Schattenblick →INFOPOOL →UMWELT → FAKTEN

LUFT/504: Europäisches "Jahr der Luft" verpufft ohne entscheidende Verbesserung der Luftqualität (DUH)


Deutsche Umwelthilfe e.V. - Pressemitteilung, 19. Dezember 2013

Verbände fordern von neuer Bundesregierung klaren Fahrplan gegen Luftverschmutzung

Das europäische "Jahr der Luft" verpufft ohne entscheidende Verbesserungen für die Luftqualität und auf Kosten der Gesundheit der Bürger



Berlin, 19.12.2013: Im Europäischen Jahr der Luft 2013 starben in Europa etwa 420.000 Menschen vorzeitig an den Folgen von Luftverschmutzung. Allein in Deutschland sind circa 70.000 entsprechende Todesfälle zu beklagen. Angesichts dieser erschreckenden Zahlen fordern die Umwelt- und Verkehrsverbände die neue Bundesregierung auf, einen wirksamen Fahrplan zur Luftreinhaltung vorzulegen.

"Die scheidende Bundesregierung hat die Bemühungen zur Verbesserung der Luftqualität in Deutschland in den vergangenen vier Jahren konsequent sabotiert und sich wieder einmal als Handlanger der Industrie präsentiert. Das neue Kabinett muss jetzt beweisen, dass sie das Wohl der Bürger nicht über die Interessen einer Lobbygruppe stellt", sagt Dorothee Saar von der Deutschen Umwelthilfe (DUH).

Die Regierung Angela Merkel stoppte die Förderung von Partikelfilternachrüstungen für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge und verzichtete auf eine weitere Ausgestaltung der Lkw Maut und damit auf einen Anreiz zur Anschaffung abgasarmer Fahrzeuge. Außerdem ließ sie Förderprogramme für saubere Busse im öffentlichen Nahverkehr auslaufen. Die Industrie dagegen bedachte sie großzügig mit Geschenken, wie zum Beispiel bei der Abgasuntersuchung. Im EU-Rat machte sie sich gegen eine objektive Endrohrmessung am Auspuff und für das von Autoherstellern präferierte On-Board-Diagnosesystem stark. Die computergesteuerten Abgasüberwachungssysteme sind nach Auffassung der Verbände jedoch wenig zuverlässig und nicht in der Lage, abgasrelevante Fehler in ausreichendem Umfang zu erkennen.

"Wir brauchen endlich ein umfassendes Konzept zur Luftreinhaltung, das auch Busse und Schienenfahrzeuge, Baumaschinen und Schiffe miteinbezieht. Gleichzeitig muss die im Koalitionsvertrag verankerte Neuauflage zur Förderung der Partikelfilternachrüstung zügig auf den Weg gebracht werden", sagt Heiko Balsmeyer vom ökologischen Verkehrsclub Deutschland (VCD). Aus Sicht der Verbände sind darüber hinaus auch stärkere Auflagen notwendig, die den Einsatz der Maschinen und Fahrzeuge ohne wirksame Abgasreinigung untersagen.

In den Städten sind vor allem der Verkehr und der Einsatz ungefilterter Baumaschinen verantwortlich für den Ausstoß gefährlicher Schadstoffemissionen. Erst vor wenigen Wochen hatte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) neue Erkenntnisse veröffentlicht, nach denen Luftschadstoffe neben Lungen- und Herzkreislauferkrankungen auch Arteriosklerose, Fehlentwicklungen des Nervensystems, das Diabetesrisiko insbesondere bei Kindern erhöhen und Geburten beeinträchtigen können. Derzeit sind europaweit über 80 Prozent der städtischen Bevölkerung gesundheitsschädigenden Feinstaubkonzentrationen ausgesetzt.

Dietmar Oeliger, Verkehrsexperte beim NABU: "Die Luftschadstoffbelastung kommt uns Europäer teuer zu stehen. Allein im Gesundheitswesen verursachen sie Schäden in Höhe von bis zu 780 Milliarden Euro pro Jahr. Diese gigantische Summe berücksichtigt allerdings noch nicht all jene Kosten, die durch Schäden an Natur und Umwelt entstehen und das Klima verändern." Die hohen Schadstoffeinträge aus der Luft führten zu einer Versauerung oder Überdüngung von Böden und Gewässern, in deren Folge ein Rückgang der Artenvielfalt sowie verlorene Ökosystemdienstleitungen zu beklagen seien. "Von den besonders schützenswerten Natura 2000- und FFH-Gebieten sind rund zwei Drittel zu hohen Schadstoffkonzentrationen ausgesetzt. Daher konterkariert jede weitere Verschleppung einer ambitionierten Luftreinhaltepolitik sämtliche Naturschutzbemühungen auf nationaler und europäischer Ebene", sagt Oeliger. Die neue Bundesregierung sei nun gefordert, sich im Europäischen Rat für ein rasches und progressives Vorgehen im Kampf gegen die Luftverschmutzung stark zu machen.

Dass nicht allein die Festsetzung neuer Grenzwerte und Abgasnormen ausreicht, betont Axel Friedrich, international tätiger Verkehrsexperte: "Entscheidend sind nicht die Emissionen, die auf einem Prüfstand gemessen werden, sondern die Emissionen, die tatsächlich bei der Nutzung auf der Straße in die Luft gelangen. Die Bundesregierung muss durch Messungen auf der Straße die immer eklatanteren Abweichungen im realen Leben aufdecken und unterbinden."

*

Quelle:
Deutsche Umwelthilfe e.V. (DUH)
Pressemitteilung, 19.12.2013
Hackescher Markt 4, 10178 Berlin
Tel.: 030/25 89 86-0, Fax.: 030/25 89 86-19
Internet: www.duh.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Dezember 2013