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POLITIK/528: Tierschutzpolitik mitgestalten - Wahlen und andere demokratische Mittel (tierrechte)


tierrechte Nr. 49, August 2009
Menschen für Tierrechte - Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V.

Tierschutzpolitik mitgestalten - Wahlen und andere demokratische Mittel

Von Christiane Baumgartl-Simons


Es gilt als Superwahljahr, das Jahr 2009 mit Kommunalwahlen in acht Bundesländern, fünf Landtagswahlen, einer EU- und einer Bundestagswahl. Da stellt sich die Frage: Wen sollen wir wählen, welche Partei und welcher Kandidat verdient unser Vertrauen? Wer setzt sich glaubwürdig für mehr Tierschutz oder gar Tierrechte ein? Egal, welche Partei oder welcher Kandidat angekreuzt wird, eine gehörige Portion Vertrauensvorschuss müssen Wähler und Wählerinnen bei der Stimmvergabe schon mitliefern.


Warum überhaupt noch wählen?

Geht es Ihnen auch so? Vieles aus der Tagespolitik ruft Unverständnis, Wut und Sorge hervor. Zugegeben, wenn wir uns dann noch die Rückschritte im Tierschutz in dieser Legislaturperiode anschauen (siehe Artikel auf Seite 12), stellt sich schon die Frage: Warum soll ich überhaupt zur Wahl gehen? Darauf gibt es nur eine Antwort: Wählen gehen ist in unserer Demokratie eine wesentliche Möglichkeit, den Schutz und die Rechte der Tiere vom Parlament als Teil der Gesetzgebung einzufordern. Denn bessere Gesetze zum Schutz der Tiere sind notwendig, um nachhaltig und von Grund auf tiergerechtere Bedingungen für sie zu erreichen - solange Tiere noch genutzt werden. Das ist die eine Seite der Medaille unseres Umgangs mit ihnen - die andere ist das Verhalten der Menschen als Verbraucher, die die Macht haben, Tierqualprodukte konsequent zu boykottieren.


Notwendig: Mit Politikern kommunizieren

Die Wahlen gehören zu unserem Handwerkszeug, um den Politikern zu zeigen, welche Partei den größten Vertrauensvorsprung zur Fortentwicklung des Tierschutzes genießt. Der Urnengang ist aber nicht unser einziges Mittel, um Politik zu gestalten. Wer für die Tiere was erreichen will, muss sich umso mehr zwischen den Wahlen engagieren und sich aktiv in die gesellschaftspolitische Kommunikation zugunsten der Tiere einschalten. Das heißt: Bleiben Sie kein stiller Einzelkämpfer, beteiligen Sie sich an Aktionen, organisieren Sie sich in Vereinen oder Verbänden, die sich politisch zu Wort melden. Werden Sie für die Tiere anspruchsvoll und suchen Sie das Gespräch zu den Abgeordneten Ihrer Gemeinde und Ihres Wahlkreises. Letztlich muss jeder Abgeordnete spüren, dass der Tierschutz zu seiner beruflichen Pflichtaufgabe gehört, vor der sich niemand ungestraft drücken darf.


Tierschutz und Tierrechte politisch einfordern

Der Bundesverband und seine Mitgliedsvereine sind in der nächsten Legislaturperiode umso mehr gefordert, in Kooperation und Arbeitsteilung untereinander und mit anderen das Selbstverständnis der Politiker für Tierschutz zu entwickeln und sie zudem mit den Rechten der Tiere vertraut zu machen. Tierschutzpolitische Sprecher, die sich wie der SPD-Abgeordnete Dr. Wilhelm Priesmeier jahrelang erlauben, Tierschutz eher auszusitzen, statt aktiv zu gestalten, darf es nicht mehr geben! Dass es auch anders geht, machen Undine Kurth (B90/Die Grünen) und Eva Bulling-Schröter (Die Linke) klar. Die tierschutzpolitischen Sprecherinnen der Oppositionsfraktionen haben mit Tierschutzanträgen und sogar finanziell messbar in den Tierschutz investiert und damit neue Maßstäbe gesetzt. Sowohl Frau Kurth als auch Frau Bulling-Schröter haben je eine Mitarbeiterin für das Thema Tierschutz eingestellt. Über derartige Investitionen haben Christ- und Sozialdemokraten wohl noch nicht nachgedacht. Dass tierschutzpolitische Sprecher sogar gegen Partei- und Fraktionsraison aufstehen können, zeigte der FDP-Landtagsabgeordnete Dr. Heiner Garg im Schleswig-Holsteinischen Landtag im Februar 2007, als er in seiner Landtagsrede in Opposition zu seiner Partei für die Tierschutz-Verbandsklage eintrat.


Tierschutz in den Wahlprogrammen

Immerhin ist es in den letzen acht Jahren gelungen, den Tierschutz in die Wahlprogramme der Parteien einzuführen. CDU, CSU und FDP wickeln ihn noch gerne zusammen mit der Landwirtschaft ab und gönnen ihm einen Dreizeiler. Bei den Parteien B90/Die Grünen und Die Linke genießt er bereits einen gehobenen Stellenwert. Trotzdem hat er noch lange nicht in der Chefetage neben Forschung und Wirtschaft Platz genommen. Da aber genau gehört er hin, zumindest so lange, bis Tiere in unserer Gesellschaft nicht mehr versklavt und ausgebeutet werden.


Ausblick auf die 17. Legislaturperiode

Ein Tätigkeitsschwerpunkt des Bundesverbandes liegt ganz klar in der politischen Arbeit. Im Verbund mit unseren Mitgliedsvereinen steht das ehrgeizige Ziel im Mittelpunkt, Politiker von unseren Projekten zu überzeugen und sie für ihre politische Umsetzung zu gewinnen. Das geht umso besser, je überzeugender unsere Konzepte sind und umso mehr Menschen unsere Arbeit unterstützen. Idealerweise bilden die Organisationen zielgerichtet Bündnisse zu einzelnen Tierschutzthemen und die Politiker erhalten vielfältige Rückmeldungen aus der Bevölkerung, damit eins klar wird: Die Behandlung der Tiere, die sich die große Koalition in dieser Legislaturperiode noch leisten konnte, darf es kein zweites Mal geben!


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Quelle:
tierrechte - Nr. 49/August 2009, S. 5
Infodienst der Menschen für Tierrechte -
Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V.
Roermonder Straße 4a, 52072 Aachen
Telefon: 0241/15 72 14, Fax: 0241/15 56 42
E-Mail: info@tierrechte.de
Internet: www.tierrechte.de

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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. September 2009