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MELDUNG/011: Die NRW-Wahl ist eine wichtige Zwischenstation - mehr nicht (NaturFreunde)


Pressemitteilung des Bundesvorsitzenden der NaturFreunde Deutschlands Michael Müller vom 10. Mai 2010:

Die NRW-Wahl ist eine wichtige Zwischenstation - mehr nicht


Berlin, 10. Mai 2010 - Auch nach der Wahl in Nordrhein-Westfalen bleibt Deutschland politisch gelähmt und ist weiterhin auf der Suche nach einer überzeugenden Zukunftsidee: Wie kann unser Land mehr Stärke, Zusammenhalt und Demokratie unter den Bedingungen weiter absinkender Wachstumsraten erreichen? Es müsse die Idee der sozialökologischen Marktwirtschaft sein, fordert der Bundesvorsitzende der NaturFreunde Deutschlands Michael Müller.

Der Wahlausgang in Nordrhein-Westfalen (NRW) hat einmal mehr die Unsicherheit und Instabilität widergespiegelt, die unser Land prägen. Die Fakten sind schnell beschrieben: Die CDU hat katastrophal verloren, gegenüber der Bundestagswahl wurde Schwarz-Gelb abgestraft und Rot-Grün gestärkt. Doch eine Mehrheit hat keine der Wunschkoalitionen. Mühsame Koalitionsverhandlungen werden uns in den nächsten Wochen in Atem halten - und wahrscheinlich dazu führen, dass noch mehr taktiert wird. Deshalb dürfen wir nicht blind dafür sein, was unter der Oberfläche vor sich geht. Aus der allgemeinen politischen Lähmung kommen wir nur heraus, wenn wir die Menschen für eine überzeugende Zukunftsidee, für einen neuen Fortschritt, begeistern können.

Unser Land befindet sich auf der Suche. Die Wachstumsepoche, die unsere Gesellschaft lange Zeit wie in einem Fahrstuhl nach oben gehoben hat, ist seit der Globalisierung und mit den ökologischen Grenzen des Wachstums vorbei. Das sozialstaatliche Modell funktioniert nicht mehr. Aber ein Neues wird erst gesucht. "Es geht auf keinen Fall so weiter, wenn es so weiter geht!", hat Erich Kästner wunderbar geschrieben. Doch bisher werden keine Konsequenzen gezogen.

Weil nicht klar ist, wie es weitergehen kann, gibt es nur eine Konstante: die sinkende Wahlbeteiligung. Die Modernisierung der Politik ist weit hinter den ökonomischen Veränderungen zurückgeblieben. Die Politiker sind zu Getriebenen geworden. Um ihre gestalterische Schwäche zu überdecken, spielen sie eine Rolle vermeintlicher Stärke. Der Anschein soll Handlungs- und Gestaltungsfähigkeit ersetzen. Aber die Wahlergebnisse zeigen: Das klappt nicht.

Natürlich hat die Bundespolitik, das streitvolle Nichtstun der Regierung Merkel/Westerwelle, zur Abwahl von Schwarz-Gelb beigetragen. Aber auch die Politik von Jürgen Rüttgers war nur eine krampfhafte Absetzung von Berlin, taktisch und durchsichtig. Von Anfang an war Rüttgers nur ein Reflex auf Schwarz-Rot und dann auf das Steuerchaos der FDP, nicht aber geleitet von einer politischen Idee, wie das bevölkerungsreichste Bundesland zu einer sozialökologischen Marktwirtschaft werden kann. Der abgewählte Ministerpräsident spielte eine schlechte Rolle, um vermeintlichen Erwartungen gerecht zu werden. Er wurde zur Farce.

In den letzten Jahren wurden Wahlen nicht aus der eigenen Kraft, sondern aus der Schwäche der jeweils Regierenden gewonnen. Und auch nach dem Wahlsonntag stellt sich die Frage: Wie kann unser Land mehr Stärke, Zusammenhalt und Demokratie unter den Bedingungen niedriger und weiter absinkender Wachstumsraten erreichen?

In den letzten Jahrzehnten wurden politische Entscheidungen oft durch die Hoffnung auf Wachstum ersetzt. Das geht nicht mehr, schon gar nicht nach der Griechenland- und Euro-Krise. Jetzt muss wieder Politik im eigentlichen Sinne gemacht werden: zum Beispiel Reformen, die ihren Namen auch verdienen. Sie müssen die beiden großen Jahrhundertideen der sozialen Gerechtigkeit und der ökologischen Verträglichkeit miteinander verbinden, um zu einer leistungsfähigen sozial- ökologischen Marktwirtschaft zu kommen. Nur dann werden Wahlen wieder vom Wettlauf der Ideen entschieden.

Die Wahl in Nordrhein-Westfalen war eine wichtige Zwischenstation. Um zu einem zukunftsfähigen Deutschland zu kommen, ist weit mehr notwendig: in erster Linie ein überzeugendes Konzept der sozialen und ökologischen Modernisierung unseres Landes.


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Quelle:
Presseinformation vom 10.05.2010
Herausgeber: NaturFreunde Deutschlands
Verband für Umweltschutz, sanften Tourismus, Sport und Kultur
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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. Mai 2010