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VÖGEL/811: Vögel im Wald, eine kleine Umschau in Mecklenburg-Vorpommern (Unser Wald)


Unser Wald - 1. Ausgabe, Januar/Februar 2012
Zeitschrift der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald

Vögel im Wald, eine kleine Umschau in Mecklenburg-Vorpommern

von Hans-Arnold Scheele



Vögel im Wald, das Leitthema dieser Ausgabe von "Unser Wald" lockt für uns in Mecklenburg-Vorpommern ein paar Gedanken zu diesem Thema zu Papier zu bringen.

Das Vorkommen verschiedener Vögel im Wald ist so vielfältig wie die Waldbilder, die Waldbiotope. Jeder von uns hat bei einem Waldspaziergang schon mal einen Buntspecht beobachtet, einen Schwarzspecht rufen gehört oder die Meisen fleißig durch Bäume und Büsche am Waldrand turnen gesehen, das erfüllt uns mit stiller Freude und lässt uns innehalten und nach den Gefiederten suchen. Untersuchungen von Ornithologen belegen, dass gleichmäßig, stufig gepflegte Bestände die größte Anzahl und die meisten Arten an Waldvögeln beherbergen. Meines Erachtens ein schlagender Beweis für unsere These "Schützen durch nutzen"! Doch nun zu einigen Besonderheiten in den Wäldern Mecklenburg-Vorpommerns:


Seeadler (Haliaeetus albicilla):

Der Seeadler ist einer der größten Greifvögel Mitteleuropas. Durch menschliche Verfolgung und durch Vergiftung durch das Insektizid DDT war er fast ausgestorben. Doch durch das Verbot des Insektizids und intensiven Schutz, besonders auch seiner Bruträume (Horstschutzzonen), nehmen die Bestände wieder stark zu. Inzwischen ist es sogar so, dass viele junge Seeadler in Mecklenburg-Vorpommern keine geeigneten Brutplätze mehr finden und "auswandern". So haben sich Seeadler aus Mecklenburg-Vorpommern in Schleswig-Holstein und Bayern angesiedelt. Seeadler leben in der Regel in Einehe, die Balzflüge im zeitigen Frühjahr sind ein faszinierendes Schauspiel. Es ist kaum zu glauben, dass so gewaltige Vögel so beeindruckende Flugkunststücke vollführen. In ihren Revieren, die sie heftig gegen eindringende Artgenossen verteidigen, haben sie einen oder mehrere Wechselhorste, die häufig über viele Jahre genutzt werden und so zu imposanten Gebilden werden, denn jedes Jahr wird von den Adlern an den Horsten gebaut und ausgebessert. Vielfach sind alte Horste, die schon seit Jahrzehnten genutzt werden, bis zu 2 Metern im Durchmesser und mehrere Meter hoch.

Brutbeginn ist im zeitigen Frühjahr (Februar/März). Meistens hat ein Gelege ein bis drei Eier, die in knapp 40 Tagen ausgebrütet werden, nach weiteren drei Monaten, über das Ästlingsstadium in dem sie laut rufend um Futter betteln, können sie schon kurze Strecken fliegen, es fehlen eben noch die Übung und das Training.

In der freien Wildbahn werden die Seeadler im Allgemeinen 6 bis 14 Jahre alt. Häufigste Todesursachen sind Bleivergiftungen, (rund ein Drittel aller Todfunde, durch die Aufnahme von Bleiresten aus Bleigeschossen), Zusammenstöße mit Zügen (die Seeadler nehmen gerne Fallwild auf, das von Zügen überfahren wurde und können sich dann vor den schnell nahenden Zügen nicht rechtzeitig in Sicherheit bringen), Zusammenstöße mit Stromleitungen usw. Innerartliche Revierkämpfe (rd. 10%) sind die wichtigste natürliche Todesursache.

Bei Touren besonders durch unsere Nationalparke, egal zu welcher Jahreszeit, kann man sie von vielen Beobachtungsständen häufig beobachten.


Fischadler (Pandion haliaetus):

Nicht weniger faszinierend ist der bei uns in Mecklenburg-Vorpommern häufig vorkommende, sehr viel kleinere Fischadler, er ist nur etwas größer als ein Mäusebussard. In Mitteleuropa ist der Fischadler ein Zugvogel, er wandert ab etwa Mitte August in seine Überwinterungsgebiete. Die Jungvögel überwintern wohl im Mittelmeerraum, die Altvögel jedoch südlich der Sahara. Sie kehren ab etwa April in ihre Brutgebiete zurück. Ebenso wie der Seeadler war er durch menschliche Verfolgung und das Insektizid DDT stark gefährdet. Inzwischen haben sich die Bestände jedoch deutlich erholt und nehmen weiter zu.

