Schattenblick →INFOPOOL →UMWELT → FAKTEN

INITIATIVE/451: 'Alternative Nobelpreisträger' beraten über globalen Kurswechsel (Right Livelihood)


Right Livelihood Award - Freitag, 17. September 2010

'Alternative Nobelpreisträger' beraten in Bonn über globalen Kurswechsel


Am dritten Tag des Gipfeltreffens internationaler Aktivisten der Zivilgesellschaft in Bonn zogen Veranstalter, Gastgeber und Gäste eine sehr positive Zwischenbilanz der Konferenz 'kursWECHSELN' zum 30. Jubiläum des Right Livelihood Awards oder 'Alternativen Nobelpreises'.

Jakob von Uexküll, Begründer des Preises, betonte die "familiäre und kooperative Atmosphäre" der Preisträger aus fast 40 Ländern der Erde, die Tag und Nacht miteinander in Diskussion stehen und gemeinsam zahllose zivilgesellschaftliche Initiativen für die großen Probleme der Gegenwart entwickeln. Der Philantrop und ehemalige Europa-Abgeordnete zeigte sich aber auch enttäuscht darüber, dass die Antworten und Lösungen der Preisträger noch nicht ausreichend von der etablierten Politik und Wirtschaft aufgegriffen worden seien. "Die Krise der gegenwärtigen Weltordnung ist immer offensichtlicher geworden," erinnerte Uexküll und sagte: "Aber die alten Strukturen und Ideologien brauchten offensichtlich noch mehr Druck, um Lösungen hereinzulassen." Nachdem die Laureaten über dreißig Jahre gezeigt hätten, dass eine 'andere Welt möglich' sei, gehe er nun davon aus, dass der Preis in den kommenden Jahren ebenso an Bedeutung gewinnen werde, wie sich die globalen Krisen verschärfen.

Mit besonderer Zufriedenheit verkündete Jakob von Uexküll die Gründung eines Campus des 'Right Livelihood College' an der Universität Bonn und in Kooperation mit dem Zentrum für Entwicklungsforschung (ZEF) und dem Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD). Die Bildungsinitiative der schwedischen Right Livelihood Award Stiftung sei überaus froh, dass nun das gesammelte Wissen der 137 Preisträger des 'Alternativen Nobelpreises' nicht nur an den Universitäten von Penang (Malaysia), Lund (Schweden) und Addis Abeba (Äthiopien) weitergegeben werden könne, sondern auch in Bonn, der Stadt der Nachhaltigkeit. Besonderen Dank sprach Jakob von Uexküll der Bundesstadt Bonn aus, der 'Stiftung Umwelt und Entwicklung NRW', der Bonner Sparkassen-Stiftung sowie der finanziellen Unterstützung durch die Bundesstiftung Umwelt, die Stiftung Mercator und den DAAD.

"Unzählige Anregungen für die Bundesstadt Bonn" habe das Treffen der Preisträger und Preisträgerinnen gebracht, "die lange über die Konferenz hinaus in Stadt und Land ausstrahlen werden", attestierte auch der Bonner Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch. Er sprach von einer hervorragenden Zusammenarbeit zwischen der Stadt, der Stiftung und allen Bonner Institutionen, die ihrerseits rund fünfzig Veranstaltungená in Stadt und Land mit weit über 1000 Teilnehmern organisiert hatten. "Die Preisträger sind uns ein Vorbild und motivieren uns, nach 'Lösungen in uns' zu suchen" betonte der Oberbürgermeister, "denn in jedem von uns schlummern Antworten auf die drängenden Probleme unserer Zeit."

Von Seiten der Veranstalter wurde deutlich gemacht, dass sich auf der Konferenz nicht nur zahlreiche neue internationale Kooperationen gegründet hatten, so zum Beispiel im Bereich der Friedensarbeit und dem Schutz von Frauen und Kindern vor kriegerischer Gewalt, sondern auch zahlreiche Petitionen zwischen den Aktivisten ausgetauscht würden, um gemeinsam für dringende politische Forderungen einzustehen. So gab es von der kanadischen Preisträgerin Maude Barlow Forderungen nach einer weiteren internationalen Sicherung des Grundrechts auf Wasser und gegen die Privatisierung der wertvolle Ressource. Die Organisation IBFAN plädierte mit zahlreichen Preisträgern an die UN in New York für die Unterstützung stillender Mütter, um die hohe Sterblichkeit von Kleinkindern zu senken. Die türkische Preisträgerin Birsel Lemke engagierte sich mit anderen Kollegen gegen den gefährlichen Goldabbau mit Zyanid. Nicht weniger als 35 Preisträger solidarisierten sich mit Roy Sesana, Preisträger und Aktivist der indigenen Buschleute, denen die Regierung Zugang zu überlebensnotwendigen Wasserquellen verwehrt. Und die Kölner Ärztin und Preisträgerin von 2008, Monika Hauser, forderte am Beispiel der Außenpolitik im Kongo von dem deutschen Außenminister Guido Westerwelle, statt wirtschaftlicher Interessen die Würde der Frauen in den Mittelpunkt der Diplomatie zu stellen und die Massenvergewaltigungen in dem Bürgerkriegsland beenden zu helfen.

Preisträgerin Amy Goodman, amerikanische Journalistin und Begründerin der weltweit im Internet ausgestrahlten kritischen Nachrichten-Sendung 'Democracy Now!' betonte in der Bilanz-Pressekonferenz eindrücklich die Bedeutung der freien Presse, die sich nicht manipulieren lassen dürfe und über jene Minderheiten berichten solle, die keine Stimme haben. "Wir können es uns nicht weiter leisten, nur über den Status quo zu informieren, der immer weniger Lösungen bereithält", rief sie ihren Kollegen zu, "und über die zahlreichen Modelle und Antworten der Zivilgesellschaft in aller Welt zu schweigen".á Vielmehr sei der engagierte Journalismus eine prägende Kraft für die Veränderung der Welt und könne neue Ideen der weltweiten Initiativen schneller als je zuvor verbreiten.

Karolin Oesker, von der zeitgleich in Bonn stattfindenden Jugendkonferenz (Youth Future Project), berichtete von der intensiven Arbeitsatmosphäre zwischen den rund 25 'Alternativen Nobelpreisträgern' und 120 Jugendlichen aus 15 Nationen. "Die Preisträger wirken für die Jugendlichen wie Mentoren, die ihnen zahlreiche Methoden und Ideen für ihr künftiges Engagement geben können", erzählte die Studentin, die gemeinsam mit Kommilitonen die 'Youth Future Conference' mehr als ein Jahr lang vorbereitet hatten: "Die Jugendlichen stehen in den Startlöchern und scharren mit den Hufen", beschrieb sie die Stimmung des Treffens auf dem Bonner Venusberg: "Sie wollen etwas tun und werden etwas tun!" Als nächstes stehe die Verabschiedung eines 'Bonner Jugend-Manifests' an, dass nächste Woche auf der UN-Jugendkonferenz in New York übergeben werden soll.

Beide Bonner Veranstaltungen - die Konferenz 'kursWECHSELN' zum 30. Jubiläum des 'Alternativen Nobelpreises' und die Jugendkonferenz werden bis zum Wochenende weitergehen.

www.kurswechseln.de
www.rightlivelihood.org


*


Quelle:
Pressemitteilung, 17.09.2010
Right Livelihood Award
Internet: www.rightlivelihood.org


veröffentlicht im Schattenblick zum 19. September 2010