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VÖGEL/1094: Top Storchenjahr in Thüringen - NABU Thüringen stellt Storchenbilanz vor (NABU TH)


NABU Landesverband Thüringen - 21. September 2017

Top Storchenjahr in Thüringen

Mit neuen Höchstzahlen besetzter Nester und flügger Jungstörche stellt der NABU Thüringen seine heutige Storchenbilanz vor


2017 war das erfolgreichste Jahr für Weißstörche in Thüringen. Mit 54 besetzten Horsten und 119 ausgeflogenen Jungstörchen wurden sowohl bezüglich der Zahl der Horstpaare als auch der flüggen Jungstörche neue Rekorde für Thüringen erzielt, stellt heute der NABU Thüringen in seiner Storchenbilanz vor.

Jena - Nachdem alle Störche bis auf wenige Ausnahmen ihre Reviere verlassen haben und sich auf dem Flug ins Winterquartier befinden, wird es Zeit, die diesjährige Storchensaison auszuwerten. Seit über 50 Jahren wird das Brutgeschehen in Thüringen vom NABU-Mitglied Klaus Schmidt aus Breitungen dokumentiert und analysiert. Dabei gibt es aktuell 27 Storchenfreunde, die selbst an bestimmten Brutplätzen beobachten und die wichtigsten Daten für den Jahresbericht melden. "Obwohl im Freistaat die Weißstörche die geringste Siedlungsdichte aller deutschen Bundesländer haben, kann man über die Entwicklung im letzten Jahrhundert recht erfreut sein", konstatiert der Storchenobmann des NABU.


Foto: © K. Schmidt

Im August versammelten sich viele Jung- und Altstörche vor ihrem Flug ins spanische oder afrikanische Winterquartier auf günstigen Nahrungsflächen in der Werraaue. Das Bild zeigt einen Ausschnitt von einem Trupp mit über 40 Individuen auf Feuchtgrünland bei Barchfeld.
Foto: © K. Schmidt

Die höchste Dichte besitzt das Land Brandenburg mit rund 1.400 Storchenpaaren. Thüringen ist von seiner Naturausstattung kein idealer Lebensraum für Störche, es gibt flächenmäßig viel Wald und zu wenige feuchte Niederungen. Trotzdem vollzog sich eine sehr positive Bestandsentwicklung. Bei der ersten landesweiten Storchenzählung 1938 gab es 20 besetzte Nester in Thüringen. Hohe Verluste und vielfacher Abschuss nach dem Krieg 1945 durch Besatzungssoldaten dezimierten den Bestand erheblich. So konnten bei der zweiten nationalen Storchenzählung 1958 nur noch fünf Paare ermittelt werden. "Von da an erhöhte sich der Brutbestand schrittweise fast jedes Jahr. Im Vorjahr konnten als Maximum 51 Bruten registriert werden. In der diesjährigen Saison wurde mit 54 Bruten ein neuer Rekord verzeichnet", berichtet Klaus Schmidt. Dabei ist ein großer Unterschied in der regionalen Häufigkeit festzustellen. Während sich in der Werraaue in Südwestthüringen der Bestand von 20 auf 26 erhöhte, gab es in Ostthüringen seit einigen Jahren keine Zunahme.

Erfreulich ist die ausgesprochen gute Nachwuchsrate im Kyffhäuserkreis, wo sieben Paare insgesamt 21 Junge aufzogen, was einem Mittel von drei Jungen je Nest entspricht. In der Werraaue konnten im Durchschnitt nur zwei Junge flügge werden. "Ganz entscheidend für einen Bruterfolg sind die Witterung zur Nestlingszeit sowie die erreichbare tierische Nahrungsmenge in den Wiesen, Weiden und Feuchtgebieten. Ackerflächen spielen heute leider eine untergeordnete Rolle, da großflächige Raps-, Mais- und Getreidefelder im Sommerhalbjahr kaum für die Nahrungssuche geeignet sind", erklärt der Storchenexperte.

Aufgrund günstiger Feldmausdichten erreichte die Nachwuchsrate in diesem Jahr vielerorts Spitzenwerte, im Mittel bei 2,2 Jungen je Storchennest. Mäuse und Maulwürfe haben einen besonders hohen Nährwert in der Storchenaufzucht. Nur mit Kleintieren wie Würmern, Käfern, Heuschrecken und Fröschen den Nachwuchs aufzuziehen, ist für die Stelzvögel viel mühsamer und nicht effektiv. Von den 119 flüggen Jungstörchen wurden 85 bereits als Nestlinge von den ehrenamtlichen Beringern Dr. Andreas Goedecke, Klaus Schmidt, Mario Hofmann und Ralf Müller mit Ringen der Vogelwarte Hiddensee gekennzeichnet. So kann in den nächsten Jahren über das Ablesen oder Fotografieren der Ringe die Lebenswege unserer Jungstörche verfolgt werden.

