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POLITIK/1015: Niedersachsen - Verschlechterung des Naturschutz- und Wasserrechts (BUND NI)


BUND Landesverband Niedersachsen e.V. - Hannover, 16. Februar 2010

Niedersachsens Natur braucht Verbesserung der gesetzlichen Grundlagen - Landesregierung beschließt Verschlechterungen

Thema: Neuordnung des Naturschutzrechts und Novelle des Wasserrechts
Region: Niedersachsen, landesweit
Hintergrund: heute Abstimmung im Landtag, Inkrafttreten am 1. März 2010


Der niedersächsische Landtag wird heute über die Neuordnung des Naturschutzrechts und die Novelle des niedersächsischen Wasserrechts (NWG) abstimmen, die schon am 1. März 2010 in Kraft treten sollen. Die Ländergesetze Niedersachsens ändern die entsprechenden Bundesgesetze, die aufgrund der Föderalismusreform auch am 1. März bundesweit wirksam werden - überwiegend zum Nachteil des Umweltschutzes, so der BUND.

Das Wasserhaushaltsgesetz des Bundes (WHG) und das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) waren 2009 nach schwierigen Diskussionen von Bund und Ländern als kleinster gemeinsamer Nenner, als schwache Kompromisse, zustande gekommen. Schon die Bundesregelungen waren von den Umwelt- und Naturschutzverbänden als völlig unzureichend für die Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie und der Biodiversitäts-Ziele der Bundesregierung gescholten worden.

In Niedersachsen kommt es jetzt noch schlimmer. "Die Landesregierung hatte wegen der Abweichungsrechte vom Bundesrecht die Chance, die schlechten Kompromisse zum Besseren zu korrigieren. Sie hat ihre Rechte aber nur genutzt, um die Bundesvorgaben noch einmal abzuschwächen", sagt Frank Niederstadt, Rechtsexperte des BUND Niedersachsen. Zwar hat die Landesregierung nach eindringlichen Warnungen des BUND einige der groben Fehler und Verschlechterungen gegenüber den ersten Entwürfen beseitigt. Aber der BUND sieht seine Befürchtungen leider dennoch bestätigt: Die Föderalismusreform hat zu einem Wettrennen im Abbau der Umweltstandards geführt, einem "race to the bottom" - mit dem niedersächsischen Umweltminister Hans-Heinrich Sander als Rennfahrer in vorderster Linie.

Kritik am Wasserrecht:
"Das neue Niedersächsische Wassergesetz wirft das Land um Jahre zurück in eine Zeit, in der der schadlose Abfluss des Wassers absolute Priorität vor der Entwicklung unserer Flüsse als Lebensadern in der Landschaft genoss", beklagt Moritz Busse, Wasserexperte des BUND. "Dass die Randstreifen an kleinen Gewässern dritter Ordnung per Gesetz völlig entfallen und damit noch mehr Düngemittel und Pestizide direkt ins Wasser gelangen dürfen, grenzt an einen Skandal. Man könnte denken, dass hier zwei Landwirtschaftsminister, aber kein Umweltminister an der Gesetzgebung beteiligt waren. Die Ziele der EU-Wasserrahmenrichtlinie werden so in jedem Fall weit verfehlt werden, und dem Land drohen dann wahrscheinlich Vertragsstrafen in Millionenhöhe!"

Kritik am Naturschutzrecht:
Das Niedersächsische Naturschutzgesetz (NNatG) wird am 1. März abgelöst vom BNatSchG und einem "Niedersächsischen Ausführungsgesetz" (NAGBNatSchG). Aufgrund der aktuellen Situation in Niedersachsen hätte die Landesregierung die Naturschutzstandards im neuen Gesetz gegenüber dem Minimalkonsens auf Bundesebene deutlich anheben müssen, um bundesweit geltende Ziele zum Erhalt der Artenvielfalt zu erreichen. "Dabei werden wir bald Ergebnisse einer Studie veröffentlichen, die belegen, dass Niedersachsen bei der Verwirklichung der Biodiversitäts-Ziele jetzt schon weit hinterherhinkt", kündigt Niederstadt an. Demnach ist Niedersachsen Spitzenreiter - allerdings im Abbau von Umweltstandards! Ein Beispiel: Grünland ist sehr wichtig für die Artenvielfalt. Aber im neuen Naturschutzrecht gibt es nur eine Regelung, die das Grünland quasi nach Belieben abweichenden Bewirtschaftungsinteressen opfert.

"Obwohl wir durch unsere Interventionen im Gesetzgebungsverfahren erreicht haben, dass die schlimmsten Verschlechterungen zurückgenommen worden sind, können wir überhaupt nicht zufrieden sein", betont Stefan Ott, stellvertretender Geschäftsführer des BUND Niedersachsen. Der BUND hatte im Anhörungsverfahren zum Gesetzentwurf auf viele Regelungen hingewiesen, die nicht rechtskonform waren. "Diese wurden zwar teilweise nachgebessert", erklärt Rechtexperte Niederstadt. "Allerdings enthält der Entwurf noch immer Vorschriften, die mit vorrangigem Recht nicht vereinbar sind." Mit dem neuen § 5 Abs. 1 des NNatSchG wird zum Beispiel festgelegt, dass erhebliche Schäden an Natur und Landschaft nicht kompensiert werden müssen, wenn für den Eingriff kein behördliches Zulassungsvorhaben vorgeschrieben ist. Dies ist aber nicht mit &sect: 13 BNatSchG vereinbar.

Außerdem wurden die Beteiligungsrechte der anerkannten Naturschutzverbände - entgegen der ursprünglich geplanten Streichliste - "nur" auf die Vorgaben des BNatSchG zusammengestutzt. Jedoch entfällt damit der bisherige umfangreiche landesrechtliche Beteiligungskatalog ersatzlos. "Wenn man so mit den Beteiligungsrechten ehrenamtlich engagierter Bürger umgeht, dann muss man sich nicht wundern, wenn die Politikverdrossenheit noch weiter zunimmt", kritisiert Niederstadt.

Fazit:
Der BUND Niedersachsen ist enttäuscht von dem Gesetzeswerk der Landesregierung. Einmal mehr schadet der Umweltminister damit der niedersächsischen Umwelt anstatt sie zu schützen und kümmert sich auch nicht um die Folgen des Klimawandels. "Die Gesetze wurde in aller Eile zusammengeschustert. Damit kann die Landesregierung weder die biologische Vielfalt bewahren noch die natürlichen Ressourcen erhalten", sagt Ott.


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Quelle:
Presseinformation vom 16.02.2010
Herausgeber:
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V.
BUND Landesverband Niedersachsen
Goebenstr. 3a, 30161 Hannover
Tel.: 0511/965 69-0, Fax: 0511/662 536
E-Mail: presse.nds@bund.net
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veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Februar 2010