Fischadler führen eine Saisonehe, sind aber sehr brutplatztreu. Soweit genügend frei anfliegbare Baumkronen da sind, baut er da mit kräftigen Zweigen ein großes Nest. Bei uns im Land sind auf vielen Strommasten auf künstlichen Nisthilfen Fischadlerhorste zu finden. In der Regel zwei bis drei Eier, selten nur eins oder auch mal vier, werden in knapp 6 Wochen ausgebrütet und nach weiteren sieben bis acht Wochen sind die Jungvögel dann flügge. Bis zum Flüggewerden ist die Fischjagd ausschließlich Sache des Männchens, da das Weibchen in dieser Zeit auf dem Horst bleibt und auch durchmausert.

Ebenfalls auf Touren besonders durch unsere Nationalparke kann der Fischadler von April bis August beobachtet werden. In der Müritz-Nationalpark-Information in Federow kann man ihm sogar bei der Brut und dem Füttern der Jungvögel mit einer eigens installierten Videokamera zusehen.


Schreiadler (Aquila pomarina)

ist bei uns in seinem deutschen Hauptvorkommensgebiet, ist stark rückläufig und gilt nach der Roten Liste als "stark gefährdet". Eine Beschreibung von ihm finden Sie auf Seite 13.(*)


Kranich (Grus grus):

Beinahe jeder hat schon einmal die großen Dreiecksformationen der ziehenden Kraniche gesehen und ihre Rufe gehört. Sie ziehen im Allgemeinen bis in den Mittelmeerraum nach Südspanien, doch immer häufiger kommt es vor, dass auch einige in nicht so strengen Wintern bei uns überwintern. Sobald die Kraniche zurück sind kann der beeindruckende "Kranichstanz" als Balzritual mit lautem Trompeten und Duettrufen beobachtet werden. Er findet eigentlich während des ganzen Jahres statt und ist besonders intensiv vor und während der Brutzeit und danach ein Zeichen des Zusammenhalts.

Kraniche leben i.a. monogam. Das Gelege, meistens zwei Eier, wird von beiden Partnern in rd. 30 Tagen ausgebrütet. Die Kraniche sind Nestflüchter, wobei sie aber in den ersten Wochen im oder am Nest übernachten.

Für die Brut bevorzugt der Kranich sumpfige, moorige Waldstandorte, wobei rund um das Nest eine Wassertiefe von 30 bis 60 cm zum Schutz vor Nesträubern sein sollte.

Zu den Kranichen, ihrer Lebensweise, dem Zug usw. ließe sich noch vieles sagen, doch es ist einfacher sie bei uns zu erleben und sie zu beobachten, wenn sie sich im Frühjahr und Herbst zu tausenden an ihren Rastplätzen, z.B. in unseren Nationalparken, sammeln und übernachten.

Ganz besonders ist bei uns auf die Horstschutzzonen nach dem Naturschutzgesetz hinzuweisen.

Nach dem Bundesnaturschutzgesetz und unserem Landesnaturschutzgesetz ist es zum Schutz der Horst- und Neststandorte der Adler, Baum- und Wanderfalken, Weihen, Schwarzstörchen und Kranichen verboten, im Umkreis von 100 Metern um den Standort des Nestes (Horstschutzzone I) Wald zu entfernen oder den Charakter des Waldes sonst zu verändern im Umkreis ab 100 bis 300 Meter um das Nest (Horstschutzzone II) in der Zeit vom 1. März bis zum 31 August land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Maßnahmen durchzuführen, oder in den Horstschutzzonen I und ll in der Zeit vom 1. März bis zum 31. August die Jagd auszuüben. In diesem Bereich ist das umsichtige waldbauliche Handeln unserer Landesforst besonders hervor zu heben.

Hans-Arnold Scheele,
geschäftsführender Vorstand


Kontakt:
SDW - Mecklenburg-Vorpommern
Gleviner Burg 1
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Tel.: 03843 / 85 59 903
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www.sdw-mv.de
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Landesvorsitzender:
Dietrich Daedelow

Geschäftsstellenleiterin:
Angelika Schätzel


(*) Anmerkung der SB-Redaktion:
im Schattenblick unter:
www.schattenblick.de → Infopool → Umwelt → Artenschutz
VÖGEL/809: Schreiadler - Heimlichtuer mit gehobenen Ansprüchen (Unser Wald)
www.schattenblick.de/infopool/umwelt/artensch/uarvo809.html

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Quelle:
Unser Wald - Zeitschrift der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald
1.‍ ‍Ausgabe, Januar/Februar 2012, S. 44-45
Herausgeber:
Bundesverband der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald e.V., Bonn
Redaktion: Meckenheimer Allee 79, 53115 Bonn
Telefon: 0228 / 945 98 30, Fax: 0228 / 945 98 33
E-Mail: unser-wald@sdw.de
Internet: http://www.sdw.de
 
Erscheinungsweise: zweimonatlich
Bezugspreis: Jahresabonnement 17,50 Euro
einschl. Versandkosten und 7% MwSt.
Einzelheft: Preis 3,- Euro


veröffentlicht im Schattenblick zum 7. April 2012