Schattenblick → INFOPOOL → UMWELT → ARTENSCHUTZ


MELDUNG/456: Großer Brachvogel - mit Hightech-Solarrucksack auf Reisen (LBV)


Landesbund für Vogelschutz in Bayern e.V. (LBV) - Verband für Arten- und Biotopschutz

Presseinformation vom 9. Juli 2018

Mit Hightech-Solarrucksack auf Reisen
Mit GPS-Sendern ist der LBV dem vom Aussterben bedrohten Großen Brachvogel auf der Spur - Live im Internet


Hilpoltstein, 09.06.2018 - Der Große Brachvogel ist in Bayern vom Aussterben bedroht. Noch knapp 500 Brutpaare des unscheinbar gefärbten Vogels mit dem langen, gebogenen Schnabel sind im Freistaat zuhause. Dass der Rückgang nicht noch dramatischer ausfällt, liegt einzig daran, dass Brachvögel sehr alt werden können. Der so wichtige Bruterfolg hingegen ist in vielen Gebieten besorgniserregend gering. Die Ursachenforschung für das Nachwuchsproblem ist aber nur eine von vielen Fragestellungen. "Der vom Aussterben bedrohte Große Brachvogel steht wie kaum ein anderer Vogel für das Problem der Wiesenbrüter in Bayern. Sie verlieren zunehmend geeignete Brut- und Nahrungsflächen und die intensive Bewirtschaftung der Felder gefährdet ihren Nachwuchs", erklärt die LBV-Biologin Friederike Herzog. Seit zwei Jahren besendert der LBV in Kooperation mit der Vogelschutzwarte am Bayerischen Landesamt für Umwelt (LfU) und den Naturschutzbehörden Große Brachvögel. So soll mehr über das Leben dieser Art herausgefunden werden, um ihren Schutz zu verbessern. Dabei kann jeder live die Flugrouten der seltenen Vögel unter www.lbv.de/brachvogel-karte verfolgen.


 ... mit Hightech-Solarrucksack in der Luft - Foto: © Wolfgang Nerb / LBV

Großer Brachvogel
Foto: © Wolfgang Nerb / LBV

Eigentlich sind knapp 500 bayerische Brutpaare eine ganz beachtliche Zahl, aber tatsächlich nimmt der Bestand des Wiesenbrüters deutschlandweit seit den 1970er Jahren ab - besonders stark in Süddeutschland. "Die Probleme in den Brutgebieten sind nur eine Seite der Medaille. Die andere Seite kennen wir nur ansatzweise: Was für Gefahren drohen den Brachvögeln auf dem Zug? Wie ergeht es ihnen in den Winterquartieren? Wo liegen diese? Wo verbleibt der Nachwuchs?", so Herzog. Und selbst zu Wanderungen und Habitatnutzung der Vögel in den bayerischen Brutgebieten weiß der LBV noch zu wenig und kann so selbst hierzulande den Schutz nicht optimal steuern. Mit den Erfahrungen aus dem Satellitentelemetrie-Projekt zum Kuckuck hat die LBV-Biologin seit 2016 erwachsene Große Brachvögel und Jungvögel mit GPS-Loggern, also winzigen GPS-Geräten, ausgestattet. Diese solarbetriebenen Hightech-Sender übermitteln in regelmäßigen Abständen über das Mobilfunknetz bis auf wenige Meter genau die Position der Vögel.


 ... mit gespreizten Flügeln ohne Hightechrucksack auf einer Wiese - Foto: © Frank Derer / LBV

Großer Brachvogel
Foto: © Frank Derer / LBV

Aus den bisherigen GPS-Daten konnten bereits Portugal, Spanien und Marokko als Überwinterungsgebiete der bayerischen Brachvögel identifiziert werden. Auch zeigte sich, dass Jungvögel im Jahr nach ihrem Schlupf nicht zwingend schon in ihre Brutgebiete nach Bayern zurückkehren. So verweilten zwei besenderte Jungvögel das ganze Jahr in ihren südlichen Überwinterungsgebieten. Zum Projekt gehört auch die Zusammenarbeit mit Ornithologen vor Ort. Früher als geplant begann diese in Marokko, nachdem die Signale eines besenderten Jungvogels ein untypisches Verhaltensmuster zeigten und er sich anscheinend innerhalb einer marokkanischen Stadt bewegte. "Mit den Kollegen von BirdLife-Marokko erforschen wir gerade was genau dem jungen Brachvogel zugestoßen ist. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass er Wilderern zum Opfer gefallen ist", erzählt die LBV-Biologin. Geklärt werden soll hierbei auch die Frage, ob es sich um einen Einzelfall handelt und wie ein solches Schicksal anderen Brachvögeln erspart werden kann.

Zum Projekt:

Der besenderte Große Brachvogel mit dem internen Namen "Numenius 6" hat Bayern und sein Brutgebiet im Unteren Isartal bereits wieder verlassen und ist in seinem angestammten Überwinterungsgebiet an der Westküste Portugals angekommen. Für die gut 2.000 Kilometer lange Reise in das portugiesische Flussdelta hat der Sendervogel knapp über eine Woche gebraucht. Er ist der erste Große Brachvogel, der im Rahmen des LBV-Projekts im Frühjahr 2016 mit einem Hightech-Rucksack besendert wurde. Mittlerweile sind bereits sieben Altvögel und drei Jungvögel auf Sendung. Vier Brachvögel tragen erst seit diesem Jahr ihren Sender-Rucksack auf dem Rücken. Mit ihrer Hightech-Ausrüstung liefern sie wertvolle Daten zu ihren Aufenthaltsorten. Mithilfe dieser gewonnenen Daten sollen dann die bisherigen Schutzmaßnahmen auf ihre Wirksamkeit geprüft und weiterführende Maßnahmen entwickelt werden.

Bayerische Brachvögel live im Internet verfolgen:
www.lbv.de/brachvogel-karte.

*

Quelle:
Presseinformation, 09.07.2018
Landesbund für Vogelschutz in Bayern e.V.
Eisvogelweg 1, 91161 Hilpoltstein
Tel.: 09174/4775-30, Fax: 09174/4775-75
E-Mail: info@lbv.de
Internet: www.lbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Juli 2018

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang