Klonen vermehrt werden (siehe Artikel S. 7, Xenotransplantation), ebenso wie transgene Schafe oder Ziegen, die in ihrer Milch u. a. menschliche Blutgerinnungsfaktoren oder industriell nutzbare Eiweiße produzieren. Bedrohte oder bereits ausgestorbene Tiere sollen wieder zum Leben erweckt werden, wobei sich niemand zu fragen scheint, wo diese Tiere leben sollen, wenn ihr Lebensraum nicht mehr existiert oder mehr und mehr zerstört wird. Manche Menschen können sich nicht damit abfinden, dass das Leben endlich ist und möchten ihren Hund oder ihre Katze nach deren Tod geklont haben.


Wie werden Tiere kopiert?

Wenn heute vom Klonen gesprochen wird, ist meist vom sogenannten somatischen Zellkerntransfer die Rede. Dazu werden von dem lebenden Tier, das geklont werden soll, Zellen entnommen, zum Beispiel aus dem Euter, der Haut oder auch aus anderem Gewebe. Diese Zellen werden im Labor vermehrt, und schließlich wird ihnen der Zellkern, in dem sich das Erbgut befindet, entnommen. Ein so erhaltener Zellkern wird mit einer Eizelle eines weiteren Tieres verschmolzen. Aus dieser Eizelle wurde der Zellkern - und damit das Erbgut der "Eizell-Spenderin" - entfernt. Nach Einpflanzung dieser "zusammengesetzten" Zelle in ein Muttertier soll dann ein lebensfähiger Organismus heranwachsen, der genetisch gesehen eine "Kopie" des Tieres darstellt, dem die Körperzellen entnommen wurden. Allerdings ist ein geringer Anteil Erbgut auch außerhalb des Zellkerns in der Zelle zu finden (in den sogenannten Mitochondrien, den "Kraftwerken" der Zelle). Das Tier, dem die Eizelle entnommen wurde, gibt damit - auch nach Entfernung des Eizellkerns - einen geringen Anteil Erbgut an den entstehenden Klon weiter.


Hohe Sterberate

Bislang stellt das Klonen von Tieren einen sehr hohen Verbrauch von Leben dar, denn die allermeisten der durch Zellkerntransfer erzeugten Embryonen sterben noch im Mutterleib ab. Eine Stellungnahme der Europäischen Lebensmittelbehörde EFSA zitiert einige Studien, in denen von mehreren Tausend Versuchen, Rinder zu klonen, lediglich in neun Prozent der Fälle lebende Kälber zur Welt kamen, von denen einige kurz nach der Geburt starben. Bei Schweinen ist die "Erfolgsrate" sogar noch weit niedriger. Die beiden chinesischen Klonäffchen waren die einzigen zwei lebensfähigen Tiere von ursprünglich 109 erzeugten Embryonen. Die Technik beinhaltet außerdem immer auch Manipulationen und Operationen an weiteren Tieren, die zu Schmerzen, Leiden und Schäden oder auch Stress führen können. Das Gewinnen der Eizellen, Implantieren der Embryonen oder auch das Gebären durch Kaiserschnitt sind schwere Eingriffe für die Elterntiere.


Schmerzen, Leiden und Schäden

Die Embryos, die bis zur Geburt überleben, haben oft lebenslang mit gesundheitlichen Schwierigkeiten zu kämpfen. Bei Rindern, Schafen und Ziegen sind die geklonten Kälber bzw. Lämmer teilweise bei der Geburt zu schwer und zu groß (Large Offspring Syndrome - LOS), was einen Kaiserschnitt erforderlich macht. Diese Tiere sind dann teilweise trotzdem nicht lebensfähig, da auch die inneren Organe fehlgebildet sein können. Sie sind anfälliger für Krankheiten oder haben Schwierigkeiten beim Atmen, Saugen und Stehen. Andere bekannte Leiden sind Störungen der Muskelfunktion (auch des Herzmuskels), verminderte Anzahl roter und weißer Blutkörperchen, Lungenversagen, die Ausbildung einer Fettleber oder auch eine abnorme Entwicklung der Nieren.


Zwillingsproduktion

Unter die Kategorie des Klonens fällt auch das sogenannte Embryo-Splitting. Beim Embryo-Splitting, das beispielsweise bei Rindern angewandt wird, werden durch künstliche Befruchtung gewonnene Embryonen im Vierzell- oder Achtzell-Stadium zweigeteilt und in eine "Leihmutter-Kuh" eingepflanzt. Da die Zellen in diesem Stadium noch die Fähigkeit haben, sich zu einem vollständigen Wesen zu entwickeln, können auf diese Weise aus einem Embryo zwei gemacht werden, die sich dann zu zwei Organismen entwickeln. Allerdings sterben auch bei diesem Verfahren die Embryonen oft ab.


Liste der Kritik ist lang

Für Produkte von geklonten Tieren besteht nach Ansicht des Bundesverbands keinerlei Notwendigkeit. Tiere sollen durch das Klonen in noch größerem Maß für vermeintliche oder tatsächliche Bedürfnisse des Menschen ausgebeutet werden. Durch Klonen beeinflusst der Mensch die genetische Identität eines Individuums nach für ihn zweckdienlichen Kriterien. Damit verletzt er Rechte, Eigenwert und Würde der Tiere. Außerdem ist zu befürchten, dass die Etablierung von Klontechniken zu einer Einschränkung der genetischen Vielfalt führen könnte. Schon heute sind durch die weit verbreitete Anwendung der Reproduktionstechnologien bei Tieren etliche Haustierrassen ausgestorben oder vom Aussterben bedroht. Dieser Trend wird durch Klonen verstärkt.


Klontiere für die Nahrungsmittelproduktion

Derzeit gilt in der EU für Erzeugnisse wie Milch oder Eier von geklonten Tieren keine Kennzeichnungspflicht. Allerdings gelten diese Produkte als sogenannte neuartige Lebensmittel und fallen somit unter die Novel-Food-Verordnung, müssen also als unbedenklich ausgewiesen werden. Aktuell läuft auf EU-Ebene eine hitzige Diskussion darüber, das Klonen von Tieren zu Nahrungsmittelzwecken und die Verwendung von Produkten solcher Tiere zu verbieten. Sollte ein Verbot kommen, soll es für alle sogenannten Nutztierarten gelten.

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Quelle:
Magazin tierrechte - Ausgabe 2/2018, S. 8-9
Menschen für Tierrechte
Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V.
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Telefon: 0211 / 22 08 56 48, Fax. 0211 / 22 08 56 49
E-Mail: info@tierrechte.de
Internet: www.tierrechte.de
 
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veröffentlicht im Schattenblick zum 14. August 2018

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