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BILDUNG/437: Virtuelle Exkursionen in künftige Lebensräume per Lernsoftware (UFZ-Newsletter)


Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung GmbH - UFZ
UFZ-Newsletter April 2011

Virtuelle Exkursionen in künftige Lebensräume

Von Tilo Arnhold


Werden wir in dreißig Jahren noch den Zitronenfalter und den Laubfrosch beobachten können? Wird es in hundert Jahren noch die Fichte in Deutschland geben?

Die Lernsoftware PRONAS zeigt, wie Umweltorscher an solche Fragen herangehen. Virtuelle Exkursionen dienen dabei als Vorbereitung für reale Exkursionen. Für die Wissenschaftler ist die Zusammenarbeit mit den Praktikern aus der Umweltbildung wichtig, um zusammen aktuelle Forschungsergebnisse an die junge Generation zu vermitteln. "Es reicht

eben nicht aus, die Forschungsergebnisse einfach ins Netz zu stellen, sondern sie müssen auch altersgerecht aufgearbeitet werden", erklärt Dr. Karin Ulbrich vom UFZ die Motivation, weshalb Wissenschaftler solche Bildungsprojekte initiieren, obwohl sie keine Pädagogen sind. Die Umweltforscherin entwickelt in dem von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) geförderten Projekt gemeinsam mit Kooperationspartnern die Software PRONAS. Partner sind die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, das Zentrum für Umwelt und

Kultur Benediktbeuern, das Nationalparkhaus Torfhaus, die Historisch-Ökologische Bildungsstätte Papenburg und das Georg-Cantor-Gymnasium Halle. PRONAS ist das Acronym für PROjektionen der NAtur für Schulen. Die wissenschaftliche Basis lieferten die Ergebnisse des größten europäischen Forschungsprojekts zur ter restrischen Biodiversität ALARM (Assessing LArge scale environmental Risks for bio diversity with tested Methods), das von Ulbrichs Kollegen PD Dr. Josef Settele am UFZ koordiniert wurde. "Natürlich stecken nicht sämtliche Ergebnisse aus dem 280-seitigen ALARM-Atlas in

der Lernsoftware. Das ist auch gar nicht notwendig. Ein kleiner und dafür gut aufbereiteter Teil reicht vollkommen aus, um die Schüler für

die Problematik des Klimawandels zu sensibilisieren", erläutert Settele. Zur Lernsoftware werden auch Handreichungen für Lehrer erarbeitet. Hier gibt es Anregungen für die Fächer Biologie, Geografie, Ethik, Politik und Informatik. "Wir sind jetzt in der Lage,

ein Produkt für den Bildungsbereich zu präsentieren, weil es inzwischen ein funktionierendes Netzwerk aus Wissenschaftlern, Umweltbildungszentren und Didaktikern gibt", erklärt Ulbrich.

PRONAS richtet sich an Schüler der 7. bis 12. Klassen. Beta-Tester war

das GeorgCantor-Gymnasium Halle. "Viele Lehrer empfinden es als Defizit, dass die Bedrohung der biologischen Vielfalt zwar in der Öffentlichkeit diskutiert wird, aber kaum an konkreten Beispielen nachvollziehbar ist", so die Fachlehrerin Christina Hörning. Das dynamische Denken, das den Szenarien zugrunde liegt, fördert auch das Verständnis für den globalen Wandel. Die Entwickler sehen trotz unzähliger Anbieter eine echte Chance für diese Art von Software, denn

die Resonanz ist bisher sehr positiv: "Das Bewusstsein, dass in der Lernsoftware PRONAS aktuelle Forschungsergebnisse enthalten sind, motiviert die Schüler sehr, am PC auf virtuelle Exkursionen zu gehen und diese später mit eigenen Beobachtungen in der Natur zu vergleichen", ergänzt der junge Lehrer Tim Lodemann aus Düsseldorf. Auch das EU-Projekt BEAGLE, dessen deutsche Ansprechpartnerin ebenfalls Karin Ulbrich ist, widmet sich dem Thema Biodiversität. Bei BEAGLE stehen sechs Baumarten im Mittelpunkt, die die Schüler beobachten. Ihre Ergebnisse tragen sie in eine Internetdatenbank ein. So können Schüler aus Deutschland beispielsweise erkennen, wann die Birken in der Slowakei oder in Großbritannien zu grünen beginnen und Klimazonen und -wandel direkt erfassen. Inzwischen sind rund 1.000 Bäume in Europa erfasst, die von den Schülern kontinuierlich beobachtet werden.

PRONAS und BEAGLE wurden Ende Februar erstmals einem größeren Publikum

auf dem Branchentreff "didacta" vorgestellt. Diese Bildungsmesse zählt

mit rund 800 Ausstellern und 90.000 Besuchern aus dem In- und Ausland zu den größten Veranstaltungen dieser Art weltweit. Im direkten Kontakt mit den Messebesuchern zeigte sich, wie viele Lehrer und Schüler aus ganz Deutschland sich für PRONAS und BEAGLE begeistern lassen - ein schönes Feedback für die Wissenschaftler und ihre Kooperationspartner.

UFZ-Ansprechpartnerin:
Dr. Karin Ulbrich
Dept. Biozönoseforschung

e-mail: karin.ulbrich[at]ufz.de
mehr Informationen:
www.pronas.ufz.de
www.beagleproject.org


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Quelle:
UFZ-Newsletter April 2011, S. 6
Herausgeber:
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung GmbH - UFZ
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Juni 2011