Den Naturschützern geht es aber nicht nur um die Erforschung der Lebensweisen von Weißstorchen sondern auch um den Schutz der Vögel. Der Schwerpunkt liegt hier in der ökologischen Aufwertung von großflächigem artenreichem Grünland und im generellen Schutz der Flussauen. Der NABU und weitere Storchenfreunde förderten in den letzten Jahren vielerorts durch die Bereitstellung von geeigneten Nisthilfen die Ansiedlung der Adebare. Zudem sorgt der NABU mit verschiedenen Projekten dafür, dass Auen wiedervernässt und extensive bewirtschaftet werden.


Foto: © K. Schmidt

Der Weißstorch ist der Symbolvogel des NABU. Mit einer Flügelspannweite von rund 2 Metern ist er ein imposanter und beliebter Brutvogel. Seit 1958 werden die Brutvorkommen in Thüringen alljährlich erfasst.
Foto: © K. Schmidt

Längeres Verweilen von mindestens zwei Weißstörchen an einem bestimmten Ort während der Brutzeit und eventuelle Nistversuche deuten auf potentielle Brutstandorte hin. Dort empfiehlt der NABU geeignete Nistunterlagen aufzustellen. Entscheidend für Neuansiedlungen sind aber in jedem Fall viele weiträumige nahrungsreiche Wiesen und Weiden. "Verluste an Stromleitungen waren 2017 zum Glück nur in Ausnahmefällen zu beklagen", sagt Schmidt. Trotzdem fordert der NABU die verantwortlichen Energiebetriebe auf, ihre gesetzliche Pflicht zur vogelschutzgerechten Umrüstung gefährlicher Strommasten nachzukommen, denn auch andere Großvögel verunglücken an ungesicherten Stromleitungen. Große Probleme bereiten weiterhin leichtfertig in der Natur hinterlassene Kunststoffabfälle, Bindegarn und Perlonfäden. Sie haben wiederholt zu schweren Beinverletzungen und Todesopfer in der Tierwelt geführt. Diesbezüglich sollte mehr Obacht gegeben werden.

Weitere Infos zur Situation in Thüringen

Mit 54 besetzten Weißstorchhorsten wurde der bisherige Spitzenwert aus dem Vorjahr leicht übertroffen. Erfolgreiche Brutansiedlungen gab es z. B. auf dem Schornstein der Regelschule in Breitungen/SM, in Barchfeld/WAK, in Herbsleben /UH und Großrudestedt im Landkreis Sömmerda. Das einzige Storchendorf mit 5 erfolgreichen Brutpaaren war wieder Breitungen an der Werra. Erstmals seit mehreren Jahrzehnten bauten Störche ihr Nest auf einem Baum, einer Pappel in Herda/WAK, was früher zwar normal war und heute bei uns nur selten vorkommt. Die meisten Bruten fanden im Wartburgkreis (19), Kyffhäuserkreis (7), im Kreis Schmalkalden-Meiningen (7) und im Kreis Sömmerda (6) statt. Nur 16 Prozent der Nester blieb am Ende ohne Nachwuchs.

Weitere Infos zur bundesweiten Situation

Das Jahr 2017 war insgesamt keine gute Brutsaison für Deutschlands Weißstörche. Die heftigen Regenfälle im Sommer haben in vielen Regionen ihre Spuren hinterlassen. Dauerregen und Kälte durchnässten die Jungen, so dass viele an Unterkühlung zu Grunde gingen. Insgesamt ging weniger Nachwuchs als in den Vorjahren auf die erste Reise in die afrikanischen Winterquartiere.

Auch wenn noch nicht alle Zahlen der vielen ehrenamtlich tätigen Weißstorchbetreuer im NABU zusammengetragen sind, dürften 2017 mindestens wieder 6.300 Storchenpaare in Deutschland gebrütet haben. Damit ist die Zahl der Brutpaare insgesamt stabil geblieben.

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Quelle:
Pressemitteilung, 21.09.2017
Herausgeber: Naturschutzbund Deutschland e.V.
NABU Thüringen
Leutra 15, 07751 Jena
Tel. 0 36 41/60 57 04, Fax 0 36 41/21 54 11
E-Mail: LGS@NABU-Thueringen.de
Internet: www.NABU-Thueringen.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 26. September 2017

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