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TIERVERSUCH/736: Lunge auf dem Chip statt Tierversuche (MfT)


Menschen für Tierrechte - Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V.
Pressemitteilung vom 30. November 2017

Lunge auf dem Chip statt Tierversuche


Wissenschaftler vom Helmholtz-Institut für Pharmazeutische Forschung Saarland (HIPS) untersuchen mit menschlichem Lungengewebe kombiniert mit Chiptechnologie den Transport von Arzneimitteln in der Lunge. Die von ihnen entwickelten Modelle könnten zukünftig dazu beitragen, die gesetzlich vorgeschriebenen und besonders belastenden Giftigkeitstests mit Ratten und Mäusen zu reduzieren. Um mit Verfahren wie diesen einer tierversuchsfreien Zukunft näher zu kommen, fordert der Bundesverband Menschen für Tierrechte eine umfassende Gesamtstrategie für eine tierleidfreie Wissenschaft. Ein ausführliches Interview zum Stand der in-vitro-Lungenforschung veröffentlicht der Verband heute auf seiner Wissenschaftsplattform InVitro+Jobs.

Prof. Claus-Michael Lehr und sein Team entwickeln humane Lungenmodelle zum Ersatz von Tierversuchen. Eines dient dem Studium der Barriere-Eigenschaft der Lunge und zum Testen der Durchlässigkeit dieser Barriere. Das zweite untersucht den Durchtritt durch die Zellmembran der Lungenbläschen in den Blutkreislauf. Die Forscher benutzen ihre Modelle, um zu erforschen, wie man mit speziellen Transportsystemen (sogenannten Nanocarrier) Arzneimittel wie Anti-Infektiva und Impfstoffe durch die Lunge zum Zielort befördern könnte. Inhalierbare Arzneimittel, bei denen das Medikament über die sogenannte "Luft-Blut-Schranke" in den Blutkreislauf gelangt, sind für Arzneimittelentwickler durchaus attraktiv.

Lungenerkrankungen: Über 50.000 Tiere sterben für Erforschung Obwohl die Forschung dazu noch in den Anfängen steckt, sind die Entwicklungen von Prof. Lehr aussichtsreich: "Mit unseren derzeitigen Modellen können wir sehr viel über ein neues Medikament erfahren. Dies verkürzt Entwicklungszeiten, spart Fehlschläge und dadurch schon jetzt Tierversuche", sagt der Pharmazeut im Interview mit InVitro+Jobs. Und das ist dringend notwendig. Denn bisher müssen hierzulande für die Grundlagen- und angewandte Forschung von Lungenerkrankungen jährlich mehr als 51.000 Tiere - vor allem Mäuse und Ratten - ihr Leben lassen. (1) Hinzu kommen nochmal unzählige Tests im Rahmen gesetzlich vorgeschriebener Tierversuche, bei denen Tiere giftige Substanzen einatmen müssen. (2)

Dringend nötig: Masterplan für eine tierleidfreie Wissenschaft "Tiere werden solange in der Grundlagenforschung und in Giftigkeitstests leiden und sterben, bis endlich mehr tierversuchsfreie Verfahren wie diese entwickelt und verpflichtend in die Prüfvorschriften aufgenommen werden. Doch obwohl die Industrie ein großes Interesse an humanspezifischen Verfahren hat, forschen noch zu Wenige an tierfreien Methoden. Die nächste Bundesregierung kann sich nicht davor drücken, einen Masterplan für eine tierleidfreie Wissenschaft umzusetzen und dadurch auch dem Vorbild Niederlande bei seinen Abbaumaßnahmen zur Seite zu stehen," fordert Christina Ledermann, stellvertretende Vorsitzende des Bundesverbandes Menschen für Tierrechte. (3)

"InVitro+Jobs", das Wissenschaftsportal des Bundesverbandes Menschen für Tierrechte zur Unterstützung der tierversuchsfreien Forschung, informiert in seiner Reihe "Arbeitsgruppe im Portrait" über Wissenschaftler und ihre innovativen Forschungsprojekte. Im Fokus stehen neu entwickelte Methoden, ihre Evaluation sowie der Ausblick, welche tierexperimentellen Versuchsansätze gemäß dem 3R-Prinzip (reduce, refine, replace) reduziert und bestenfalls abgelöst werden können.


Ein ausführliches Interview zum Stand der in-vitro-Lungenforschung mit Prof. Claus-Michael Lehr lesen Sie unter:
www.invitrojobs.com


(1) Nach der jährlichen Statistik des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) 2015, www.bmel.de

(2) Tierversuche sind noch immer gesetzlich vorgeschrieben. Ohne Tests am Tier dürfen Produkte wie Chemikalien, Arzneimittel, Medizinprodukte, Pestizide und Biozide nicht zugelassen und vermarktet werden. Die Vorschriften resultieren u. a. aus der europäischen Chemikalienverordnung REACH, dem europäischen Arzneibuch (Pharmakopöe) oder den Regularien für Pestizide und Biozide.

(3) Abbauplan der Niederlande unter: www.ncadierproevenbeleid.nl


Der Bundesverband Menschen für Tierrechte setzt sich seit seiner Gründung 1982 auf rechtlicher, politischer, wissenschaftlicher und gesellschaftlicher Ebene für die Anerkennung elementarer Tierrechte ein und kämpft gegen jeglichen Missbrauch von Tieren. Das langfristige Ziel ist eine grundsätzliche Veränderung des Mensch-Tier-Verhältnisses. Dem Dachverband mit Hauptsitz in Erkrath (früher Aachen) sind über 60 Vereine sowie Fördermitglieder angeschlossen. Seine Stärke liegt im Zusammenwirken von Seriosität, Fachwissen und Lobbyarbeit auf höchster politischer Ebene. Dazu verfolgt der Verband einen Masterplan zum Ausstieg aud dem Tierversuch und eine Agrarwende von der tierischen zur pflanzlichen Eiweißproduktion, um das Ende der "Nutztier"-Haltung zu erreichen. Darüber hinaus ernennt der Verband beispielsweise das "Ersatzverfahren des Jahres" (früher: "Versuchstier des Jahres"), betreibt die Wissenschaftsplattform InVitro+Jobs für eine konsequente Förderung der tierversuchsfreien Forschung und setzt sich mit dem Projekt SATIS für eine humane Ausbildung ein. Weitere Arbeitsschwerpunkte sind die Etablierung der Tierschutz-Verbandsklage, eine tierlose bio-vegane Landwirtschaft sowie die Aufnahme von Tierrechten in die Lehrpläne von Schulen. Der Verband gibt viermal im Jahr das Magazin tierrechte heraus. Neben einem Themenschwerpunkt informiert die Zeitschrift Journalisten, Wissenschaftler, Politiker, Behörden und Verbandsmitglieder über aktuelle Entwicklungen in der politischen Tierrechtsarbeit. Zudem erscheint zweimal monatlich der Tierrechte Newsletter. Der Bundesverband Menschen für Tierrechte ist seit seiner Gründung als gemeinnützig und besonders förderungswürdig anerkannt.

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Quelle:
Pressemitteilung vom 30. November 2017
Menschen für Tierrechte - Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V.
Geschäftsstelle: Mühlenstr. 7a, 40699 Erkrath
Telefon: 0211 / 22 08 56 48, Fax. 0211 / 22 08 56 49
E-Mail: info@tierrechte.de
Internet: www.tierrechte.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 2. Dezember 2017

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