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VÖGEL/742: Die Dohle ist "Vogel des Jahres 2012" - Situation in Thüringen (NABU TH)


NABU Landesverband Thüringen - Erfurt, 14. Oktober 2011

Die Dohle ist "Vogel des Jahres 2012"

Die intelligenten Singvögel brauchen einen besseren Schutz ihrer Lebensräume - Situation in Thüringen


Die Dohle ist eine der intelligentesten heimischen Vogelarten. Trotz ihrer guten Anpassungsfähigkeit findet der schwarzgefiederte Vogel immer weniger Nistmöglichkeiten. Der Naturschutzbund Deutschland (NABU) und der Landesbund für Vogelschutz (LBV), NABU-Partner in Bayern, haben die Dohle (Coloeus monedula) zum "Vogel des Jahres 2012" gekürt.

Aus Sicht der beiden Verbände ist es dringend notwendig, das vielseitige Stimmentalent besser zu schützen. Die Dohle steht bereits in mehreren Bundesländern auf der Roten Liste der gefährdeten Arten oder auf der Vorwarnliste.

Klaus Lieder, der Vorsitzende des Landesfachausschusses Ornithologie im NABU Thüringen berichtet: "Bei uns in Thüringen zählt die Dohle zu den gefährdeten Arten. Laut "Atlas deutscher Brutvogelarten" brüten 550-650 Brutpaare im Freistaat. Momentan ist zwar ein gleichbleibender Bestand zu beobachten, auf lange Sicht jedoch ist die Dohle im Rückgang".

Als Kulturfolger hatten sich die ursprünglichen Steppenbewohner in der menschlichen Nachbarschaft gut eingerichtet: Hohe Gebäude boten ihnen vorzüglichen Unterschlupf und Weiden, Felder und Wiesen einen reich gedeckten Tisch mit Käfern, Heuschrecken, Würmern und Schnecken. Für die Landwirtschaft waren sie nützliche Helfer bei der biologischen Schädlingsbekämpfung und so lebten Mensch und Dohle jahrhundertelang einträchtig miteinander. Doch heutzutage wird immer mehr Grünland für den großflächigen Anbau von Energiepflanzen umgebrochen. Damit verschwindet auch die Nahrungsgrundlage der Dohlen. Zugleich finden die Dohlen in unseren Städten und Dörfern immer weniger Nistmöglichkeiten. So ist der Dohlenbestand in Deutschland auf geschätzte 100.000 Brutpaare gesunken.

"Die Schwerpunktgebiete der Dohle in Thüringen liegen in Ostthüringen und südlich des Thüringer Waldes" erklärt Lieder. "In Mittel- und Nordthüringen kommt die Art nur vereinzelt vor."

Zu dem Artenschwund tragen aktuell auch viele Gebäudesanierungen bei, die zwar wichtigen Energiesparzielen dienen, aber den Dohlen Brutplätze in Nischen, Mauerlöchern und Dachstühlen versperren. So ruft der NABU dazu auf, die "Wohnungsnot" der schwarzgefiederten Vögel mit den silber-blauen Augen zu lindern. Dazu sollen vorhandene Lebensräume erhalten und neue geschaffen werden. Denn auch die Dohlen-Kolonien in alten Baumbeständen nehmen ab, wo die durchaus anpassungsfähigen Vögel gerne die von Schwarzspechten gezimmerten Höhlen beziehen.

Vier junge Dohlen auf einem Ast - Foto: © NABU/M. Vollborn

Foto: © NABU/M. Vollborn

In Thüringen wurden 2002 bei einer Erfassung lediglich 25 Baumbrutkolonien mit insgesamt 99 Brutpaaren gefunden. Diese befanden sich ausschließlich in alten Rotbuchenbeständen mit einem Alter von 120 bis 170 Jahren. Im Gegensatz zu Hessen, wo ein Baumbrüteranteil von 58% ermittelt wurde, brüten in Thüringen nur rund 17% in Baumhöhlen. Deshalb ist der Schutz von Buchenaltholzbeständen in Thüringen dringend zu verbessern.

Auch alte Parkbäume in Städten und Siedlungsräumen, wie z.B. in den Parkanlagen von Ebersdorf und Wenigenauma, können diese Funktion erfüllen und dürfen nicht einer übervorsichtigen Verkehrssicherung oder Baumsanierungen zum Opfer fallen. Damit Schornsteine, die noch in Betrieb sind, nicht durch Nistmaterial verstopfen, kann man vorbeugend Schutzgitter oder Abdeckungen anbringen und den Vögeln andernorts alternative Brutplätze anbieten. Dazu eignen sich spezielle Dohlen-Nistkästen, die gerne angenommen werden und über den NABU bezogen werden können.

Wegen ihrer Vorliebe für Kirchtürme nannte man Dohlen früher "des Pastors schwarze Taube", doch die Türme vieler Gotteshäuser wurden inzwischen zur Taubenabwehr vergittert. Mit dem Projekt "Lebensraum Kirchturm" weisen NABU und LBV auf die Gefährdung von tierischen Kirchturmbewohnern hin, und setzen sich für deren Schutz ein. Im Rahmen des Projektes hat der NABU in Thüringen schon 76 Kirchgemeinden mit einer Plakette für ihr vorbildliches Engagement ausgezeichnet. Im Dohlen-Jahr sollen es noch mehr werden.

Zugleich hofft der NABU auf einen Imagegewinn für den Vogel des Jahres 2012 - denn tatsächlich sind diese kleinsten Vertreter der Rabenvögel weder Unglücksboten noch Pechvögel, wie mancher Volksmund sie schmähte. Vielmehr beeindrucken Dohlen durch ihr hoch entwickeltes Familien- und Gesellschaftsleben. Schon der Verhaltensforscher und Nobelpreisträger Konrad Lorenz war fasziniert von den lernfähigen und intelligenten Dohlen mit ihrem so geselligen wie geordneten Kolonieleben. Dohlenpaare sind sich ihr Leben lang treu und auch in der fürsorglichen Beziehung zu ihrem Nachwuchs sind sie keine Raben-, sondern wahre Vorzeigeeltern.


Nähere Infos zur Dohle finden Sie unter www.NABU-Thueringen.de

Infos zur Aktion "Lebensraum Kirchturm" unter www.lebensraum-kirchturm.de

Die Farbbroschüre zum Jahresvogel 2012 kann bei NABU Thüringen, Leutra 15, 07751 Jena, Tel.: 03641/605704 oder unter Lgs@NABU-Thueringen.de bestellt werden.


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Quelle:
Pressemitteilung, 14.10.2011
Herausgeber: Naturschutzbund Deutschland e.V.
NABU Thüringen
Leutra 15, 07751 Jena
Tel. 0 36 41/60 57 04, Fax 0 36 41/21 54 11
E-Mail: LGS@NABU-Thueringen.de
Internet: www.NABU-Thueringen.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 15. Oktober 2011