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AMPHIBIEN/137: 26 neue Zwergfrösche aus Madagaskar (idw)


Staatliche Naturwissenschaftliche Sammlungen Bayerns - 22.11.2017

26 neue Zwergfrösche aus Madagaskar


Madagaskar ist für seine einzigartige Biodiversität bekannt. 319 Arten von Fröschen sind aus dem Inselstaat vor der Ostküste Afrikas offiziell bekannt, also beschrieben und mit einem wissenschaftlichen Namen versehen. Genetische und andere Untersuchungen haben allerdings gezeigt, dass dort mindestens 200 weitere Arten auf ihre wissenschaftliche Bearbeitung warten. Ein internationales Autorenteam hat jetzt 26 neue Arten von Zwergfröschen der Gattung Stumpffia in einer einzigen Arbeit beschrieben (Vertebrate Zoology 67: 271-398), darunter einige der kleinsten Amphibien der Welt.


Foto: © Jörn Köhler

Stumpffia contumelia zeigt eine auffällige Reduktion der Finger. Bei dieser Art ist fast nur noch ein langer "Mittelfinger" vorhanden, so dass die Hand an eine beleidigende Geste erinnert.
Foto: © Jörn Köhler

"Obwohl Zwergfrösche stellenweise häufig sind, wurden sie von der Wissenschaft lange Zeit wenig beachtet und oft übersehen" sagt die madagassische Biologin Andolalao Rakotoarison, die die Arbeit an der Tech-nischen Universität Braunschweig geleitet hat. "Im Jahr 1991 wurden gerade einmal drei Arten unterschieden und heute sind es 41 Spezies!"

Die meisten dieser Zwergfrösche haben ausgewachsen eine Körperlänge zwischen 10 und 20 mm. "Eine der neu beschriebenen Arten, Stumpffia contumelia, misst aber nur 8-9 mm und gehört damit zu den kleinsten Amphibien der Welt", erklärt Frank Glaw von der Zoologischen Staatssammlung München.

Aufgrund ihrer extremen Miniaturisierung weisen viele Arten eine rätselhafte Reduktion ihrer Finger und Zehen auf. Bei den kleinsten Arten bleibt im Extremfall nur ein langer Mittelfinger übrig, so dass die Hand an eine beleidigende Geste erinnert - so erklärt sich zum Beispiel auch der Artname Stumpffia obscoena.


Foto: © SNSB, Frank Glaw

Stumpffia miovaova kann auf dem Rücken sehr unterschiedliche Muster zeigen.
Foto: © SNSB, Frank Glaw

Die kleinen Stumpffia-Arten leben oft unauffällig in der Laubstreu des Regenwaldes und über ihre Biologie ist nur wenig bekannt. "Einige Arten betreiben Brutpflege und bauen Schaumnester, in denen sich ihre Nachkommen entwickeln. Aber nun wissen wir, dass dies nicht immer so ist und Eier ohne Schaumnest so-gar in leere Schneckengehäuse abgelegt werden" sagt Jörn Köhler vom Hessischen Landesmuseum in Darmstadt.

"Erst die Kombination von genetischen, morphologischen und verhaltensbiologischen Untersuchungen hat uns ermöglicht, so viele neue Arten zu identifizieren und zu beschreiben" ergänzt Miguel Vences von der TU Braunschweig.

"Eine der neuen Arten (Stumpffia davidattenboroughi) haben wir dem berühmten britischen Naturfilmer Sir David Attenborough gewidmet, der mit seinen Filmen weltweit zu einem Botschafter für die bedrohte Natur geworden ist" erklärt Angelica Crottini von der Universität Porto. "Diese extrem seltene Art ist bisher nur von einem einzigen Exemplar bekannt."

Viele der neu entdeckten Arten haben offenbar nur ein sehr kleines Verbreitungsgebiet und sind in ihrem Bestand bedroht. Madagaskar hat zwar die Anzahl und Fläche seiner Schutzgebiete in den letzten Jahren drastisch erhöht und weist auch weiterhin viele neue Reservate aus, aber trotz dieser positiven Entwicklung hat das Land weiterhin mit illegaler Brandrodung und Abholzung und zu kämpfen.


Publikation
Rakotoarison, A., M. D. Scherz, F. Glaw, J. Köhler, F. Andreone, M. Franzen, J. Glos, O. Hawlitschek, T. Jono, A. Mori, S. H. Ndriantsoa, N. Rasoamampionona Raminosoa, J. C. Riemann, M.-O. Rödel, G. M. Rosa, D. R. Vieites, A. Crottini & M. Vences (2017): Describing the smaller majority: integrative taxonomy reveals twen-ty-six new species of tiny microhylid frogs (genus Stumpffia) from Madagascar. - Vertebrate Zoology 67 (3): 271-398

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.snsb.de
Staatliche Naturwissenschaftliche Sammlungen Bayerns
http://www.zsm.mwn.de
Zoologische Staatssammlung München

Die gesamte Pressemitteilung inkl. Bilder unter:
http://idw-online.de/de/news685062
Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution1697

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Staatliche Naturwissenschaftliche Sammlungen Bayerns,
Dr. Eva-Maria Natzer, 22.11.2017
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 25. November 2017

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